Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die goldene Galeere

Die goldene Galeere

Titel: Die goldene Galeere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
Vom Netzwerk:
Fahrna.
    »Ich habe auch noch eine Überraschung«, sagte er.
    »Halt den Mund!«
    »Wir haben gute Aussicht, Büttelborn auf - einem Reittier zu verlassen«, fuhr er unbeirrt fort.
    »Viehdieb!«
    Sadagar überzeugte sich mit einem Blick aus dem Fenster, dass das Pferd des Kuriers immer noch unter ihrem Zimmer stand. Er rülpste, wartete jedoch vergeblich darauf, dass Fahr- na ihn schalt. Sie müsste schon sehr in ihre Schriftstücke vertieft sein, wenn sie diese Gelegenheit zum Schimpfen versäumte. Der Elchwein zeitigte langsam seine Wirkung. Dennoch trank er den Krug leer, bevor er sich, angekleidet, wie er war, zurück aufs Bett sinken ließ.
    Er konnte noch nicht lange geschlafen haben, als er unsanft geweckt wurde. Über sich erblickte er das hässliche Gesicht Fahrnas. Sie wirkte zierlicher als sonst, zumindest nicht so unförmig, was darauf zurückzuführen sein mochte, dass sie zum Schlafen einige Lagen ihrer Lumpen abgelegt hatte. Sie hatte die Öllampe gelöscht, aber es war eine helle Nacht, und der Mond spendete genügend Licht.
    »Hörst du das Schreien, Sadagar?« raunte sie.
    »Sind die Caer etwa schon da?« fragte er verschlafen zurück.
    »Dummkopf. So jammert nur eine Frau, die in den Wehen liegt«, erwiderte sie.
    »Gauda?«
    »Wer denn sonst! Barba kommt erst in drei Jahreszeiten dran.«
    Sadagar war sofort hellwach. »Am besten, wir packen sofort das Nötigste zusammen«, beschloss er. »Nimm nur das mit, was wir wirklich brauchen, und verschnüre es zu zwei Bündeln. Mehr können wir nicht mitnehmen.«
    »Was hast du denn nun wieder angerichtet, dass du die Geburt von Oblatkos Kind nicht abwarten willst?« fragte Fahrna zornig.
    »Ich?« fragte er voll Unschuld. »Ich überhaupt nichts. Ich halte nur nicht viel von Gaudas Treue. Mach schon, Fahrna. Wir müssen zusehen, dass wir unsere Habe zusammenpacken. Nur für alle Fälle.«
    Fahrna gehorchte, aber ihr Mundwerk kam keinen Atemzug lang zur Ruhe. Sadagar ließ ihr Gekeife ruhig über sich ergehen. Er würde das alles und noch viel mehr ertragen wollen, wenn nur nicht.
    »Das Schreien hat aufgehört«, sagte Fahrna auf einmal. »Es ist soweit.«
    »Versuche nicht die Dämonen!« ermahnte Sadagar sie.
    Der Schweiß war ihm aus allen Poren gekommen, und dabei war ihm kalt.
    Plötzlich erschollen vom Gang trampelnde Schritte, und dann pochte jemand wild gegen ihre Tür.
    Und Oblatko rief mit donnernder Stimme: »Aufmachen, Wahrsager!«
    Sadagar gab Fahrna ein Zeichen, still zu sein, doch sie winkte ab. Es war auch unsinnig anzunehmen, dass der Wirt sich wieder zurückziehen werde, wenn sich niemand meldete. Also fügte sich Sadagar und ging zur Tür.
    Kaum hatte er sie geöffnet, als die Pranke des Wirtes zupackte und ihn auf den Gang zerrte.
    »Ich muss dir was zeigen, Wahrsager«, sagte er mit unheilschwangerer Stimme und drängte ihn vor sich her zu den Räumen, die er mit seiner Familie bewohnte. »Jetzt kannst du dich mit eigenen Augen davon überzeugen, ob du auch wirklich wahr gesprochen hast.«
    Oblatko stieß ihn in ein Zimmer. Dort waren alle acht Söhne in einer Reihe angetreten. Sie trugen nur ihre schmuddelige Unterwäsche. Im Hintergrund stand der Schultheiß neben einem zerwühlten Bett, aus dem die Knie eines abgewinkelten Beinpaares ragten. Aus dem Deckenberg erklang das Kreischen eines Neugeborenen.
    »Sieh dir meine Söhne an, Wahrsager!« wetterte der Wirt und drehte Sadagar in ihre Richtung. »Schau sie dir einen nach dem anderen genau an und sage mir, ob sie mir nicht wie aus dem Gesicht geschnitten sind. Es sind Prachtjungen, mein Stolz. Bei keinem von ihnen ist mir je der geringste Zweifel an meiner Vaterschaft gekommen. Aber nun sage mir, was ich davon halten soll!«
    Er gab dem Ortsvorsteher, der offenbar als Geburtshelfer gewirkt hatte, ein Zeichen, und Brockel griff in den Deckenberg hinein und hielt das Neugeborene an den Beinchen in die Höhe.
    Das Kind war tief dunkelhäutig und hatte gelocktes schwarzes Haar. Oh untreue Gauda, was hast du mir angetan! dachte Sadagar.
    Aber da er mit etwas Ähnlichem gerechnet hatte, fasste er sich schnell und sagte: »Also ist doch ein Schatten auf das Kind gefallen. Ich kann es mir nur so erklären, dass die Priesterschaft der näher rückenden Caer einen schlechten Einfluss auf die Geburt deines Sohnes genommen hat.«
    »Es ist ein Mädchen!« sagte Oblatko, als sei das Geschlecht viel schlimmer zu werten als die Hautfarbe.
    »Auch das noch«, sagte Sadagar bekümmert. »Aber

Weitere Kostenlose Bücher