Die Gilde von Shandar: Die Spionin
vor seiner Heftigkeit fürchten sollte. Sie wusste, dass es keine gute Idee war, diese Beziehung zu diesem Zeitpunkt voranzutreiben. Es würde sie von ihrem Ziel ablenken und das könnte fatal sein.
Für einen kurzen Moment wünschte sie sich, sie könnte ihre Verantwortung vergessen und mit ihm zusammen nach Shandar zurückflüchten. Ihr Verstand sagte ihr, dass jede Beziehung zu Danar zum Scheitern verurteilt war. Lord Tremarle würde nie zulassen, dass sein einziger Sohn eine Bürgerliche heiratete. Das würde seiner Meinung nach die Blutlinie verwässern. Das Beste, was sich Femke erhoffen konnte, war ein romantisches Zwischenspiel. Und das war jetzt, da sie auf der Flucht war, nicht sehr praktisch. Die Situation musste geklärt werden, bevor sie ihr normales Leben als Spionin wieder aufnehmen konnte. Und dann? Sie liebte ihr Leben viel zu sehr, als dass sie es für eine Romanze aufgegeben hätte, die in einer Sackgasse enden musste. Die ganze Sache war sehr verwirrend.
»Na gut, Danar, lass uns mal für einen Moment annehmen, ich würde deiner Ernsthaftigkeit Glauben schenken und wäre daran interessiert, die Möglichkeit einer Beziehung mit dir in Betracht zu ziehen. Trotzdem könnte ich das jetzt im Augenblick nicht«, erklärte Femke und versuchte verzweifelt, die Angst in ihrer Stimme zu unterdrücken.
»Warum nicht?«, fragte Danar mit jenem traurigen Welpenblick, der das Herrchen still anklagt, grausam und herzlos zu sein, weil seine bedingungslose Hingabe nicht erwidert wird.
»Shalidar arbeitet gerade an einem Plan, dich zu töten. Ungeachtet aller Gefühle muss ich dafür sorgen, dass du überlebst. Du lenkst mich auch so schon genug ab, ohne dass du alles noch komplizierter machst. Nein. Du hast so lange gewartet, du wirst eben noch etwas länger warten müssen. Bitte, Danar, fass mich nicht wieder an, bevor das hier vorbei ist – ich bitte dich!«
Danar sah sie traurig an und nickte. Vor lauter Schuldgefühlen und Enttäuschung hätte Femke ihm fast nachgegeben. Die Versuchung, den Verstand beiseitezulassen, war überwältigend, aber sie verschloss fest ihr Herz. Nachdem sie wenigstens ein wenig ihrer Selbstbeherrschung wiedererlangt hatte, wandte sie sich ab und begann, die Tür zu sichern. Es würde ihr helfen, beschäftigt zu sein, wenn auch nur für kurze Zeit. Die nächsten Tage würden langes Warten beinhalten, und Femke spürte, dass das die Versuchung nur noch größer werden lassen würde. Sie würde sie bei jeder Gelegenheit reizen und ihr im Kopf herumspuken, bis sie sie genauso ablenken würde, als hätte sie sich dem jungen Lord gleich in die Arme geworfen.
»Oh Shand!«, stöhnte sie leise. »Warum ich?«
Sobald der Wachwechsel vollzogen war, wusste Ennas, dass er Probleme bekam. Es war wieder der junge Gardist, und diesmal klang er entschlossen, sodass Femke ihn nicht wieder ignorieren sollte. Ennas schwieg, während der junge Mann an der Tür rüttelte und ihn durch das Fenster anrief.
»Ihr seid krank, nicht wahr, Botschafterin? Das muss es sein«, meinte er schließlich. »Sprecht mit mir, Botschafterin. Wenn Ihr krank seid, dann sollte ein Arzt kommen. Ich bin sicher, der König will nicht, dass Ihr hier drinnen sterbt. Und selbst wenn, werde ich das nicht zulassen.«
Komm nicht herein, bitte, komm nicht herein, flehte Ennas im Stillen und hoffte inständig, dass der junge Wachmann ihn in Ruhe lassen würde.
»Na gut, ich komme jetzt rein«, verkündete der Gardist. »Macht keine Dummheiten. Ich will Euch nicht wehtun müssen.«
Oh, du kleiner Dummkopf, dachte Ennas traurig. Bitte nicht! Tu deine Pflicht! Bewach die Tür. Versuch nicht, den Helden zu spielen.
Dem metallischen Klang eines Schwertes, das aus der Scheide gezogen wurde, folgte das Rasseln des Schlüssels im Schlüsselloch. Ennas spannte sich an. Er wusste, was er zu tun hatte. Er musste fliehen. Es war wichtig, dass er das Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte, aber der Wachmann würde vorsichtig sein, wenn er hereinkam, was die Sache schwierig machte.
Pech für die Wache war, dass die Person auf dem Bett, dem er sich näherte, weder krank noch eine weibliche Botschafterin war. Der Gefangene war ein erfahrener Spion in bester physischer Verfassung und hatte keine Hemmungen zu töten.
»Botschafterin?«, fragte der Gardist zögernd, als er ans Bett trat. Er hielt sein Schwert bereit, aber hatte es nicht aggressiv auf die Gestalt gerichtet.
Ennas ließ ihn so dicht herankommen, wie er wagte. Er
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