Die Glaszauberin pyramiden1
einem Ruck in die Flammen, bevor es sich jemand zu genau ansehen konnte.
Dann wandte sie sich mit zuckenden Schultern ab und wollte weder den Magier noch den Ofen anschauen.
Ta’uz ging wortlos hinaus, aber die beiden Wächter blieben.
Ich spürte eine Hand auf der Schulter, und Yaqob ging vor meinem Schemel in die Hocke. »War das das Kind?« fragte er leise, die Augen noch immer auf Raguel gerichtet.
Ich zögerte. »Nein.«
Jetzt sah Yaqob mich an. »Aber es ist doch wohl tot?«
»Ja.«
Er schwieg einen Augenblick lang. »Also hat Isphet es auf die Seite geschafft.«
»Ja.«
Er nickte knapp. »Gut.« Seine Hand drückte kurz zu, dann stand er auf und ließ meine Schulter los. »Tirzah, du wirst heute und morgen an diesem Tisch arbeiten, aber dann wird Isphet mir bestimmt das Privileg einräumen, dir unsere kleine Welt zu zeigen.«
Dann ging er.
Mein Vater sah Yaqob hinterher, dann sah er mich an und lächelte.
Ich gewöhnte mich schnell ein. Zwei Tage lang zermahlten mein Vater und ich Glasscherben zur Herstellung von Emaille, dann rettete uns Yaqob wie versprochen und wies uns anspruchsvollere Aufgaben zu.
Das war Isphets Werkstatt, aber sie schien damit einverstanden, daß Yaqob sich in den ersten Wochen um uns kümmerte. Ich sah sie abends, wenn sie mich über meinen Arbeitstag befragte, aber ich glaube, sie wollte nicht zu sehr mit meiner Arbeit in Verbindung gebracht werden, solange die Wächter uns noch ihre ganze Aufmerksamkeit widmeten.
Davon abgesehen war Isphets Fachgebiet genau wie das meines Vaters das Mischen und Brennen von Glasmasse, und sie blieb bei den Öfen. Nicht nur, um das Schmelzen und Brennen zu überwachen, sondern auch um sicherzugehen, daß Raguel nicht in ihrer Trauer dem in Tücher gewickelten Bündel hinterhersprang. Raguel sagte kaum ein Wort, und während sie sich körperlich von der Geburt ihrer Tochter erholte, erkrankte ihre Seele.
Drei Tage nach meiner Ankunft führte Yaqob meinen Vater in die Ecke der Werkstatt, wo die Glasmasse gemischt und geformt wurde, und übergab ihn Isphet, dann kam er zu mir und lächelte. »Hier entlang.«
Er führte mich in die obere Etage, wo zwei Männer an einem Tisch saßen; ein breiter Strahl Sonnenlicht fiel durch Glasscheiben in der Decke. Der Raum war sauber und luftig, und ich holte tief Luft. Ich war entzückt. Beide Männer stellten Glasnetze her.
Sie schauten von ihrer Arbeit auf und grinsten über meine unverhohlene Freude.
»Die Wächter kommen nur selten her«, sagte Yaqob. »Dir wird die Arbeit gefallen, und ich kann kaum erwarten zu sehen, wie gut du bist. Die Geschichte über deine Arbeit in Setkoth hat sich in fast ganz Gesholme verbreitet.«
Sicherlich log er, aber er gab sich immerhin Mühe, und mein Lächeln vertiefte sich. »Wird die Werkstatt immer so scharf bewacht?«
»Nein. Ta’uz bestraft uns für den Versuch, Raguels Schwangerschaft vor ihm verborgen zu haben. Er wird es bald leid sein und die Wächter abziehen. Normalerweise stellen die Magier die Wächter um Gesholme herum auf sowie in und um die Pyramide – wo man uns manchmal zur Arbeit ›ermuntern‹ muß. Gelegentlich besuchen die Magier uns, aber auch sie halten sich lieber in der Nähe der Pyramide auf.«
»Yaqob…« Ich sah nach draußen. Eine offene Tür führte auf einen Balkon, und ich konnte einen gewaltigen Schatten sehen, der über Gesholme fiel.
Ich hatte nur einen kurzen Blick auf die Pyramide werfen können, aber sie beherrschte jede Nacht meine Träume.
»Hab Geduld, Tirzah.« Yaqobs Stimme hatte sich zusammen mit meiner Stimme verfinstert. »Sieh dir zuerst an, woran Orteas und Zeldon arbeiten.«
Keinem von ihnen schien der Gedanke Unbehagen zu bereiten, daß sich eine solch junge Frau zu ihnen gesellen würde – vielleicht hatte sich die Geschichte von dem Glasnetz, das ich für Gayomar und Boaz gemacht hatte, tatsächlich herumgesprochen. Wir plauderten höflich ein paar Minuten lang, während ich ihre Arbeit neugierig betrachtete.
Die Männer arbeiteten an flachen Platten, die so beschaffen waren, daß sie in große Verschalungen hineinpassen würden. Das Glas leuchtete golden – es war großartig gemischt und gebrannt worden.
»Isphets Arbeit«, murmelte Yaqob und strich mit den Fingern über Zeldons Glas. »Niemand kommt an ihre Fertigkeiten heran, die Glasschmelze herzustellen. Sie verfügt über eine Liebenswürdigkeit, die selbst die sturste Mischung beschwatzt.«
Orteas und Zeldon starrten Yaqob
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