Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin
hat, die Kirchenreform und die Wiedervereinigung abwenden will. Das hast du vorausgesehen, und die Summe, die du ihm anbietest, ist enorm. Du und Luis, ihr habt zusammengelegt. Aber ihr habt euch verrechnet. Bertani ist empört und droht dir. Du gehst zwar fort, doch nur, um später zurückzukehren und ihn umzubringen.«
Matthias lachte. Er hielt sich den Bauch vor Lachen, er klatschte mit der flachen Hand auf den Tisch, er wischte sich die Tränen aus den Augen, setzte sich wieder und fiel fast vom Stuhl.
»Das ist köstlich«, brachte er mühsam heraus, nachdem er sich einigermaßen gefangen hatte. »Du solltest dich hören, du bist einfach wunderbar komisch.«
Sie zog eine Grimasse. »Vielen Dank, aber ich wüsste nicht, was daran komisch ist.«
»Alles ist prächtig formuliert und vorgetragen. Ich war drauf und dran, dich zur intelligentesten Frau der Welt zu ernennen – und dann das . Da redest du nun Satz um Satz seit einer halben Stunde, und alles ist richtig, alles stimmt mit gespenstischer Genauigkeit, als wärst du dabei gewesen. Und dann verspielst du mit dem letzten Satz deine errungenen Lorbeeren, denn dieser letzte Satz, meine liebe, verehrte Antonia, ist absoluter Blödsinn.«
Sie wurde unsicher. Matthias hatte bisher alles zugegeben, was sie behauptet hatte. War er nur besonders raffiniert, oder irrte sie sich tatsächlich? Sandro und sie hatten genau genommen keine speziellen Hinweise darauf, dass Matthias der Täter war, aber es war ihnen als die wahrscheinlichste Lösung vorgekommen, denn alles andere passte so gut zusammen: das heimliche Abkommen zwischen Luis und Matthias, die Bestechung von Villefranche … Wenn nicht Matthias oder Luis die Mörder waren, wer denn sonst?
»Möglicherweise hat Luis de Soto Bertani getötet«, sagte sie, »ohne dir davon zu erzählen.«
»Ich saß die halbe Nacht mit Luis zusammen, bis in den frühen Morgen. Wir haben unser weiteres Vorgehen besprochen.«
»Schöne Ausrede. Ihr deckt euch gegenseitig.«
Matthias seufzte. »Denk, was du willst, du kannst sowieso nichts von dem, was du erzählt hast, beweisen. Die wenigen Spuren, die du gefunden hast, kann ich leicht im Verbund mit Luis de Soto verwischen.«
»Nein, das kannst du nicht. Denn, mein Lieber, du stehst unter Arrest. Sieh mal zum Fenster raus.«
Sie beobachtete ihn, während er das Fenster öffnete und auf die nur trübe beleuchtete Straße hinunterblickte. Sie hatte zwei Wachen mitgebracht, die zuvor von Sandro instruiert worden waren. Matthias war ein Gefangener. Es stand ihm frei, alles zu leugnen, aber Luis de Soto würde in Kürze geradewegs in eine Falle laufen, die Sandro ihm stellte, und dann würde auch Matthias sein Leugnen nicht mehr helfen.
»Das würde Luis niemals zulassen«, rief Matthias und eilte die Treppe hinunter.
Antonia folgte ihm.
Er riss die Tür auf. »Ist das wahr, ich stehe unter Arrest? Das ist Carissimis Werk! Auf der Stelle verlange ich Luis de Soto zu sprechen. Er wird meinen Arrest umgehend aufheben.«
Aus den zwei Soldaten, die Antonia begleitet hatten, waren mittlerweile vier geworden.
»Keine Aufregung«, sagte einer der Soldaten zu Matthias. »Die Befehle von Sandro Carissimi sind ungültig geworden. Er wurde soeben abgesetzt.«
Er wandte sich an Antonia.
»Antonia Bender? Ich habe den Auftrag, Euch zu verhaften. Ihr seid der Begünstigung der Zauberei angeklagt.«
Irgendetwas gefiel Sandro nicht an der Chronik der Ereignisse, die er versucht hatte, mit Antonia zu rekonstruieren. Zugegeben, Antonias Theorie war bis zu einem gewissen Punkt äußerst plausibel, zwar unerhört, unglaublich, doch plausibel. Wenn man erst einmal die Richtigkeit ihres Verdachts annahm, bekam vieles einen Sinn. Vieles, aber nicht alles. Wie schon neulich, als er nicht so recht an Carlotta als Mörderin glauben konnte, so konnte er jetzt nicht an Matthias als Mörder glauben. Aber was genau hielt ihn davon ab? War es, weil er Matthias schon einmal fälschlicherweise in Verdacht hatte, hervorgerufen durch die Aussage des Säufers Bruno? Fürchtete er eine zweite Blamage? Fürchtete er, Matthias gegenüber zu befangen zu sein, um sich ein Urteil über ihn zu bilden? Persönliche Gefühle trüben das Denkvermögen, wie er selbst hatte erfahren müssen. War Antonia in die gleiche Falle getappt? Das Mosaik ging nicht auf, es war ein Bild mit Leerstellen, mit falschen Farben, unpassenden Mustern …
Doch es war müßig, jetzt noch Zweifel anzumelden. Der Plan wurde bereits
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