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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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Kindern ausheben. Er konnte es, und er hatte es getan.
    Natürlich konnte das Kleine Heer nicht tagelang marschieren und dann diesen südlichen Emporkömmling Halaravilli angreifen. Die Kindersoldaten würden ein Schlachtfeld niemals durch reine Stärke einnehmen, und der Überraschungseffekt – das erschreckende Auftauchen blutdürstiger, schreiender Kleinkinder – würde nur eine Schlacht lang anhalten, oder höchstens zwei.
    Aber das Kleine Heer hatte noch andere Vorzüge.
    Sin Hazar schaute von der Landkarte auf, die er betrachtet hatte und die ihm verdeutlichte, dass er mehr Mittel brauchte. Geld. Söldner. Vorräte. Fast unbewusst hob der König von Amanthia einen breiten Finger an die Schwanenschwinge, die sich über seinen Wangenknochen erstreckte und den königlichen Befehlston hinter seiner Frage verstärkte: »Was hören wir von Teleos?«
    »Euer Majestät.« Al-Marai, Sin Hazars älterer Bruder und der älteste General in Amanthia, verbeugte sich tief, bevor er antwortete. Der König wappnete sich für eine weitere Streitrunde. »Darf ich offen sprechen?«
    Sin Hazar nickte angespannt. Es wäre nicht gut, wenn sein eigener Bruder, sein eigener General, ihn fürchtete. Ihn ehren, ja. Ihn respektieren, gewiss. Die Macht seiner Schwanentätowierung anerkennen, natürlich. Aber Angst wäre auf einem Schlachtfeld fehl am Platze. Zumindest auf der eigenen Seite der blutigen, niedergetretenen Erde.
    Al-Marai verengte die Augen über seinem gelockten, kastanienbraunen Bart. Der grimmige Ausdruck kräuselte die Löwentätowierung, die fast die Hälfte seines Gesichts einnahm. »Ihr wisst, dass die Männer Teleos verachten. Sie hassen, wofür er steht und was er tut. Dieser Hass schwächt sie als Eure Handlanger. Müssen wir weiterhin Geschäfte mit diesem Schwein machen?«
    »Willst du damit sagen, dass deine Soldaten bereit sind zu rebellieren, weil ich Geschäfte mit einem bestimmten Händler mache?«
    »Natürlich nicht, Euer Majestät.« Al-Marai versank bereitwillig in eine Verbeugung, klappte in der Taille ein, als wäre das die natürlichste Reaktion der Welt. Natürlich nicht. Aber das genau hatte Al-Marai angedeutet. Sin Hazar sah seinen Bruder weiterhin an. Der grauhaarige Krieger betrachtete mit verzerrtem Gesicht die Landkarte, mied den Blick seines Lehnsherrn. Er machte sich an dem Schwertgürtel um seine Taille zu schaffen, fand Möglichkeiten, seine Finger, seine Augen, seinen Geist zu beschäftigen. Er kannte die bezwingende Macht des Schweigens. Schließlich verlagerte Al-Marai sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und schlug mit einer Hand so fest auf den Kartentisch, dass drei Markierungen umstürzten. »Er ist ein Schwein!«
    »Du magst ihn ein Schwein nennen, Al-Marai, oder behaupten, dass er das Fleisch vom Wildschwein isst, oder behaupten, dass er sich mit Schweinen vereint. Erniedrige ihn auf jede Art, die du für angemessen erachtest. Die Tatsache, dass er der Mann ist, der unsere Schatzkammern füllt, bleibt jedoch bestehen. Ich brauche dich doch wohl kaum an die Kosten zu erinnern, die die Versorgung der Pferde und die Unterbringung und Ernährung meiner bewaffneten Krieger verursacht.«
    »Nein, Euer Majestät.« Al-Marai schluckte schwer, beherrschte seinen Zorn. Er beugte den Kopf und sagte durch zusammengebissene Zähne: »Ich weiß, was ein Krieg kostet.«
    »Dann wirst du mir vielleicht helfen, einen Teil der Kosten aufzubringen.« Sin Hazar hielt seinen Bruder mit stählernem Blick gefangen. »Ich fragte, was wir von Teleos hören.«
    »Er sagt, er könne vor dem neuen Jahr noch weitere hundert aufnehmen. Und im Frühjahr noch einmal so viele.«
    »Zweihundert? Das ist alles?«
    »Sire! Das sind zweihundert weitere Untertanen, die nach Übersee verbracht werden!«
    »Zweihundert Kinder, die ansonsten bis zum Frühjahr sterben würden! Al-Marai, ich brauche dich wohl kaum an die Tatsachen zu erinnern. Jedes Kind, das an Bord eines meiner nach Liantine auslaufenden Schiffe geht, lebt länger, als es im Land leben würde. Jedes Kind, das seinem König in Übersee dient, setzt jenseits des Meeres einen Sämling der Unterstützung. Jedes Kind, das wir Teleos übergeben, wird zurückkommen und uns tausendfach entschädigen.«
    »Ja, Euer Majestät.« Al-Marai biss sich auf die Unterlippe. Er schluckte schwer, und als er erneut sprach, klang seine Stimme noch beengter. »Da ist noch etwas, Sire.«
    »Ja?« Sin Hazar weigerte sich, für seinen Bruder mehr als dieses einzige Wort

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