Die Glasglocke (German Edition)
der sich um die Leute an diesem Ende der Station kümmerte, hatte am Heizkörper im Flur gelehnt und sich krankgelacht.
Die rothaarige Frau schnappte sich die Terrine und schüttete sie über ihrem Teller aus. Bohnen türmten sich vor ihr und verteilten sich auf ihrem Schoß und auf dem Boden wie steife, grüne Strohhalme.
»Oh, Mrs. Mole!« sagte die Schwester traurig. »Ich glaube, Sie essen heute besser auf Ihrem Zimmer.«
Sie füllte fast alle Bohnen in die Terrine zurück, übergab sie dem Patienten neben Mrs. Mole und führte Mrs. Mole davon. Während sie den Flur zu ihrem Zimmer entlanggingen, drehte sich Mrs. Mole immer wieder nach uns um, schnitt Grimassen und gab häßliche Grunzlaute von sich.
Der Neger war zurückgekommen und fing an, die leeren Teller der Leute einzusammeln, die sich noch gar keine Bohnen genommen hatten.
»Wir sind nicht fertig«, sagte ich zu ihm. »So lange können Sie doch wohl warten.«
»Ach! Ach! Ach!« Der Neger riß die Augen auf und tat verwundert. Er sah sich um. Die Schwester, die Mrs. Mole einschließen wollte, war noch nicht zurückgekommen. Der Neger machte eine freche Verbeugung vor mir. »Das Fräulein Etepetete«, sagte er leise.
Ich nahm den Deckel von der zweite Terrine und enthüllte einen Knäuel Makkaroni, eine einzige klebrige Masse und eiskalt. Die dritte und letzte Terrine war bis obenhin mit Baked Beans gefüllt.
Nun wußte ich allerdings genau, daß man zu einer Mahlzeit nicht zwei Sorten Bohnen serviert. Bohnen und Möhren oder Bohnen und Erbsen, vielleicht. Aber niemals Bohnen und Bohnen. Der Neger wollte herausfinden, was wir uns bieten ließen.
Die Schwester kam zurück, und der Neger verzog sich in den Hintergrund. Ich aß, soviel ich konnte, von den Baked Beans. Dann stand ich auf und ging um den Tisch herum, so daß mich die Schwester nur noch bis zur Hüfte sehen konnte. Ich stellte mich hinter den Neger, der gerade die schmutzigen Teller abräumte, holte aus und versetzte ihm einen kräftigen Tritt in die Wade.
Der Neger schrie auf und sprang zur Seite. Mit rollenden Augen sah er mich an. »Oh, Miss, oh, Miss«, stöhnte er und rieb sich das Bein. »Das hätten Sie aber nicht tun dürfen, wirklich nicht.«
»Das haben Sie davon!« sagte ich und starrte ihn an.
»Wollen Sie denn heute nicht aufstehen?«
»Nein.« Ich wühlte mich tiefer in das Bett und zog mir das Laken über den Kopf. Dann hob ich eine Ecke des Lakens und spähte darunter hervor. Die Schwester schüttelte das Thermometer herunter, das sie mir eben aus dem Mund genommen hatte.
»Sie sehen doch, es ist normal!« Ich hatte mir, wie immer, das Thermometer angesehen, ehe sie kam und es einsammelte. »Sie sehen doch, es ist normal, wozu messen Sie dann immer?«
Ich wollte ihr sagen, daß ich es gut fände, wenn nur mit meinem Körper etwas nicht stimmte, daß es mir viel lieber wäre, wenn mit meinem Körper etwas nicht stimmte, als wenn mit meinem Kopf etwas nicht stimmte, aber der Gedanke kam mir so verwickelt und schwierig vor, daß ich gar nichts sagte. Ich verkroch mich nur noch tiefer ins Bett.
Dann spürte ich durch das Laken einen leichten, störenden Widerstand an meinem Bein. Ich spähte hinaus. Die Schwester hatte ihre Schale mit den Thermometern auf meinem Bett abgesetzt und drehte mir gerade den Rücken zu, während sie der Person, die anstelle von Mrs. Tomolillo jetzt neben mir lag, den Puls fühlte.
Eine heftige Bösartigkeit prickelte in meinen Adern, lästig und lockend zugleich, wie der Schmerz in einem locker sitzenden Zahn. Ich gähnte und rekelte mich, als wollte ich mich auf die andere Seite drehen, und schob meinen Fuß unter die Schale.
»Oh!« Der Ruf der Schwester klang wie ein Hilferuf, und eine zweite Schwester stürzte herein. »Sehen Sie doch, was Sie angerichtet haben!«
Ich schob den Kopf unter den Decken hervor und spähte über die Bettkante. Um die abgestürzte Emailschale glitzerte ein Stern von Thermometersplittern, und Quecksilberkügelchen zitterten wie himmlischer Tau.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Es war ein Versehen.«
Die zweite Schwester fixierte mich mit einem bösen Blick. »Das haben Sie absichtlich getan. Ich habe es gesehen .«
Dann stürmte sie hinaus, und gleich darauf kamen zwei Pfleger und schoben mich samt Bett und allem den Gang entlang zu dem früheren Zimmer von Mrs. Mole, aber vorher – vorher bekam ich noch eine Quecksilberkugel zu fassen.
Kurz nachdem die Tür abgeschlossen worden war, sah ich, wiedas
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