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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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der Fehler der alten Frau, dass Ranis Bein schmerzte und nässte durch eine Wunde, die gewiss eine hässliche Narbe hinterließ. Der lange Schnitt juckte heftig, als er zu heilen begann, und Rani konnte selbst jetzt spüren, dass er unter dem rauen Stoff ihrer geborgten Hose erneut aufgeplatzt war. Sie konnte jedoch nichts dagegen tun. Es war keine weichere Kleidung zu finden. Shea war die einzige Frau bei dieser Abteilung des Kleinen Heers, und sie trug nur diese einfache Kleidung auf dem Körper.
    Dennoch begannen Ranis Enttäuschung und Angst zu reifen wie greifbare Früchte. Sie und Mair mussten wieder aufbrechen. Sie mussten nach Süden ziehen, fort von Sin Hazars Hauptstadt. Sie mussten schnell bis zur morenianischen Grenze reisen, bevor Sin Hazars Soldaten sie aufspüren konnten. Als Rani das Blut ihr Bein hinablaufen spürte, erkannte sie jedoch, dass sie mit Mair nirgendwohin reisen würde, zumindest eine weitere Woche lang nicht. Nicht bis sich ihre Wunde endgültig geschlossen hatte.
    Ranis Aufmerksamkeit wurde von ihrem juckenden Bein abgelenkt, als die Jungen unter dem Schild jubelten und ihren beständigen Singsang unterbrachen. Davin erstarrte neben ihr, als Rani fragte: »Was ist passiert, Mair? Was habe ich verpasst?«
    Das Unberührbaren-Mädchen verrenkte sich fast den Hals und verzog das Gesicht, während sie die Ereignisse jenseits des Feldes zu erkennen versuchte. »Ich kann es nicht sicher sagen. Aber sieh dir diesen Berg Erde an!«
    »Wie lange werden die Mauern noch standhalten?«
    Ein jähes, scharfes Krachen ersparte Mair die Antwort. Die Ebene erstarrte einen Moment. Die Jungen, die das Schloss verteidigten, standen starr auf den Schlossmauern, die Hände über die Köpfe erhoben, um unwirksame Steine zu werfen, um kümmerliche Pfeile anzuzünden. Die Jungen unter dem Steinschild waren ebenfalls still und verharrten neben ihren Metallkübeln, neben den gewaltigen Heugabelzähnen ihres Gerätes. Dann brüllte Crestman ein letztes Mal: »Stemmt!«
    Die Jungen an den Hebeln packten die hölzernen Griffe und ächzten, während sie sie von ihren schwitzenden Körpern fortstemmten. Die Eisenkübel rückten allmählich einen Schritt weiter von der Mauer ab, jeder mit Erde getarnt.
    Dann erklang ein gewaltiges Krachen, als würde die Erde selbst von einem Blitz zerteilt. Die Jungen auf der Mauer eilten in Sicherheit, sprangen von der Ausschachtung fort und verschwanden in der Feste. Rani beobachtete, wie die Mauer ihnen entgegenzuschwanken schien, sich aus eigenem Antrieb bewegte, wie ein Felsenungeheuer aus ihren Albträumen. Dann erklang Crestmans Stimme, scharf und drängend. »Zurück, Männer! Zurück von der Mauer!«
    Hektische Bewegung entstand, als Jungen unter dem Schild hervorhasteten. Einige liefen wie Hasen, nur darauf bedacht, die größtmögliche Entfernung zwischen sich und den Esser zu legen. Andere schauten während ihrer Flucht über die Schulter und stolperten dabei über ihre eigenen Füße.
    Crestman befolgte seinen Befehl jedoch nicht, sondern blieb standhaft neben den Rollen stehen. Als der letzte der Jungen unter dem schräg stehenden Schild hervorschoss, ergriff Crestman zwei der Hebel am Rollenmechanismus. »Stemm!«, brüllte er, als treibe er einen unwürdigen Untergebenen an die Arbeit. Er ließ seinem Befehl die Tat folgen und ächzte vor Anstrengung, während er die Aufgabe eines halben Dutzend Jungen zu bewältigen versuchte. Seine Armmuskeln wölbten sich, und die Sehnen an seinem Hals traten hervor, zitterten, vibrierten. Sein Gesicht war zu einer Maske der Qual verzogen, die aufgrund der durch die Haartracht des Kriegers fest angespannten Haut um seine Augen noch schrecklicher wirkte.
    Der Esser verweigerte sich der Vorwärtsbewegung einen Moment. Dann gruben sich die Heugabelzähne doch in die Erde, rissen üppige Brocken heraus. Die Ketten liefen ächzend weiter und zogen den Esser vom Schwanenschloss fort.
    Und das Schwanenschloss fiel.
    Nicht die ganze Mauer, wie Rani erkannte, als ihre Ohren nicht mehr klangen. Die Lücke in der Außenwand war wahrscheinlich nicht breiter als sechs nebeneinander reitende Männer, was jedoch genügte. Ein Trupp Soldaten könnte die Ruinen erklimmen, könnte in den ungeschützten Unterbauch der Feste eindringen.
    »Ja!«, schrie Davin, wobei seine uralte Stimme durch die Aufregung lauter erklang. »Es funktioniert!« Der alte Mann warf seine Pergamentrollen zu Boden.
    »Crestman!«, rief Shea klagend und lief an Rani

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