Die Goblins 01 - Die Goblins
Tradition, von der Barius erzählte, war wie einem Kind das Schwimmen beizubringen, indem man es in einen See voller Echsenfische warf.
»Wie viele deiner Brüder haben diese Questen überlebt?«, fragte er.
»Vier.«
»Drei«, korrigierte Ryslind ihn.
»Stimmt nicht. Thar hat auch überlebt.«
»Thar glaubte, der Gott des Meeres zu sein. Er kämpfte gegen einen Meistermagier aus dem Osten«, klärte Ryslind Jig auf. »Der Magier starb, doch nahm er Thars Verstand mit sich. So lebte unser Bruder weiter, aber er nahm die bedauerliche Gewohnheit an, nackt durch den Palast zu rennen und nach seinem Riesenseestern zu suchen. Sechs Monate später ertrank er im Burggraben. Anscheinend hatte unser Gott des Meeres nie schwimmen gelernt.«
»Genug«, sagte Darnak. Er verstaute seine Karte in einer langen Lederröhre, die er in seinen Gürtel schob. »Hier herumstehen und alte Geschichten zum Besten geben bringt uns keinen Schritt näher an das Zepter heran. Goblin, welcher Weg führt zu den tieferen Tunneln?«
Jig riss sich zusammen, bevor er eine wahrheitsgemäße Antwort geben konnte. Wie hieß es so treffend – die Wahrheit richtete mehr Schaden an als Menschen und Hobgoblins zusammen. Das Letzte, was er eingestehen wollte, war, dass er nicht mehr wusste als sie. Sie wollten einen Führer, und einen Führer sollten sie bekommen. Alles, was ihn ein bisschen länger atmen ließ.
»Hier entlang«, sagte er und versuchte entschlossen zu klingen. Er hätte noch mehr gesagt, aber er war sich nicht sicher, ob er seine Stimme am Zittern hindern konnte. Außerdem spielte es keine Rolle, welche der drei Öffnungen in der Wand sie wählten, weil die drei Tunnel sich ohnehin zu einem vereinigten. Vielleicht würde er so Zeit gewinnen und konnte sich überlegen, wohin er sie führen sollte, sobald sie Hobgoblinterritorium betreten hatten.
Der Zwerg hatte gesagt, der Weg sei in wässrige Dunkelheit gehüllt. Das einzige Wasser, von dem Jig wusste, war der unterirdische See, in dem die Echsenfische lebten. Er hoffte, dass es nicht dieser Ort war, zu dem sie gehen mussten, aber bei seinem Glück hätte es ihn nicht gewundert. Er warf noch einen raschen Blick auf Klecks, um sich zu vergewissern, dass die Feuerspinne immer noch sicher auf seiner Schulter saß, und marschierte auf die Türöffnung zu, durch die er und die anderen hereingekommen waren … nur um plötzlich mit rudernden Armen zurückgezerrt zu werden. Barius hatte sein Seil gepackt und zog daran.
»Dein Enthusiasmus ist bewundernswert«, meinte der Prinz sarkastisch. »Wir ziehen es jedoch vor, vorbereitet zu sein, bevor wir in die in Dunkel gehüllten Eingeweide der Erde hinabsteigen.«
Jig setzte sich hin und versuchte, nicht über diese Metapher nachzudenken.
Darnak förderte aus den scheinbar unendlichen Tiefen seines Rucksacks eine Laterne zu Tage und reichte sie Barius. Jig glotzte das Utensil fasziniert an. Es war ein kleiner Metallkasten mit einer mit Scharnieren versehenen Klappe auf jeder Seite, die geöffnet bleiben oder geschlossen werden konnten, sodass Barius die Laterne bei Bedarf völlig verdunkeln konnte. Oder sie konnte, wenn nur eine Klappe offen gelassen wurde, einen Lichtstrahl in die Tunnel aussenden, der nicht so verräterisch war wie der einer Fackel.
»Ich werde voranschreiten, begleitet von unserem Goblinführer. Darnak wird hinter mir gehen, sodass er im Schein der Laterne seine Karte weiterzeichnen kann. Bruder, ich darf darauf vertrauen, dass du in der Lage bist, uns den Rücken freizuhalten? Und natürlich auch ein Auge auf unsere junge Elbe zu haben.«
Mit einem Feuerstein, den er an einem Wetzstahl rieb, ließ er Funken in die Laterne fliegen, die den Docht entzündeten; ein gelber Schein verbreitete sich im Raum. Darnak trat die wenigen noch glimmenden Fackeln aus, die die Goblins mit sich geführt hatten.
»Seid wachsam, meine Freunde.« In Barius’ braunen Augen spiegelte sich der Glanz zukünftigen Ruhmes wider, als er in den Tunnel starrte. »Wir haben die erste Attacke des Feindes zurückgeschlagen, aber sein Widerstand wird wachsen je tiefer wir uns in seine Nester wagen. Ohne Zweifel werden wir jedes bisschen Mut, jede Unze Stärke brauchen, wenn wir überleben wollen.«
Jig vermutete, dass er den Rest des Tages so weitergemacht hätte, wenn er nicht von Ryslind unterbrochen worden wäre. »Geh entweder voran, oder gib die Laterne jemandem, der dazu willens ist!«
Barius blickte verständnislos drein. Mit einem
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