Die Gilde von Shandar: Die Spionin
Umgebung gewohnt.
Der Wohnbereich war riesig und weiche Sessel und elegante Tische waren gefällig angeordnet. Tapisserien und schöne Gemälde zierten die Wände und ein weicher, flauschiger und kompliziert gemusterter Teppich bedeckte den ganzen Boden. Zwei Bücherregale mit vielen ledergebundenen Bänden, ein Sekretär und eine große offene Feuerstelle vervollständigten die Einrichtung. Im Kamin lag Anmachholz und in einer eigens dafür vorgesehenen Nische war eine große Menge Holzscheite aufgestapelt. Öllampen in Eckständern und auf Abstellflächen versprachen am Abend viel Licht zu verbreiten und große Blumenvasen und Schalen mit Obst und anderen leichten Nahrungsmitteln waren im Raum verteilt. Das Schlaf- und das Badezimmer waren noch üppiger eingerichtet. Femke musste ein Lachen unterdrücken, als Veldan sie fragte, ob die Räume zu ihrer Zufriedenheit waren.
»Sie sind sehr gemütlich, vielen Dank, Veldan«, antwortete sie, darauf bedacht, dass ihre Stimme ruhig und ihr Gesicht ausdruckslos blieb. »Ich würde gerne ein Bad nehmen, wenn es möglich ist. Könntet Ihr bitte dafür sorgen, dass mir jemand heißes Wasser bringt?«
»Es besteht keine Notwendigkeit, es zu bringen, Lady Femke. In Mantor gibt es ein paar sehr kluge Leute. Einer von ihnen hat sich vor einigen Jahren die Ritterwürde dadurch verdient, dass er ein System entwickelt hat, mit dem man heißes Wasser direkt durch Leitungen in die Bäder pumpen kann. Ich schicke Euch gleich jemanden, der die Pumpe bedient, dann ist Euer Bad in ein paar Minuten bereit.«
»Vielen Dank, Veldan, ich werde dabei interessiert zusehen. Wenn diese Pumpe so effektiv ist, wie Ihr sagt, würde ich diesen Ritter gerne treffen. Glaubt Ihr, er würde einen Auftrag annehmen, so etwas auch im kaiserlichen Palast in Shandrim einzurichten? Ich bin mir sicher, dass Seine Kaiserliche Majestät mehr als froh wäre, wenn nicht mehr ständig überall das Personal mit Wassereimern herumlaufen würde.«
»Wer weiß, Mylady, wer weiß«, meinte Veldan mit einem schiefen Lächeln. »Falls Ihr noch Wünsche habt, dann braucht Ihr nur an der Klingelschnur dort in der Ecke zu ziehen.«
»Noch eines, Veldan«, rief Femke ihm hastig nach, als er sich zum Gehen wandte. »Bitte, wo sind denn meine Begleiter einquartiert?«
»Sie befinden sich im Südflügel, Mylady. Die Gästequartiere dort haben nicht ganz denselben Standard wie diese, aber ich kann Euch versichern, dass sie an ihrer Unterkunft nichts werden auszusetzen haben«, erwiderte Veldan. Wenn sie sich in ihrem Zimmer umsah, bezweifelte Femke das nicht.
»Ich bin sicher, Ihr werdet Euch ausgezeichnet um sie kümmern, Veldan. Ich denke nur, dass ich gelegentlich werde mit ihnen sprechen müssen. Ich habe Anweisungen für sie für die Dauer unseres Aufenthaltes bezüglich der Vorbereitungen unserer Rückreise«, sagte sie fröhlich und senkte ihre Stimme zu einem fast verschwörerischen Flüstern: »Hauptsächlich in Form einer Einkaufsliste von Andenken.«
»Selbstverständlich«, sagte Veldan, sichtlich belustigt durch ihr freimütiges Geständnis. »Läutet einfach die Glocke, Euer Zimmerdiener bringt Euch gern dorthin.«
»Herzlichen Dank, Veldan, Ihr seid sehr hilfsbereit.«
»Nichts zu danken, Lady Femke.«
Veldan ging und Femke bewunderte die Größe der riesigen eingelassenen Marmorwanne im Bad. Darin würde sie eher schwimmen als baden, stellte sie mit einem Schauer von Vorfreude fest. Es wunderte sie, dass etwas von diesem Gewicht in einem der oberen Stockwerke eingebaut worden war, aber es passte zur Umgebung. Der gesamte Palast war im großen Stil eingerichtet worden.
Gewohnheitsmäßig untersuchte sie ihre Zimmer auf versteckte Türen, Gucklöcher und Fluchtmöglichkeiten. Zu ihrer Überraschung fand sie keinerlei Anzeichen für Überwachungsmöglichkeiten. Entweder hielt der König nichts davon, seine Gäste zu bespitzeln, oder die Stellen waren so gut getarnt, dass Femke sie nicht finden konnte. Nach ihrer zweiten Durchsuchung hielt sie Letzteres für unmöglich und schloss daraus, dass die Spione des Königs – falls er welche hatte – anders arbeiteten als die in Shandrim. Für die Shandasier waren Intrigen und Ränke eine Lebensweise.
Das Ergebnis ihrer Durchsuchung machte Femke höchst zufrieden. Das würde ihr die Arbeit hier sehr erleichtern. Ohne ein gut organisiertes Spionagenetzwerk hatten die Thrandorianer ihr sozusagen die Schlüssel zum Palast gegeben und gesagt: »Bitte nimm dir, was
Weitere Kostenlose Bücher