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Die goldene Galeere

Die goldene Galeere

Titel: Die goldene Galeere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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verzweifle nicht, Oblatko. Noch ist es nicht zu spät, den Schatten von dem Kindlein zu nehmen. Der Schultheiß soll es schon waschen. Eine gründliche Waschung ist die beste Voraussetzung für einen wirksamen Gegenzauber. Immer wieder waschen! Ich treffe inzwischen meine Vorbereitungen.«
    »Alles Schwindel«, sagte Brockel. »Das ist das Kind von einem schwarzhäutigen Wilden.«
    »Nein! Nein!« kreischte Gauda.
    »Wir kriegen das hin«, versprach Sadagar dem Wirt. »Diesen Schatten nehme ich spielend von dir. Dann liegt einer strahlenden Zukunft nichts im Wege.«
    »Glaube ihm kein Wort, Oblatko!« riet der Schultheiß.
    »Und die Schande?« erwiderte der Wirt verzweifelt. »Ich muss es versuchen. Aber glaube nicht, mich täuschen zu können, Wahrsager. Wenn das Kind nicht meine Haarfarbe und meine rosige Haut bekommt, dann reiße ich dich in Stücke.«
    Sadagar kehrte zu seiner Unterkunft zurück. Oblatko begleitete ihn. Als er ihm ins Zimmer folgen wollte, sperrte ihn Sadagar mit der Begründung aus, dass Uneingeweihte bei seinen magischen Riten nicht anwesend sein durften. Oblatko blieb jedoch vor der Tür stehen.
    »Ich habe alles mitgehört«, raunte ihm Fahrna zu, nachdem Sadagar die Tür verriegelt hatte. »Schlimmer hätte es gar nicht kommen können. Was nun?«
    Sadagar sah, dass drei Bündel mit ihren Habseligkeiten bereitlagen, und ging zum Fenster. Mit einem Blick überzeugte er sich davon, dass das Pferd noch da war. Er öffnete das Fenster und kletterte hinaus. »Ich springe zuerst, und du folgst mir«, sagte er.
    Aber Fahrna weigerte sich mit der Begründung: »Ich bin eine alte Frau.«
    »Wenn du nicht willst, dann bleibst du eben zurück.«
    Ohne ein weiteres Wort sprang Sadagar in die Tiefe, unter jeden Arm ein Bündel geklemmt. Er landete geradewegs im Sattel, was er sich nie zugetraut hätte. Aber der Aufprall verursachte ihm solche Schmerzen im Schritt, dass er den Kleinen Nadomir anrief. Nur brachte das keine Linderung.
    Er rief Fahrnas Namen, und die alte Runenkundige warf ihm daraufhin das letzte Bündel zu und kam anschließend selbst aus dem Fenster geklettert. Aber sie sprang nicht. Sie hielt sich hartnäckig am Sims fest. Erst als Sadagar sich streckte und sie an den Knöcheln zu fassen bekam, ließ sie los.
    Sie fiel quer über den Hals des Pferdes und drehte sich dann so ungeschickt herum, dass sie mit dem Rücken nach vorne vor Sadagar saß und ihm ihr Gesicht zeigte. Aber er nahm diesen Anblick vorerst in Kauf, band das Pferd los und trieb es zu einem halsbrecherischen Galopp an.
    *
    »Im Schlaf braucht dein Körper von allem weniger. Sei es Nahrung oder Atemluft oder etwas Ungreifbares wie Liebe und fürsorgliche Betreuung. Was dir auch einfällt, im Schlaf braucht der Körper nur wenig oder gar nichts davon. Und dabei kann er zu Kräften kommen.«
    An diese Worte seiner Ziehmutter Entrinna wurde Mythor beim Erwachen erinnert. Er hatte sie oft von ihr gehört, vornehmlich in Zeiten der Not, wenn die Marn zu Sparsamkeit genötigt wurden und deshalb ihre ausgedehnten Ruhepausen einlegen mussten. Mythor erinnerte sich auch noch gut daran, wie wenig er vom Ausruhen gehalten hatte. Er war nie einer gewesen, der stillhalten konnte, er war zu allen Zeiten von einer Rastlosigkeit erfüllt gewesen, der die Marn nur mit Verständnislosigkeit begegneten.
    Doch als er nun im Erwachen merkte, dass er nach den vergangenen Mühen erholt und von neuer Kraft erfüllt war, erkannte er die Wahrheit dieser Worte.
    Noch bevor er die Augen öffnete, wurde er des sanften Wiegens gewahr. Er wusste schlagartig wieder, was geschehen war. Nyala, Herzog Krude und er waren von seltsamen Seeleuten aus dem sinkenden Yarlpanzer gerettet und auf deren fremdes, unheimliches Schiff geholt worden.
    Als er sich umblickte, fand er sich in einer engen, niedrigen Koje liegen. Die Kajüte war auch nicht viel größer, aber sie besaß ein Bullauge, durch das diffuses Licht hereinfiel. Dahinter herrschte dichter Nebel.
    Vorsichtig schwang er die Beine über den Kojenrand und stellte sie auf den Boden. Er lag auf dem untersten Lager und war völlig nackt. Auf dem Boden waren seine Kleider ordentlich ausgelegt. Er griff danach, und als er feststellte, dass sie trocken waren, kleidete er sich an.
    Der Fellrock und das ärmellose Lederwams wärmten ihn angenehm, und als er die Pelzstiefel anzog und sie verschnürte, kam auch die Wärme in seine Füße zurück. Erst jetzt wurde er sich bewusst, wie kalt alles in dieser Kajüte

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