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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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seinem Bruder um die Schultern legen. Ja, der steinerne Raum wäre während der nächsten Monate eisig wie ein Grab. Aber der üppige Pelz erfüllte zwei Zwecke – er verhinderte, dass die Zugluft Sin Hazars Hals hinabkroch, und er erinnerte Bashanorandi an Amanthias Reichtum. Der Junge verschränkte die Arme vor der Brust und rieb sich in dem Versuch, ein wenig Wärme zu erzeugen, verstohlen mit den Händen über die Ärmel.
    Sin Hazar heuchelte Interesse an der Landkarte, kreiste die Miniaturmarkierungen ein und betastete eines der Schiffe, die anscheinend gen Osten liefen. Erst als Bashanorandi die Karte ebenfalls betrachtete, zog sich Sin Hazar zurück, trat zu dem hohen, mit Schnitzereien versehenen Stuhl am Kopfende des Tisches hinüber. Er sollte seinen Gefangenen am besten in entspannter Haltung begegnen.
    Es freute ihn zu sehen, dass Bashanorandi neben ihn trat, die Position eines Knappen einnahm, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Der Junge bemühte sich, außer Reichweite zu bleiben, und beobachtete Sin Hazar mit dem nervösen Blick eines Erdhörnchens. Der König widerstand dem Drang, eine Hand auszustrecken und eine Naht an der Hose des Jungen nachzufahren. Das würde Chaos bewirken, dessen war er sich sicher.
    Sin Hazar beschränkte sich darauf, Al-Marai zuzunicken. »Bring die Gefangenen herein.«
    Der Löwe gab den Befehl an die Wächter an der Tür weiter und zog dann sein wuchtiges, gebogenes Schwert. Mit seinem sich bis auf seine Brust kräuselnden Bart und dem starren Blick bildete er eine Furcht erregende Hürde zum Kartenraum. Die eintreffenden Gefangenen beäugten Al-Marai wachsam und drängten in den Raum wie ungezähmte Fohlen. Sie waren so auf die offensichtliche Bedrohung durch das gezogene Schwert konzentriert, dass sie Sin Hazar nicht sofort bemerkten.
    Der König räusperte sich. »Lady Ranita. Lady Mair.«
    Beide Mädchen zuckten zusammen und fuhren zum König herum. Sin Hazar bemerkte den Moment, in dem sie Bashanorandi registrierten, den kurzen Moment, den sie beide brauchten, um den Jungen als Verräter abzustempeln. Ranita Glasmalerin erübrigte auch einige Aufmerksamkeit für die Karte, maß die Truppenstandorte, als wolle sie dem königlichen Emporkömmling im Süden darüber berichten.
    Die Mädchen waren verwahrlost. Beide hatten dunkle Schatten unter den Augen, als hätten sie seit Wochen nicht geschlafen, und Ranita humpelte, als sie den Raum durchquerte. Tintenspuren um ihre Augen ahmten verblassende Sonnentätowierungen nach.
    Sin Hazar hatte genaue Befehle erteilt, als Bashanorandi die Mädchen in seine Stadt zurückschleppte. Ranita und Mair trugen noch immer die Jungenkleidung, die sie am Schwanenschloss getragen hatten. Ihre Jacken und Hosen waren schon zu Anfang nicht allzu sauber gewesen und waren durch eine in den königlichen Verliesen verbrachte Nacht gewiss nicht besser geworden. Die Kleidungsstücke waren durch die Eisenketten um die Taillen der Mädchen, die Handfesseln, die in ihre Handgelenke einschnitten, und die Schlingen, die ihre Knöchel verbanden, aus der Form geraten. Sin Hazar hatte sich vielleicht ein Mal zum Narren halten lassen, aber er würde diesen elenden Mädchen keine zweite Fluchtchance bieten.
    Ranita Glasmalerin warf einen kurzen Blick auf ihre Begleiterin, bevor sie den König zu schelten begann. »Euer Majestät, wir erwarteten in Eurem berühmten Schloss größere Gastfreundschaft.«
    »Wir sind es nicht gewohnt, Verräter frei durch unsere Gänge streifen zu lassen.«
    »Bashanorandi steht neben Euch, und er trägt keine Ketten.«
    »Unser Verwandter ist kein Verräter, Lady Ranita. Nicht nach den Gesetzen Amanthias.«
    »Lady Mair und ich können für Amanthia ebenso wenig Verräter sein. Wir unterstehen seinen Gesetzen nicht. Wir sind dem Hause ben-Jair verschworen, und wir verlangen, dass Ihr uns augenblicklich zu König Halaravilli zurückbringt!«
    »Tapfere Worte für einen gefangenen Spion!«
    »Spion!« Das Mädchen war entsetzt.
    »Ja. Welchen anderen Grund könntet Ihr gehabt haben, unsere hübschen Räumlichkeiten hier in Amanth zu verlassen? Warum sonst solltet Ihr unser geheimes Militärlager aufgesucht und eine Abteilung unserer besten Soldaten bei der Ausbildung durch einen unserer großartigsten Militärberater beobachtet haben? Ihr plantet Eure Flucht aus unserer Gastfreundschaft eindeutig mit dem Ziel, unsere militärischen Geheimnisse zu erfahren. Es würde uns nicht überraschen zu hören, dass das von Anfang an

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