Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
verständnislosen Blick zu. Was sollte die Fragerei? Josion war ihr Cousin, der Sohn von Onkel Nolan, und jeder in der Familie von Kercyan wusste, dass er ein Einzelgänger war. Damián, Guederic und Josion gehörten zwar derselben Generation an und wohnten in derselben Stadt, aber sie pflegten keinen Umgang. Was spielte das jetzt für eine Rolle?
»Es hat sich bisher eben keine Gelegenheit ergeben«, antwortete Josion gelassen. »Ich erinnere mich jedenfalls noch gut an dich.«
Guederic zögerte noch einen Moment, bevor er durch die Tür trat. Souanne schickte sich an, ihm zu folgen, aber Josion versperrte ihr drohend den Weg. Erst jetzt bemerkte Damián den Dolch in der Hand seines Cousins, den dieser bisher verborgen hatte.
»Souanne gehört zu mir«, erklärte er möglichst ruhig. »Mein Vater hat ihr befohlen, uns nach Benelia zu begleiten. «
»Sie gehört nicht zur Familie«, sagte Josion.
Souanne war sichtlich bemüht, sich zusammenzureißen und den jungen Mann nicht anzuschreien. Besorgt, dass ihr das angesichts ihrer Erschöpfung nicht allzu lange gelingen würde, sagte Damián mit fester Stimme: »Das Haus gehört der Grauen Legion und nicht der Familie von
Kercyan. Souanne hat jedes Recht, hier Unterschlupf zu suchen.«
»Du verstehst nicht«, beharrte Josion. »Wir müssen unter uns bleiben.«
»Du hast Recht, das verstehe ich nicht. Wie auch immer, es handelt sich um einen Befehl meines Vaters. Da gibt es nichts weiter zu diskutieren.«
Josion musterte Souanne mit einem so seltsamen Gesichtsausdruck, dass Damián einen Schritt zurückwich.
»Amanón hat ausdrücklich befohlen, dass sie hier mit uns wartet? Willst du mir das sagen?«
»Ganz genau. Hör zu, Josion, Souanne ist nicht irgendeine Legionärin. Sie ist Amanóns Leibwächterin und eine seiner engsten Vertrauten.«
Damián entging nicht, dass Stolz in Souannes Augen aufblitzte. Er hatte es nicht darauf angelegt, ihr zu schmeicheln, war aber froh, wenn seine Worte dazu beitrugen, die Lage zu entspannen.
Und tatsächlich gab Josion nun den Weg frei und ließ sich sogar zu einer knappen Verbeugung herab. Souanne würdigte ihn keines Blickes, als sie über die Schwelle trat. Josion schloss die Tür hinter ihr und schob den schweren Eisenriegel vor.
»Gehen wir hoch«, sagte er. »Wir haben einander viel zu erzählen.«
Damián nickte, obwohl er nicht sicher war, was er von Josion halten sollte. Sein Cousin war noch merkwürdiger als sein Ruf in der Familie. Konnte er ihm wirklich vertrauen?
Souanne hatte Hunger, ihre Füße schmerzten und ihr Körper war schwer vor Müdigkeit, aber sie weigerte sich, vor den Männern auch nur die kleinste Schwäche zu zeigen, vor allem vor dem »Ritter«, mit dem sie seit dem frühen Morgen unterwegs war. Auf keinen Fall würde sie ihm einen Vorwand liefern, sich ihr überlegen zu fühlen. Dabei konnte sie sich kaum noch auf den Beinen halten und fast keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Nachdem sie bis zum Morgen vor dem Haus derer von Kercyan Wache gestanden hatte und den ganzen Tag auf der Suche nach diesem Nichtsnutz Guederic durch Lorelia gelaufen war, schaffte sie die zehn Stufen in den ersten Stock nur mit Mühe und Not. Dem Mädchen, das oben auf sie wartete, schenkte sie ein flüchtiges Lächeln, und richtete ihre Aufmerksamkeit sofort auf die Stühle, die um einen Tisch herumstanden. So unauffällig wie möglich sank sie auf den erstbesten Stuhl und konnte sich gerade noch davon abhalten, vor Erleichterung aufzuseufzen.
Die anderen stellten sich reihum vor. Das Mädchen war eine entfernte Verwandte der Brüder von Kercyan, sie hatten dieselbe Urgroßmutter. Souanne war also tatsächlich die Einzige, die nicht zur Familie gehörte. Aber die Familiengeheimnisse scherten sie wenig, selbst wenn es sich um verborgene Schätze oder andere Reichtümer handeln sollte. Trotz ihrer Erschöpfung bemerkte sie jedoch bald, dass Lorilis völlig verloren wirkte und keine Ahnung zu haben schien, was sie in diesem Haus zu suchen hatte. Souanne hatte Mitleid mit dem Mädchen und winkte es zu sich. Dankbar nahm Lorilis neben ihr Platz, woraufhin sich auch die Brüder Kercyan und ihr Cousin an dem Tisch niederließen.
»Wie kommt es, dass ihr hier seid?«, eröffnete Damián das Gespräch. »Was habt ihr uns zu sagen?«
»Ich habe vor allem Hunger«, unterbrach ihn Guederic. »Es gibt hier nicht zufällig irgendwas zu beißen?«
»Doch! Ich kümmere mich darum!«, rief Lorilis.
Offensichtlich war sie
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