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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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beherrscht, weil er sie liebte. Bardo war ihr Bruder.
    Nun seufzte Bardo, und der Kummer eines Lebens legte sich über ihn wie ein Umhang. »Wir hören Gerüchte, dass jemand im Palast einen Putsch plant. Verstehst du mich, Rani? Jemand will König Shanoranvilli töten.«
    »Nein!«, flüsterte sie unwillkürlich und dachte an den gebrechlichen, alten Mann, an die papiernen Hände, die sich auf ihre Schultern gelegt hatten – war das erst heute Morgen gewesen? Es schien so lange her.
    Bardos gequälte Stimme hallte in ihren Gedanken wider. »Ja, ich habe Angst. Unsere Quellen haben die Bedrohung bis innerhalb der Palastmauern verfolgt, und wir hegen die starke Vermutung, dass es einer der Prinzen ist. Die Gefolgschaft hat auf einen von Shanoranvillis überlebenden Söhnen Ansprüche erhoben. Einer der königlichen Prinzen plant, seinen Vater zu töten.«
    »Bardo, du darfst nicht zulassen, dass der König zu Schaden kommt!«
    »Wir tun, was wir können. Wir suchen nach Tatsachen, nach hartem, nüchternem Wissen. Und das ist es, wobei du uns helfen kannst. Rani, wir brauchen einen Spion, wir brauchen jemanden, der uns sagen kann, was im Kinderzimmer geschieht. Kannst du das für uns tun?«
    »Das und mehr, Bardo«, schwor Rani. »Der alte König – es würde ihm das Herz brechen zu erfahren, dass sich einer seiner Söhne gegen ihn verschworen hat. Es geht ihm nicht gut, Bardo – Prinz Tuvashanorans Tod hat ihn hart getroffen.«
    »Ja, selbst Dalarati hätte die Wirkung dieses Schlages nicht vorhersehen können. Wir können nur vermuten, welch größeres Übel dieser Soldat noch ersonnen hätte, bevor er aufgehalten wurde, welche Geheimnisse er zur Gefolgschaft hat durchsickern lassen.« Auch wenn sich Rani daran erinnerte, wie sie in Dalaratis Blut gekniet hatte, war sie nun stolz auf das, was sie getan hatte. Gewiss hatte die Bruderschaft schreckliche Dinge von ihr zu tun gefordert, aber dies waren auch schreckliche Zeiten. Der Tod lauerte in jedem Schatten. Die Menschen mussten tief in ihren Herzen Mut finden, und wenn dieser Mut aus Angst geboren wurde, aus Respekt vor der Bruderschaft…
    »Das ist richtig.« Bardo nickte, als wäre er ihren Gedanken gefolgt. »Du musst jetzt tapfer sein. Du musst in der Nähe des Königs bleiben. Du bist die Erste Pilgerin, Rani. Du kannst den Kummer des alten Mannes lindern und helfen, ihn vor größerem Schaden zu bewahren. Wirst du das tun, Rani Händlerin?«
    »Das werde ich.« Sie betonte diese drei Worte wie den ernsthaftesten Schwur, den sie je in ihrem Leben geleistet hatte.
    »Die Bruderschaft will dich, Rani, wir brauchen dich. Halte Augen und Ohren offen, und bring dich in die königliche Familie ein. Es wird eine Zeit kommen, in der wir dich zu handeln auffordern, und ich werde nicht lügen und dir sagen, dass es leicht sein wird. Alles, was bisher geschehen ist, Rani, alles, was du für uns getan hast, war nur eine Vorbereitung auf das, was wir vielleicht von dir fordern werden.«
    Erneut durchzuckte Rani eine Vision des sterbenden Dalarati, aber dieses Mal geriet sie nicht durch Selbsthass oder Zweifel in Verwirrung. Bevor sie sprechen konnte, griff ihr Bruder in einen Beutel an seiner Taille und nahm etwas hervor, was er mit seiner Handfläche umschloss.
    »Du kannst nicht mit mir kommen, Rani, Liebes, und ich wage es nicht, dir die Tätowierung zu gewähren, die dich zu einem vollwertigen Mitglied der Bruderschaft machen würde. Nimm jedoch dieses Symbol und wisse, dass wir darauf hinarbeiten, dass du und die ganze Stadt euch uns in Freiheit und Gerechtigkeit anschließen könnt.« Er öffnete die Hand, und sie sah ein gewundenes Kupfergeflecht mit acht flachen, schimmernden Glasstücken, die einander über eine freie Lücke hinweg widerspiegelten. Bardo schob den Ärmel ihrer Tunika so hoch über ihren Ellenbogen wie möglich und legte den Reif dann um ihren Oberarm. Das Metall drückte einen kurzen Augenblick in ihre Haut, ließ die Quetschung erahnen, die sie am Morgen haben würde. Dann ruhte es tödlich kalt auf ihrem Bizeps.
    »Dies ist ein Zeichen dafür, dass du mit uns verbunden bist«, erklärte Bardo. »Du darfst es die anderen nicht sehen lassen, denn wenn du eine wahre Pilgerin wärst, hättest du dem am Altar entsagt. Und nun sollten wir dich zum Palast zurückbringen.«
    Das Metall erwärmte sich unter ihrem Herzschlag bereits, und sie bewegte ihren Arm, als wäre er ein verletzter Flügel, während sie beobachtete, wie der Kerzenschein von den

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