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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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belogen hatte. Wenn ich es gewusst hätte, wäre es mir gelungen, Euch irgendwie zu benachrichtigen.«
    Hal hielt den Kopf gesenkt, den Blick abgewandt. Rani empfand sein Misstrauen wie einen Eiszapfen durch ihre Brust. Nicht Misstrauen davor, dass sie ihm Schaden zufügen würde – diese Angst hatte seit dem herzzerreißenden Moment nicht mehr bestanden, als er sie in den Schatten außerhalb seines Zeltes erkannt hatte. Nein, er misstraute ihren Worten. »Hal…«, begann sie, und der König zuckte zusammen, als hätte sie ihn geschlagen.
    Wenn sie an die Prüfungen dachte, die sie in Morenia gemeinsam durchgestanden hatten, an die Kameradschaft, die sie einst gekannt hatten, an die Hitze seiner Handfläche an ihrer Wange, rang Rani gequält nach Atem. »Euer Majestät, verzeiht mir! Seid nicht wegen Sin Hazars Übel böse auf mich!« Er erstarrte, wich ihrem flehenden Blick aber aus. »Bitte, Hal!« Ein Schluchzen entrang sich bei dem letzten Wort ihren Lippen, und sie hob eine Hand, um Zornestränen fortzuwischen.
    Bevor sie dies jedoch tun konnte, trat Hal näher an sie heran. Er packte ihre Handgelenke mit überraschend festem Griff. Seine Lippen zitterten, während er seinen Griff festigte, die Haut streckte, bis sie spürte, wie sie über ihren Knochen gequetscht wurde. »Ich hörte die Stimmen!«, flüsterte Hal. »Sie haben mich glauben gemacht, du wärst tot.«
    »St-Stimmen, Euer Majestät?«
    »Ja.« Er nickte, als sollte sie ihn verstehen, aber dann breitete sich Verwunderung auf seinem Gesicht aus. »Ich hörte die Stimmen während all dieser langen Monate, aber nun sind sie fort. Sie haben mich verlassen, als ich Tasuntimanu entgegentrat. Sie haben nicht mehr gesprochen, seit ich ihn bezwang.«
    »Tasuntimanu?«, fragte Rani verständnislos. Konnte Hal ihren Gefährten in der Gefolgschaft des Jair meinen? Aber was konnte die Gefolgschaft mit den Stimmen zu tun haben? Und wie könnte Rani fragen, wenn ein Dutzend Soldatenohren jedem Wort lauschten? Um sicherzugehen, dass sie von demselben Mann sprachen, sagte Rani: »Im Namen des Jair…«
    »Ja«, bestätigte Hal. »Im Namen des Jair. Tasuntimanu und Yrathi-Söldner und…« Schließlich hielt er sie mit seinem brennenden Blick fest, der Geheimnis und Wahrheit und tiefes, düsteres Leiden enthielt. Sie sah jedoch auch noch eine andere Empfindung in seinen Augen: Entschlossenheit. Sie hob das Kinn ein wenig an, als Reaktion auf die kühne Macht, die ihren Lehnsherrn stählte.
    Er hob ihre Hände an und streifte mit den Lippen ihre gebräunten Handrücken. Rani spürte die Liebkosung so, als würde ein Seidengewand ihr Rückgrat hinabstreichen, und sie erschauderte, während sie sich zwang, seinem tiefen Blick standzuhalten. Sie beugte sich näher zu ihm, als er flüsterte: »Wir haben viel zu bereden, Rani Händlerin.«
    »Ja, Euer Majestät, aber wir haben nicht viel Zeit.«
    »Zeit? Ich fürchte, wir haben den größten Teil des Winters zur Verfügung. Mein Heer belagert die Amanthianer, aber unsere Blockade wird keinen Bestand haben. Sie werden ihre Güter übers Meer hereinbringen.«
    Rani schüttelte den Kopf, während sie sich von Hal zu zwei niedrigen Zeltstühlen führen ließ. Ihr Anliegen drängte sie zum Sprechen, und sie erzählte ihm vom Kleinen Heer und Teleos, von Liantine und den Sklavenmärkten. »Euer Majestät, wir haben nur bis Sonnenaufgang Zeit, zum Hafen zurückzugelangen. Ansonsten werden einhundertvierzig Kinder in die Sklaverei segeln.«

    Rani brauchte fast eine Stunde dazu, Hal alles zu erzählen, was in Amanthia geschehen war. Sie vergaß die lauschenden Wachen, während sie berichtete, was sie erlitten hatte, von Bashanorandi, der sie auf dem Hügel außerhalb der Stadt entführt hatte, bis zu ihrer heiklen Reise nach Norden, wo sie sich als Geisel an Sin Hazars Hof einrichten musste.
    Während sie ihre Geschichte erzählte, spürte sie den Unglauben der Soldaten. Sie trug jedoch ein gutes Stück dazu bei, ihr Vertrauen wiederherzustellen, als sie Hal die lange, entzündete Narbe zeigte, die sich ihr Bein entlangwand. Die Narbe, ihre Leidenschaft und Hals unbeugsames Vertrauen – als Rani ihre Erzählung beendete, hatten die Soldaten ihre wachsame Haltung gelockert, hatten untereinander von Stolz und Rache zu flüstern begonnen.
    Zwei der Wächter wetteiferten sogar darum, einen eilig aufgestellten Feldzug zum Hafen südlich von Sin Hazars Hauptstadt anzuführen. Hal befahl zwanzig Männern, Teleos einzukassieren, den

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