Die Giftköchin
Annastraße befand sich das alte und angesehene Borgin & Co.
Im Büro sagten die Frauen, sie wünschten ein b e scheidenes Begräbnis, und fragten, welches der billigste Preis sei, für den heutzutage ein Mensch unter die Erde gebracht werden könne, ohne Abstriche am würdevollen Ablauf des Ganzen vorzunehmen. Der stilvoll traurig auftretende Bestattungsunternehmer machte schnell ein Angebot, das überlegenswert war. Die Firma würde sich um die schriftlichen Bestattungsgenehmigungen kü m mern, würde den Sarg besorgen, den Leichnam vorbere i ten und betten, sie würde den Transport veranlassen, für ein kleines Blumengebinde auf dem Sargdeckel sorgen sowie die Verbrennung bezahlen und auch die Urne beschaffen. Die Rechnung beliefe sich auf zweita u sendachthundert Finnmark, wenn das Begräbnis in der Feierhalle von Malmi vorgenommen würde. Falls man die Asche des Verstorbenen im Urnenhain von Hiet a niemi zu bestatten wünschte, käme es ein bißchen teurer, denn dort betreibe der Krematoriumsverein die Verbrennung, dessen Tarife etwa vierhundert Finnmark höher lagen als die Preise der Kirchengemeinde. Im Urnenhain von Hietaniemi bestünde andererseits die Möglichkeit, an den Urnenkosten zu sparen, denn dort könne man die Asche des Verstorbenen ohne Urne unter den Rasen schaufeln. Die Urnen kosteten je nach Modell und Qualität zwischen vierhundertzehn und sechshu n dertneunzig Finnmark.
Raija Lasanen war überrascht von dem erschwingl i chen Angebot. Sie übergab dem Bestattungsunterne h mer den Totenschein und bestellte die angebotenen Dienste. Linnea holte fünfhundert Finnmark aus der Handtasche und überreichte sie als Vorauszahlung. Man vereinbarte, daß der Rest einen Tag vor der Ei n äscherung bezahlt würde. Auf Kredit bestattete das Büro aus verständlichen Gründen nicht gern, es habe Fälle von schlechter Zahlungsmoral beim Begleichen der Rechnung gegeben, nachdem der Leichnam sachgemäß eingesegnet und beigesetzt worden sei. Manche Angeh ö rigen seien so gleichgültig in Fragen des Geldverkehrs – sogar angesichts der Majestät des Todes – daß sie ihre Pflichten zu vergessen geneigt seien, sowie der Tote endgültig fortgeschafft worden sei, ganz als wäre mit ihm auch die Rechnung begraben worden.
16
Linnea Ravaska verriet Raija Lasanen nichts Persönl i ches über sich, weder ihren richtigen Namen noch ihre Adresse. Sie erklärte, sie wolle sich von demjenigen, dem sie half, möglichst fernhalten, sich nicht mehr in sein Leben einmischen als vom Standpunkt der menschl i chen Hilfeleistung unbedingt nötig sei.
»Ja, ich verstehe, Sie wollen authentisch sein«, sagte Raija Lasanen.
Man vereinbarte, hauptsächlich telefonisch Verbi n dung zu halten, die hilfsbereite alte Dame würde jeweils die Initiative ergreifen.
Obwohl Lahtelas Begräbnis einem Unternehmen übertragen worden war, hatte Raija Lasanen noch eine Menge Dinge zu regeln. Sie mußte zur Gedenkfeier einladen, sich ein passendes dunkles Trauerkleid beso r gen, die Mahlzeit oder wenigstens den Kaffee vorbereiten und so weiter.
Linnea versprach, für die Feier einen Kuchen zu ba c ken. Diesen übergab sie Raikuli in Ekbergs Cafe, das ganz selbstverständlich zum Treffpunkt der beiden Frauen geworden war. Gleichzeitig schenkte Linnea ihr einen schwarzen Spitzenschleier, denselben, den sie einst auf der Beerdigung von Kauko Nyyssönens Mutter getragen hatte. Linnea sagte, ihr blieben noch genügend Trauerschleier für den eigenen Bedarf, sie habe errec h net, daß sie in den letzten Jahrzehnten an mindestens dreißig Trauerfeiern teilgenommen habe.
»Tja, je älter der Mensch wird, desto häufiger muß er an Beerdigungen teilnehmen, so ist es nun mal.«
Raikuli erzählte, die Trauerfeier finde in zwei Tagen im Krematorium statt, und in einer Woche werde die Asche in den Urnenhain gestreut. Die Asche müsse nämlich erst richtig erkalten, ehe man sie eingraben könne. Linnea prägte sich das Datum ein, sagte aber, sie wolle nicht an der Feier teilnehmen; wie besprochen, sei sie nur Raija Lasanens entfernte Freundin und wolle es auch bleiben. Jetzt konnte Linnea Ravaska in aller Ruhe und Beschaulichkeit ihre Sachen aus Harmisto in Jaakko Kivistös Wohnung einräumen. Alte Erinneru n gen überkamen Linnea, als sie ihren Besitz in die Schränke verteilte. Es waren eine ganze Reihe von G e genständen darunter, die noch von Rainer stammten und die sie seinerzeit nicht weggeworfen hatte. Erstau n lich, wieviel von einem
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