Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
sollten wir dieses Hundevieh wieder herein lassen, das uns ständig die Ohren voll jault“, hatte Thomas eine Idee. „Wenn er schon so etwas als Schoßtier hat, könnte es sich vielleicht positiv auf seine Verfassung auswirken.“
„Ich habe das kleine Monster darum rausgeworfen, weil er nicht eben für die nötige Ruhe in einem Krankenzimmer sorgt, mit seinem Gejaule“, gab Thaddäus zur Antwort. „Aber hol ihn rein, wenn du denkst, es hilft etwas!“
Dass das Hündchen nur auf diese Gelegenheit gewartet hatte, war schwerlich zu übersehen. Er sauste auf Caleb zu, der in der Wohnhalle auf dem Boden lag, weil man ihn wegen seiner massiven Verletzungen noch nicht weiter hatte transportieren wollen. Und dort begann der kleine Kerl sofort damit, alle Stellen an Caleb abzulecken, die er erreichen konnte.
Diese Liebesbezeugungen gaben Caleb den Rest. Brutus, die einzige noch am Leben gebliebene Verbindung zu Gillian, löste den Knoten in seiner Brust, so dass er zum ersten Mal um seine Liebe weinen konnte.
„Potz-Blitz!“, entfuhr es Theo, als er erkannte, dass Tränen aus Calebs Augen flossen. „Weißt du, was das zu bedeuten hat, Thad?“
Der antwortete darauf nicht, dafür fand Thomas eine plausible Erklärung. „Hab doch gleich gewusst, dass jemand mit so einer Töle ein butterweiches Herz haben muss!“
„Quatsch! Herz!“, widersprach Theo. „Der hat kein Herz. Wenn der ein Herz hätte, würde unsere Schwester längst wieder lachen!“
Diese Erklärung veranlasste alle drei Brüder, den Verletzten böse anzusehen. Thomas und Theo, weil sie hierhergekommen waren, um Gillian nicht ansehen zu müssen. Und Thaddäus, weil seine Brüder ihm einen niederschmetternden Bericht über den seelischen Zustand ihrer Schwester geliefert hatten.
„Seht ihn euch doch einmal an!“, ärgerte sich Thomas über Caleb. „Er beweint seine Schmerzen, und Gilly ist vor Schock wie betäubt. Ich wünschte, sie würde ihren seelischen Schmerz so hinausschreien wie der es mit seinem Wundschmerz macht!“
Caleb erstarrte. Noch war er ganz benommen, und die Diskussion der drei Doppelbilder drang nicht wirklich bis in seinen Geist vor. Aber er hatte jemanden Gilly sagen hören, und dieser Name stieß wie eine Lanze in sein Herz.
Sein Mund war ausgedörrt und seine Hand schwach. Aber trotzdem gelang es Caleb, eines der Trugbilder, das sich über ihn beugte, zu packen und seinen Arm zu umklammern.
„Gillian“, flüsterte er schwach. „Wo habt ihr Gillian begraben?“ Dann verlor er das Bewusstsein.
* * *
Luther wusste nicht mehr ein noch aus. Seit Gillian vor einigen Wochen, einen Tag nachdem er sie nach Hause gebracht hatte, aus ihrer Ohnmacht erwacht war, befand sie sich in einem Zustand völliger Betäubung. Sie reagierte auf so gut wie gar nichts. Hatte von sich aus keinen einzigen Satz gesagt und starrte tagaus tagein nur aus dem Fenster.
Wenn man ihr etwas zu essen hinstellte, aß sie, und wenn man sie ins Bett schickte, dann legte sie sich schlafen. Manches Mal fragte sich Luther, wo er den Teil von Gillian verloren hatte, der lebte. Er würde sofort losreiten und ihn zurückholen. Er hatte versucht, mit ihr zu reden, aber sie hatte einfach durch ihn hindurchgesehen.
Er war am Ende mit seinem Latein, und Thaddäus, der Einzige aus ihrer Familie, der sich mit Krankheiten wirklich auskannte, pflegte den Verursacher dieser ganzen Katastrophe.
Aber ganz stimmte das nicht, wenn Luther ehrlich zu sich selbst war. Verursacht hatte er das ganze Schlamassel. Wie zum Teufel hatte er nur Gillians Glück für ein bisschen Sicherheit aufs Spiel setzen können? Wie hatte er einem Mann nur wegen dessen kämpferischen Talente die Hand seiner Schwester versprechen können? Und das Schlimmste war, wie konnte er denken, dass jemand, der sie einmal sicher nach Hause gebracht hatte, noch einmal so selbstlos handeln würde?
Was wusste er schon, was aus dem hilfsbereiten Jungen geworden war, der Gillian im Wald gefunden hatte, als sie sich dort verlaufen hatte. Was wusste er schon davon, wie aus einem Mann ein Monster wurde. Er konnte nicht erwarten, dass Gillian irgendeinem Fremden genauso sehr am Herzen lag wie ihrer Familie. Das auch nur zu hoffen, war der größte Fehler, den er in dieser Sache begangen hatte.
Gillian fühlte sich betäubt, so als würde sie sich selbst dabei beobachten, wie sie atmete und sich dabei fragen würde, warum sie das eigentlich tat. Warum war sie nicht auch gestorben, dort draußen im Wald? Warum
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