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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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hatte, zartere Düfte, als das gesamte Universum beinhalten konnte, Klänge und Geschmäcker und Berührungen, die sie sich kaum hatte vorstellen können.
    Alle waren in dieser Kugel enthalten. Alle waren vom Ersten Pilger Jair umschlossen. Alle pulsierten in ihren Handflächen, während sie die uralte Reliquie umfing, während sie sie an ihrer Brust barg.
    Und dann erinnerte sie sich daran, wieder zu atmen. Sie erinnerte sich daran, dass sie eine sterbliche Frau war. Sie stand inmitten eines Tempels, unter dem Licht einer Kerze, die hoch aufgeflammt war, die hell genug gebrannt hatte, um die Aufmerksamkeit aller umgebenden Pilger auf sie zu ziehen.
    »Pater«, krächzte sie und streckte die Hände zu Siritalanu aus, bot ihm die Reliquie dar.
    »Mylady«, sagte er, und sie dachte einen Moment, er wäre zu ängstlich, sie entgegenzunehmen, zu ehrfürchtig, das Geschenk anzunehmen, das sie zu geben hatte. Dann schien er zu begreifen. Er nahm die Kugel von ihr entgegen und legte sie wieder in die Mitte des Altars. Als sie das Spielzeug in seiner Hand sah, erschauderte sie, wie ein Hund, der eine Schicht Morgentau abstreift. Die Bewegung brachte sie wieder ganz zu Bewusstsein, wieder in den Tempel, wieder nach Liantine zurück.
    Wieder zur Menge der Pilger um sie herum zurück.
    »Seht!«, rief ein Mann aus.
    »Sie hat die Kugel berührt«, schrie eine Frau.
    »Die Kerze! Sie brennt für sie heller!«
    Und dann erklang ein Flüstern, ganz schwach, von den Rändern der Menge. »Hexe.«
    Berylina wollte erklären. Sie wollte den Menschen sagen, dass sie nicht beabsichtigt hatte, die Kugel zu bewegen, dass sie nicht versucht hatte, die Ordnung des Altars zu zerstören. Die Menge wollte jedoch nicht zuhören. Es kümmerte sie nicht, was Berylina zu sagen hatte, was sie glaubte.
    Noch während sie darum rang zu erklären, spürte sie in ihrem Geist die Gestalt Jairs, die perfekte Kugel, und sie erkannte, dass es keine vollständige Vision war. Es war ein Symbol, ein Zeichen, ein Versprechen. Es war in ihren Gedanken als eine Möglichkeit, als ein Blick auf die Macht des wahren Pilgers.
    Die Menge kümmerte nur, was sie gesehen hatte, was sie bezeugt hatte.
    »Tretet zurück!«, sagte Pater Siritalanu. »Gebt Prinzessin Berylina etwas Raum.«
    Ihr Titel bewirkte weiteres Flüstern unter den Pilgern. Eine Prinzessin! In ihrer Mitte! Die sich mit dem Ersten Pilger Jair austauschte!
    Pater Siritalanu biss die Zähne zusammen. Sein jungenhaftes Gesicht reifte im Handumdrehen, zu Linien der Sorge und Entschlossenheit gefurcht. Er schob eine beschützende Hand unter Berylinas Ellenbogen, führte sie vom Mittelaltar fort.
    »Pater«, flüsterte sie und stützte sich schwer auf ihn. Ihr Atem stockte in ihrer Kehle, während sich seine Finger um ihren Arm schlossen, und sie nutzte seine feste Haut, um sich wieder in Jairs Tempel, wieder in Brianta, wieder in der dinglichen Welt zu verankern.
    »Kind«, sagte Siritalanu. Er räusperte sich und wiederholte das Wort. »Kind. Es ist an der Zeit, dass Ihr Eure Pilgerrolle einführt. Es ist an der Zeit, dass Ihr Eure Pilgerreise offiziell beginnt.«
    Sie sah, dass die anderen Gläubigen sie weiterhin mit heiliger Scheu ansahen. Erwachsene Männer schlugen sich fassungslos an die Stirn, Frauen weinten, während sie vorüberging. Sogar Kinder, diejenigen, die sie angestarrt hatten, die auf sie gedeutet und gelacht und über ihre Missbildungen gespottet hatten, selbst diese Kinder sahen sie jetzt erstaunt an.
    »Segnet uns, im Namen Jairs«, bat eine Frau im Vorübergehen.
    Berylina stolperte auf dem unebenen Boden, und die betende Frau ergriff ihre Hand, nahm die Berührung als Segen an. »Ja!«, rief ein Mann. »Segnet uns! Im Namen Jairs!«
    Sie war von Händen umgeben, von zugreifenden Fingern, von umklammernden Fäusten. Sie berührte so viele der Leute wie möglich, wollte verzweifelt zur Tür, nach draußen, wollte zu Luft und Sonnenlicht entkommen. Pater Siritalanu ging vor ihr, machte den Weg frei, und sie hielt den Blick auf seine schimmernden Gewänder gerichtet.
    Sie spürte auf dem Caloyagrün ihres Gewandes Blicke, und mehrere Menschen sanken auf die Knie, griffen nach dem Saum ihrer Kleidung, hoben es an ihre Lippen. Nein!, versuchte Berylina zu rufen. Ehrt mich nicht! Findet die Kraft des Ersten Pilgers selbst! Findet Jair in Euren Herzen!
    Schließlich erreichte Pater Siritalanu die Tür. Berylina spürte eher, als dass sie es hörte, wie seine Hand die Gebetsglocke streifte.

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