Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Wenn ich ihn mal nicht an der Leine habe und nicht aufpasse wie ein Luchs, schnappt er jeden Polizisten ins Hosenbein...“
„Oder den Briefträger und auch den Gasmann“, unterbrach Frau Elfriede Breitschuh. „Da macht er keine
Ausnahme. Selbst die Männer von der Müllabfuhr sind vor ihm nicht sicher.“
„Allerdings gilt seine Abneigung nur dem Tuch“, warf Herr Bissegger ein. „Der Mann, der in der Uniform steckt, ist ihm ganz egal.“
„Er ist wirklich ein besonders braver Schatz“, meldete sich wieder die Pensionsbesitzerin zu Wort. Sie beugte sich nach vorn und kraulte den Setter hinter den Ohren in seinem kastanienbraunen Fell. Peter schnurrte leise wie ein verliebter Kater und strich mit seiner Zunge weiter über die Eiskugeln auf seinem Teller.
„Und daß er sich vorhin wie ein angeschossenes Raubtier aufgeführt hat, das soll nur Verstellung gewesen sein?“
„Wir haben es mit einem Schauspieler zu tun, dem eigentlich ein Oscar gehört, wie ich schon zu erwähnen beliebte“, meinte Herr Bissegger. Er faltete seine langen schmalen Hände und drückte sie zusammen, daß nacheinander die Fingerknochen knackten. „Als er kaum fünf Monate alt zu mir gekommen ist, war er verspielt wie ein Eichhörnchen, und es hat ihm schon vom ersten Tag an immer einen Heidenspaß gemacht, einen Salto vom Sofa auf den Teppich zu schlagen oder auf den Vorderpfoten im Kopfstand hin und her zu spazieren. Er wäre der ideale Hund für einen Zirkus.“
Der irische Setter hatte seine Augen wieder geöffnet und legte den Kopf schief, um sein Gehör zu schärfen.
„Ich wette, er versteht jedes Wort“, bemerkte Frau Elfriede Breitschuh.
„Jedenfalls konnte es gar nicht ausbleiben, daß wir uns gemeinsam immer wieder neue Kunststücke ausgedacht und sie zu Hause oder bei unseren Waldspa-ziergängen ausprobiert haben.“
„Könnten Sie uns irgend etwas zeigen?“ fragte Fritz Treutlein neugierig.
Herr Bissegger beugte sich auf seinem Stuhl nach vorn und fragte unter den Tisch: „Hättest du unter Umständen Lust zu einer kleinen Vorstellung?“
Peter nahm seine Zunge von dem Schokoladeneis, mit dem er sich inzwischen angefreundet hatte, wedelte mit dem Schwanz und bellte vergnügt.
„Der Kerl versteht wirklich jedes Wort“, meinte Paul Nachtigall.
„Manchmal könnte man es wirklich glauben“, sagte Herr Bissegger und stand auf. Im selben Augenblick sprang auch der Setter hoch und schüttelte sich zuerst einmal. Es klatschte und klapperte, als ihm seine langen Ohren unter die Kinnbacken schlugen und die Lefzen von den weiß schimmernden Zähnen flogen. Dann leckte er die Hände des Referendars und wollte sich aus lauter Freude mit seiner Schnauze in ihn hineinbohren.
Schließlich versuchte er jaulend und den Kopf vorstoßend einen Schnapper hinauf gegen das Gesicht des Referendars, als wollte er ihm die Nase abbeißen. Es war eine Art Luftkuß, halb Zärtlichkeit und halb Übermut.
„Ist ja schon gut, du Gauner“, beruhigte Herr Bissegger das Tier und schubste es wieder von sich. „Jetzt aufgepaßt, mein Lieber, und blamiere uns nicht!“
Der Hund machte einen schleudernden Luftsprung nebst Drehung um die eigene Achse, und dann setzte er sich auf den freien Platz zwischen den Tischen. Er hob den Kopf, rührte sich nicht mehr und blickte aufmerksam aus seinen sanften und klugen Augen.
„Salto“, kommandierte Herr Bissegger.
Der Setter schlug zuerst mit dem Schwanz auf den Boden, und dann wirbelte er in einem einwandfreien Salto durch die Luft. Als er wieder zum Sitzen gekommen war, sah es aus, als ob er von einem Ohr zum anderen grinste.
Die Glorreichen Sieben und Frau Elfriede Breitschuh klatschten in die Hände, und der italienische Kellner Ernesto rief „bravissimo!“
„Achtung, Staatsbesuch“, sagte jetzt Herr Bissegger.
Der Hund stellte sich auf die Hinterfüße und blieb eine volle Minute bewegungslos so stehen.
„Augen rechts!“
Er ließ sich auf die Schenkel nieder und drehte den Kopf scharf nach rechts. Auf ein Zeichen des Referendars sprang er hoch, bellte dreimal und gab ihm die rechte Pfote, als würde er irgendein Staatsoberhaupt begrüßen.
„Fehlt nur, daß er jetzt auch noch eine Rede hält“, rief Fritz Treutlein begeistert.
Die Glorreichen Sieben waren aus dem Häuschen. Sie applaudierten wieder und trampelten jetzt auch mit den Füßen. Frau Elfriede Breitschuh lehnte sich zufrieden lächelnd in ihrem Stuhl zurück und tat so, als ob sie die Kunststücke
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