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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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zu erübrigen. Der Mann sollte es besser wissen. Al-Marai war derjenige, der das mit jenen Kindern gewonnene Geld genommen und in ein siegreiches Heer zu Hause investiert hatte. Er war derjenige, der die Kinder vor ihrer Abreise ausbildete, der ihre Leidenschaft und ihre Zuversicht erweckte. Al-Marai sorgte dafür, dass das Kleine Heer seinem König treu blieb, selbst in einem fremden Land, selbst inmitten der Not.
    »Teleos ist bereit, mehr als zweihundert Jungen zu kaufen.«
    »Du sagtest gerade…«
    »Er wird auch Mädchen kaufen. Er wird für sie bezahlen, dasselbe wie für Soldaten.«
    Sin Hazar war einen Moment sprachlos; er war so überrascht, dass er sich nicht die Mühe machte, Al-Marai dafür zu tadeln, dass er ihn unterbrochen hatte. Die Möglichkeiten entfalteten sich vor ihm wie eine seltene Blume, die unter einem frostigen Mitternachtsmond blüht. Mädchen… Das Königreich war voller Mädchen – Sonnen, Löwen, Eulen, sogar Schwäne –, die niemals einen Ehemann fänden, nicht wenn alle Männer und Jungen fort waren oder getötet wurden. Mädchen, die zu einem größeren Risikofaktor würden, als sie es wert waren, wenn sie erst erkannten, dass sie niemals heiraten würden, niemals Babys bekämen.
    »Was will er mit ihnen?«
    »Was will man schon mit Mädchen, Eure Hoheit?« Auch wenn sich Widerwille in seine Worte einschlich, gelang es Al-Marai, seine Stimme nüchtern klingen zu lassen. »Er wird vermutlich ein paar von ihnen als Soldaten behalten. Er sagt, sie brauchten jedoch nicht ausgebildet zu werden. Nicht mehr als die Mädchen, die bereits bei den Lagern herumlungern, in welcher inoffiziellen Eigenschaft auch immer.«
    »Mädchen…«, sagte Sin Hazar laut. Das Wort fühlte sich in seinen Gedanken glatt an, wie Münzen, die durch seine Finger rieselten. Warum hatte er sich diese Möglichkeit bisher entgehen lassen?
    Bevor er den Gedanken weiterverfolgen konnte, eilte ein Wächter in den steinernen Raum und verbeugte sich tief vor seinem König. »Was ist los, Mann?«, fauchte Sin Hazar.
    »Ihr habt Besucher, Eure Majestät.«
    »Ich bin der König. Ich habe immer Besucher.« Sin Hazar ärgerte sich darüber, unterbrochen worden zu sein, bevor er sich die Tragweite von Teleos’ neuestem Angebot klarmachen konnte.
    »Diese werdet Ihr empfangen wollen, Sire.«
    Sin Hazar warf dem Mann einen eindringlichen Blick zu. »Werde ich das?« Welcher Art auch immer seine Verärgerung war – Sin Hazar vertraute den Löwen seines Haushalts. Er streifte mit einer Bewegung der Schultern seinen Umhang ab, um das mit Drachen geschmückte, azurblaue Wams deutlicher zu zeigen, das er für das Zeremoniell dieses Tages erwählt hatte. »Und wer ist so wichtig?«
    »Prinz Bashanorandi, Sire.«
    »Feliciandas Bastard?« Sin Hazar registrierte die Überraschung in seiner Stimme.
    »Ja, Euer Majestät. Er ist gerade vom Hafen hierhergekommen.«
    »Reist er als Gesandter Halaravillis?«
    »Das glaube ich nicht, Sire. Er hat eine Hand voll Soldaten bei sich – unsere Männer.« Der Wächter strich über die Tätowierung an seiner rechten Wange, eine schweigende Erklärung seiner Worte. »Es sind auch zwei Mädchen dabei. Niemand in morenianischer Uniform.«
    Also hatte sich der erste Schritt, nämlich Löwen nach Morenia zu schicken, letztendlich ausgezahlt. Sin Hazar hatte Bashanorandi schon beinahe aufgegeben. Er hatte, bevor er die Löwen nach Süden entsandte, mit sich gerungen. Wären die Männer entdeckt worden, wären sie als amanthianische Soldaten entlarvt worden, dann hätte dieser Emporkömmling Halaravilli einen diplomatischen Koller bekommen. Aber, so hatte Sin Hazar Al-Marai gegenüber argumentiert, das Risiko sei minimal, wenn er nur ein Dutzend Männer entsandte. Ein Dutzend Männer, allein oder zu zweit entsandt… Es war den Einsatz wert.
    Nun widerstand Sin Hazar dem Drang, sich Al-Marai zuzuwenden und sich seines Erfolgs zu rühmen. Welchem seiner Löwen war es gelungen, in den morenianischen Hof vorzudringen? Nun, es war noch genug Zeit, das zu erfahren. Faszinierender war die Frage, warum Bashanorandi in den Norden gekommen war. Er hätte die Löwen ebenso gut dazu benutzen können, die Macht in Morenia festzuschreiben, seine eigenen getreuen Truppen aufzubauen.
    Sin Hazar ging im Geiste eine Hand voll Szenarien durch. Bashanorandi war gekommen, um seinen Anspruch als Erbe des kinderlosen Sin Hazar geltend zu machen. Er war gekommen, um Beistand für seinen Vernichtungskampf gegen Halaravilli

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