Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Zigarette.
„Ich kann mich noch an eine Steuerbeamtin erinnern, die auf Napoleon spezialisiert war. O du meine Güte, was die alles wußte! Oder ein Student, der sich bei Beethoven auskannte wie in seiner eigenen Hosentasche. Einmal waren auch Schmetterlinge dran und ein andres Mal die Brüder Grimm mit ihren Märchen...“ Sie unterbrach sich. „Und Sie, Herr Bissegger, was ist Ihr Steckenpferd?“
„Ägyptologie.“
„Sehr interessant“, versicherte Frau Elfriede Breitschuh und probierte, hinter ihrem Zigarettenrauch ein möglichst intelligentes Gesicht zu zeigen. Dabei hatte sie das Wort noch nie gehört und folglich von Ägyptologie nicht die blässeste Ahnung. Aber das wollte sie sich nicht anmerken lassen.
„Ich hab’ doch nie im Traum damit gerechnet, daß ausgerechnet mein Name aus der Lostrommel fällt“, stöhnte der Referendar.
„Sie dürfen jetzt nicht undankbar sein“, meinte die Pensionsbesitzerin mit einem kleinen Vorwurf in der Stimme. „Millionen Menschen werden Sie besichtigen. Wenn mir das passiert wäre, ich würde vor lauter Freude im Handstand über den Marktplatz hüpfen. Wann ist denn die Sendung?“
„Schon in einer Woche“, antwortete Herr Bissegger bekümmert. „Ich darf gar nicht daran denken, meine Knie sind so weich wie Pudding.“
Über genauso weiche Knie sollte übrigens auch ein gewisser Herr Bertram schon in allernächster Zeit zu klagen haben. Allerdings ein paar hundert Kilometer weiter südwestlich.
Der sportliche Mann mit der getönten Brille, der falsche Namen sammelte wie andere Leute Briefmarken, war inzwischen mit seinem Gepäck, das sich auf der Reise von Bad Rittershude nach München ja verdoppelt hatte, im Hotel Bayerischer Hof am Promenadeplatz abgestiegen.
Im Augenblick verschloß er sein Zimmer mit der Nummer 796 und steckte den Schlüssel in die Tasche. Er schlenderte ahnungslos und in bester Laune durch den Korridor zum Lift.
Das geklaute Gepäck
München platzte wieder einmal aus den Nähten.
Es gibt in der Stadt an der Isar kaum einen Monat ohne Konferenzen, Ausstellungen oder großangelegtes Vergnügen.
Kaum packen die Zahnärzte aus aller Welt ihre Koffer, warten schon die Herren der Spielwarenindustrie auf ihre Hotelbetten. Anschließend sind bereits die Chirurgen im Anzug, dann die Brieftaubenzüchter oder die Umweltforscher. Von den Faschingsbällen und dem Oktoberfest ganz zu schweigen. Dann ist in den Hotels der Weltstadt mit Herz keine Badewanne mehr zu ergattern, und die Besucher müssen zum Übernachten bis zum Starnberger See ausweichen oder noch weiter bis ins Gebirge.
Im Augenblick war in München die alljährliche Modewoche ausgebrochen, und der rosafarbene Herr Andreas Bertram konnte sich wieder einmal bei seinem klugen Köpfchen dafür bedanken, daß er sich von Bad Rittershude aus noch rechtzeitig im Bayerischen Hof angemeldet hatte.
Allerdings bekam er nur ein kleines Zimmer im siebten Stock, das im allgemeinen nur an die Chauffeure der per Auto angereisten Gäste vermietet wurde.
„Leider nur noch 796, unser allerletztes Zimmer“, bedauerte der freundliche Herr von der Rezeption. „Es ist nicht gerade unser Fürstenappartement.“
Nicht direkt eine Zwei in der Nummer, überlegte das Dutzendgesicht. Aber immerhin ist die Quersumme zweiundzwanzig, rechnete er blitzschnell und war nicht unzufrieden.
„Aber bei allem haben Sie noch Dusel, wenn ich mir das Wort erlauben darf 1 , fuhr der Empfangschef lächelnd fort. „Ihre Bestellung kam etwas spät, und Sie sehen ja, was hier los ist.“
„Ich bin ohnehin tagsüber geschäftlich auf den Beinen“, bemerkte der Mann mit der getönten Brille, der übrigens einen ziemlich neuen Regenmantel trug. Er hatte Schulterklappen und schien ein englisches Fabrikat zu sein. „Was ich brauche, ist ein Bett zum Schlafen, weiter nichts.“
„Dann wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt“, erwiderte der junge Angestellte in seinem schwarzen Anzug. Er hörte gar nicht mehr, wie sich der neue Hotelgast bedankte, weil ihn in diesem Moment eine gewaltige Dame zur Seite schob. Sie war so groß und breit und dick wie eine Gewichtheberin, aufgeputzt wie ein Pfau und im ganzen Gesicht weiß gepudert. Sie trug ihren hochgeschnürten Busen wie einen Balkon vor sich her. „Zweimal frische Bettwäsche und Handtücher am Tag ist doch wohl das wenigste, was ich in Ihrer Herberge erwarten darf 1 , beschwerte sie sich. „Schließlich nehmen Sie ja auch Preise, als ob Ihre
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