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Die Glasblaeserin von Murano

Die Glasblaeserin von Murano

Titel: Die Glasblaeserin von Murano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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seit unserer Trennung, ich schwöre es! Ich habe sie gebeten, mir Robertos zu zeigen - um zu sehen, ob Corradino tatsächlich ein Verräter war. Um der alten Zeiten willen war sie einverstanden.» Leonoras Mund wurde ganz trocken. «Und was war es?»
    «Ein Brief. Der letzte Brief, den Robertos Vorfahr Giacomo del Piero schrieb, bevor er in den piombi qualvoll zugrunde ging.»
    Unwillkürlich drehten sich beide um und blickten durch die Bögen der Loggia auf die dunklen, vergitterten Fenster des ehemaligen Kerkers. Alessandro seufzte. «Ich habe dir noch nichts davon erzählt, weil der Brief ganz eindeutig beweist, dass Corradino ein Verräter war, und ich nicht wusste, wie ich es dir beibringen sollte.»
    Leonora bemühte sich, einen klaren Gedanken zu fassen. «Aber warum hat Roberto dann nicht einfach einen Abdruck des Briefes veröffentlichen lassen?»
    «Weil sein eigener Vorfahr, Giacomo, in dem Brief am Ende ziemlich schlecht dasteht: Er gibt die Existenz von Corradinos Tochter und ihren Aufenthaltsort preis.»
    «Die Pietä.»
    «Ja. Roberto war genauso sehr auf den guten Ruf seines Vorfahren bedacht wie du. Einen Gehilfen anzuzeigen, der einen verraten hat, ist eine Sache, doch ein unschuldiges Waisenkind dem sicheren Tod auszuliefern eine ganz andere.»
    «Aber sie ist doch gar nicht gestorben! Sie hat überlebt und geheiratet und lebte glücklich bis an ihr Ende in Venedig.»
    «Naja, das hat Roberto wohl nicht gewusst. Und außerdem ändert das nichts an Giacomos Verrat.»
    Leonora nickte langsam. «Warum hast du mir nichts von deinen Nachforschungen erzählt? Warum warst du so zurückhaltend?»
    «Wieso sollte ich mich dir anvertrauen, wo du doch von Anfang an nicht ehrlich zu mir warst? Es hat mich sehr gekränkt, dass du kein Vertrauen zu mir hattest.    Statt mich um Hilfe zu bitten, hast du die ganze Sache vor mir geheim gehalten - du hast vermutlich angenommen, dass ich in Vicenza nichts davon erfahre. Warum, um Himmels willen? Dachtest du, ich würde dich weniger mögen, wenn sich herausstellt, dass du die Nachfahrin eines Verräters bist und nicht die eines berühmten Maestro? Ich wollte dich in den letzten Monaten mehr als einmal danach fragen, wusste aber nicht wie. Wie sollte ich dir begreiflich machen, dass jemand, der dir so wichtig ist, mir gar nichts bedeutet? Aber genau so ist es. Du bist es, die ich liebe!» Er drehte sich um und schaute auf den Kanal. «Ich verstehe dich nicht. Glaubst du denn, dein Wert hängt von dem Corradinos ab? Solange ich dich kenne, bewegst du dich in seinem Schatten, und jetzt stellst du dein geradezu besessenes Interesse für ihn sogar über das Wohlergehen deines Kindes. Du bist verrückt! Du solltest lieber an deinen Sohn denken.»
    «Aber das alles tue ich doch nur für ihn! Ich muss die Wahrheit herausfinden, bevor er auf die Welt kommt, die Wahrheit über seine Familie. Deshalb muss ich nach Frankreich fahren. Verstehst du das denn nicht? Die Frage ist doch, warum Corradino überhaupt nach Frankreich ging, vielleicht tat er es aus Liebe zu Leonora. Und wenn Giacomo Leonora an die Zehn verriet und sie trotzdem überlebte, dann muss Corradino sie irgendwie gerettet haben. Ich muss es einfach wissen!» Wie zur Bekräftigung umfasste Leonora ihr Glasherz.
    Alessandro bemerkte die Geste und sagte ärgerlich: «Warum? Damit du auf Dinnerpartys damit prahlen kannst, dass dein Urahn doch ein Held war? Ist dir dein eigenes Leben nicht genug? Brauchst du Corradino Manin, um etwas darzustellen? Du bist doch selbst Künstler - und noch dazu die einzige Frau unter den Glasbläsern.»
    «Aber das bin ich ja gar nicht mehr! Auch aus diesem Grund muss ich versuchen, meinen guten Namen wiederherzustellen. Davon hängt meine Arbeitsstelle ab. Wenn Corradino entlastet ist, wird dem Verkauf der Manin-Serie nichts im Wege stehen, und ich kann wieder in dem Gewerbe meiner Familie arbeiten.»
    «Warum brauchst du dazu Corradino und diesen dummen Talisman? Warum reicht es dir nicht, dich auf mich zu verlassen?»
    Und bevor Leonora ihn daran hindern konnte, riss er ihr das gläserne Herz vom Hals und schleuderte es voller Wut in den Kanal. Es flog bis zur Seufzerbrücke, blitzte einmal kurz auf und verschwand dann im Schatten des Brückenbogens.
    Beide waren sie ganz starr vor Schreck über das, was geschehen war. Darüber, wie sehr sie einander verletzt hatten. Sie hatten einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gab.
    Mit Tränen in den Augen drehte sich

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