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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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berührte und mit sanftem Druck an ihm zog, ging er. In den folgenden Tagen bat Matthias wieder und wieder, zu seiner Mutter vorgelassen zu werden, doch Elisa hatte Sandro gebeten, ihn abzuweisen. Wie hätte Sandro ihr widersprechen können? Das Kreuz auf der Brust umklammert, um Atem ringend, blass und erschöpft, flüsterte sie ihm mit zerbrechlicher Stimme zu, dass ihr das alles zu viel sei. Innerhalb von einer Woche kam Matthias dreimal vorbei und wurde jedes Mal von Sandro fortgeschickt.
    Schließlich hatte Sandro ein Einsehen. Obwohl er Matthias nicht mochte – die stocksteife Haltung, die hochmütigen Augen, das Gehabe eines Evangelisten -, verstand er, wie er sich fühlen musste. Er traf sich mit ihm in einer sauberen Schänke und machte ihm ein Angebot. Er, Sandro, werde seine Mutter – hier unterbrach Matthias, es ist unsere Mutter, korrigierte er – werde also ihrer beider Mutter, fuhr Sandro fort, in Gespräche über die Vergangenheit verwickeln, und alles, was er dabei herausfände, würde er Matthias weitergeben. Sobald Elisa sich – Elise, korrigierte Matthias – sobald ihre Mutter, sagte Sandro, sich an die neue Situation gewöhnt habe, werde sie gewiss nichts mehr dagegen haben, Matthias zu empfangen.
    Es war ein kompliziertes, umständliches Gespräch zwischen den Halbbrüdern, und Sandro war froh, als er die Schänke wieder verlassen und nach Hause gehen konnte.
    Er war besten Willens, sein Versprechen zu halten, seine Mutter jedoch zeigte sich gegenüber der Vergangenheit äußerst verschlossen. Sie wollte nicht darüber sprechen, und je beharrlicher Sandro nachfragte, desto schlimmer wurden ihre Atemprobleme, Kopfschmerzen, Erschöpfungszustände … Sie betete jetzt fünfmal am Tag in der kleinen Kapelle gegenüber des Palazzos, eingehüllt in derart weite schwarze Gewänder und Schleier, als halte sie etwas darunter gefangen. Wenn sie von der Beichte kam, war sie einige Stunden lang wie früher, ihre Blicke mild und das Lächeln gütig, doch es dauerte nicht lange, dann gewann die Unruhe wieder Raum, und die Hand umklammerte das Kreuz auf ihrer Brust.
    Sandro sah schließlich ein, dass es keinen Sinn hatte, sie zu etwas zu zwingen. Ihre Gesundheit litt unter seinen Fragen wie eine Blume unter dem Schatten leidet. So berechtigt Matthias’ Fragen waren, so wirkte er doch so stabil, dass er noch eine Weile auf die Antworten warten konnte, Antworten, die vielleicht Sandros Vater geben könnte, sobald er in sechs, acht Wochen von seiner Handelsreise nach Neapel, Palermo und Valencia zurückkehren würde. Erneut traf sich Sandro mit Matthias in der Schänke, doch dieses Mal wurde sein Vorschlag von Matthias abgelehnt.
    »Ich will es nicht von deinem Vater hören. Was habe ich mit deinem Vater zu schaffen? Sie ist meine Mutter. Sie war meine Mutter. Ich will von ihr wissen, warum sie es nicht mehr ist.«
    »Ich verstehe, aber …« »Du verstehst gar nichts. Du bist doch noch ein halber Junge. In deinem Alter glaubt man noch, die Mutter sei eine Heilige. Du täuschst dich. Sie lügt dich an. Sie spielt dir die Herzkranke vor, in Wahrheit läuft sie vor ihrer Schande davon.«
    »Rede nicht so über sie, hörst du?«
    Matthias lachte. Zum ersten Mal hörte Sandro seinen Halbbruder lachen. »Wer will mir das verbieten? Du?« Er lachte noch einmal, und Sandro fühlte, dass Matthias’ anfängliche Qual, mit der er hergekommen war, in Lust umgeschlagen war. Diese ganze Situation war für ihn ein Fest.
    Am nächsten Morgen beobachtete Sandro seine Mutter, wie sie das Haus verließ und auf die andere Straßenseite ging. Von den Fenstern des Palazzos sah die Kirchenpforte wie ein dunkles Loch aus, und als Sandro seine Mutter darin verschwinden sah, bekam er ein ungutes Gefühl. Er ging ihr nach. Und tatsächlich: Kaum tauchte er in die Kühle des Gotteshauses ein, noch geblendet von der flimmernden Helligkeit der Gasse, hörte er ihre Stimme.
    »Wieso verfolgst du mich? Wenn ich schweige, dann doch nur zu deinem Besten.«
    »Ich habe mich nicht überwunden, in diese gottverfluchte Kapelle des falschen Glaubens zu gehen, um mich mit Ausflüchten abspeisen zu lassen. Ich entscheide selbst, was zu meinem Besten ist.«
    »Du hast schon deine Mutter verloren. Deinen Vater sollst du nicht auch noch verlieren.«
    »Vater ist tot.«
    »Auch einen toten Vater kann man verlieren. Aber wenn du es unbedingt so haben willst: Berthold hat mich gejagt mit seinem Protestantismus, er war besessen wie ein Bluthund, der

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