Die Gilde von Shandar: Die Spionin
Wenn er kommen sollte, werden wir rechtzeitig gewarnt sein.«
» Wir ? Hast du denn vor, heute Nacht hierzubleiben?«
»Bilde dir nichts ein, Danar. Es ist mir ernst.«
»Mir auch«, murmelte er leise, als er ins Bad ging. »Aber du glaubst, ich spiele nur mit dir.«
Etwas später kam Danar in dem Seidenhemd und der Hose aus dem Bad, die Femke ihm hingelegt hatte. In seinen Augen glitzerte neue Energie und seine Wangen mit den Grübchen glühten noch vom Bad. Das dunkle Haar war nass, aber mit jenem Schwung über der Stirn nach hinten gekämmt, der sein schalkhaftes Aussehen noch unterstrich. Femke betrachtete ihn kühl abschätzend von oben bis unten.
»Fühlst du dich besser?«
»Ja, vielen Dank.«
»Gut, dann kannst du mir ja erzählen, was der König gesagt hat.«
Danar ging zu Femke hinüber, änderte jedoch auf halbem Weg seine Meinung und setzte sich auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Dahltisches in der Zimmermitte. Mit einem Seufzer ließ er sich nieder, griff nach dem Krug mit kaltem Wasser und goss es in eines der Kristallgläser.
»Der König ist nicht glücklich …«, begann Danar und nahm einen Schluck Wasser.
»Sag bloß«, murmelte Femke.
»Wenn du mich bitte ausreden lassen würdest – der König ist nicht glücklich, weil er Zweifel daran hat, ob die Botschafterin Femke Baron Anton und Graf Dreban tatsächlich ermordet hat«, sagte Danar entschieden. So ernst hatte Femke ihn noch nie gesehen. Wie er sich nun gab, konnte sie sich gut vorstellen, dass Danar ein großer Lord sein würde. Nach den ganzen impulsiven Gesten und seiner jugendlichen Romantik fand sie das einigermaßen überraschend.
»Wirklich? Nun, das ist neu«, antwortete sie.
»Ja … und nein«, meinte Danar nachdenklich. »König Malo ist offensichtlich ein Denker. Er hat die Fakten noch einmal überdacht und seine eigenen Schlüsse bezüglich der beiden Morde gezogen. Allerdings war er nicht bereit, mir seine Theorien darüber, wer Anton und Dreban getötet hat, darzulegen. Er erwähnte, dass du in deiner Dienstmädchenuniform überzeugend gewesen bist, als man dich geschnappt und eingesperrt hat, und bemerkte, dass du nicht dumm seist. Ich glaube, du bist seiner Meinung nach noch nicht völlig vom Haken. Er sagte mir, dass sein neuer Berater in magischen Angelegenheiten ihn gewarnt hätte, bei Verhandlungen mit dir vorsichtig zu sein, weil er dich für besonders scharfsinnig hält. Deshalb konnte König Malo es sich nicht erklären, warum du sowohl Anton als auch Dreban mit Waffen töten solltest, die offensichtlich dir gehörten. Das heißt aber nicht, dass er diese Möglichkeit ganz ausschließt.«
»Gute Logik«, bemerkte Femke.
»Gut für dich, wenn es zum Prozess kommt«, meinte Danar optimistisch. »So wie er anfangs von dir sprach, konnte man glauben, dass er dich für unschuldig hält. Es könnte allerdings sein, dass er das nur aus Gründen der Diplomatie gesagt hat. Er betonte, dass ich mich wegen der ›unglücklichen Ereignisse‹, die während deines Aufenthaltes geschehen seien, nicht unwillkommen fühlen sollte. Er schlug vor, dass ich mich hier im Westflügel aufhalten sollte, wenn ich nicht zu verabredeten Treffen mit ihm ginge, um die Möglichkeit auszuschließen, dass sich derartige Peinlichkeiten wiederholten. Ich sagte, ich würde mich seinem Wunsch gerne fügen, solange ich im Palast bin, dass ich aber nicht gerne den ganzen Tag eingesperrt sei. Der König war gnädig und meinte, ich könne im Palastgarten herumlaufen, wo die Wachen mich oder uns, wenn du mich begleitest, im Auge behalten können. Er sagte, es sei zu unserer eigenen Sicherheit, und nannte die Demonstration am Tor neulich als deutliches Zeichen dafür, dass die Bevölkerung der Stadt zurzeit sehr aufgebracht sei.«
»Hm«, grunzte Femke. »Dann sitzen wir wie die Ratten in der Falle. Was für Restriktionen hat er uns sonst noch auferlegt?«
»Wir sollen den Westflügel nicht ohne Eskorte verlassen und dürfen Botschafterin Femke nicht besuchen«, sagte Danar, dessen Stimme und Züge keinerlei Belustigung über diese merkwürdige Aussage verrieten.
Femke nickte leise lächelnd. »So ist es am besten. Wenn wir es versuchten, würde man uns als nicht vertrauenswürdig betrachten.«
»Das habe ich mir auch gedacht«, meinte Danar. »Wenn wir uns als unglaubwürdig erweisen, würde es eine diplomatische Katastrophe geben, die selbst Kaiser Surabar nicht so leicht in Ordnung bringen könnte. Ein Glück für uns, dass wir gar
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