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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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sie über Luther und den Papst gestritten hatten. Aber da war sie schon längst … Sie liebte mich, das weiß ich. Wenn ich mich an sie drängte, legte sie alles beiseite, und die Hände, die sonst wie auf der Suche nach etwas unruhig umherirrten, wurden dann ruhig. Ich liebte sie. Ich liebte sie weit mehr als meinen Vater.«
    Der Diener trat ein und räumte den Tisch ab. Matthias unterbrach seine Erzählung, aber er suchte Antonias Blick, und sie sahen sich stumm über den Tisch hinweg an. Ihr Blick gab ihm die Kraft, sich zusammenzunehmen, denn er war aufgewühlt. Aus einem tiefen Brunnen zu schöpfen war immer anstrengend, vor allem, wenn man wusste, dass nicht alles, was man heraufholte, etwas Gutes war.
    »Kurz nach meinem vierten Geburtstag«, fuhr er fort, als der Diener gegangen war, »ging meine Mutter zum Bischof und ließ ihre Ehe annullieren. Sie erklärte sie einfach für ungültig, stell dir das einmal vor. So als hätte sie nicht sechs Jahre lang mit meinem Vater das Bett und die Sorgen geteilt, ein Kind erzogen … Ihre Ehe mit einem Abtrünnigen der Kirche hatte es plötzlich nie gegeben, somit hatte es auch kein legitimes Kind gegeben. Ich ahnte nichts. Eines Morgens wachte ich auf, und meine Mutter war gegangen. Sie hatte ihre Kleider mitgenommen, ihr Geschirr, ihren Rosenkranz – nur ihren Sohn hatte sie zurückgelassen. Ich sah sie nie mehr. Von jenem Tag an war ihr Name im Haus meines Vaters tabu. Elise Hagen gab es nicht mehr. Sie ist tot, sagte mein Vater immer. Ich gewöhnte mich daran, nicht über sie zu sprechen, so dass ich lange Zeit vergaß, dass ich eine Mutter gehabt hatte. Bis …«
    Antonia vervollständigte den Satz: »Bis dein Vater sie auf dem Sterbebett wieder zum Leben erweckte und du kurz davor warst, eine Katholikin zu heiraten.«
    »Ich erwarte nicht, dass du meine Gefühle billigst, Antonia, aber vielleicht verstehst du sie jetzt besser. Weder mein Vater noch meine protestantischen Vorgesetzten hätten mich davon abhalten können, dich zu heiraten. Nur ein einziger Mensch konnte das: meine Mutter. Sie hat meinen Vater verlassen. Sie hat mich verlassen. Sie hat ihre Familie aufgegeben und flüchtete in die Arme eines Römers. Nicht ein einziges Mal hat sie sich seither nach mir erkundigt, und ich habe sie nie wiedergesehen. Wie konnte ich den Grund für all das vergessen!«
    »Der Glaube«, sagte Antonia.
    »Der Glaube«, bestätigte er. »Du warst eine Altgläubige, ich ein Protestant. Kannst du dir auch nur im Entferntesten die Angst vorstellen, die mich überkam? Ich habe damals nicht mit dir darüber geredet, weil ich fürchtete, du würdest mir die Angst nehmen. Das hättest du fertiggebracht, ohne Zweifel. Ich liebte dich so sehr. Aber ich wollte nicht davon überzeugt werden, dass unsere Ehe gutgehen würde, denn im Grunde glaubte ich nicht daran. Ich konnte einfach nicht. Ich sah ein gewaltiges Desaster voraus. Darum lief ich fort nach Tübingen.«
    Der Diener servierte die süßen Grießschnitten. Sie waren warm und zuckrig, ihr Duft erfüllte schnell den Raum. Während Matthias sich Portwein einschenkte, warf er unauffällig einen Blick zu Antonia. Er hatte sie mit seinem Geständnis offensichtlich beeindruckt, denn sie sah nachdenklich auf ihren Teller. Jetzt, fand er, war es an der Zeit, in eine andere Phase des Gesprächs einzutreten.
    Er stand auf, ging um den Tisch herum und schenkte Antonia von dem Portwein ein. Er war ihr nah. Sie sah bezaubernd aus, so schlank, so wach, so blass. Es war ihm immer selbstverständlich vorgekommen, schon als zwölfjähriger Junge, dass er sie eines Tages lieben würde, sie lieben müsste . Er wusste es seit den Tagen, an denen sie bei ihm Schutz gesucht hatte, seit damals nach dem Ulmer Bildersturm … Diese Erinnerung wollte er schnell wieder vergessen.
    »Natürlich ist mir bewusst, dass wir immer noch Altgläubige und Protestant sind«, sagte er, weich untermalt vom Geräusch des Portweins, den er betont langsam in das Glas goss. »Aber ich bin nicht mehr der unreife Bursche von damals, der sich von Ängsten beherrschen lässt. Ich bin Optimist geworden, vielleicht hat mein steiler Aufstieg mich dazu gemacht. Und was den Glauben angeht: Ich bin hergeschickt worden, um die Kirchen zu versöhnen. Wenn man mich dessen für fähig hält, wie könnte ich da nicht auch fähig sein, uns beide zu versöhnen?«
    Davon träumte er schon seit Jahren: Antonia wiederzufinden. Vielleicht war er dieses Traums wegen von Gott bestraft

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