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Die goldene Göttin

Die goldene Göttin

Titel: Die goldene Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Maddock
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und sie sah schnell weg. Fortune merkte, wie sie sich bemühte, die Selbstbeherrschung zu wahren.
    »Und danach gingst du ins Dorf?« fragte er.
    Sie nickte, ohne ihn anzusehen.
    »Wie weit war das von eurem Haus entfernt?«
    »Drei Wegstunden. Die beiden Alten wußten, daß ich eines Tages unter die Menschen gehen mußte, und sie hatten mich darauf vorbereitet, so gut sie konnten. Sie lehrten mich, daß es in einer Welt, wo die Menschen rasch alt werden, gefährlich sein kann, scheinbar nicht zu altem. Sie wußten natürlich, daß ich anders war, aber sie liebten mich. Solange ich nicht allzu lange an einem Ort blieb, war ich sicher. Ich nannte den Leuten ein Alter, das zu meinem Aussehen paßte; manchmal fügte ich ein paar Jahre hinzu und sagte, ich sei klein für mein Alter. So machte ich es auch in der Schenke. Dort gab ich mich für zwölf aus und sagte, meine Eltern seien tot, und ich sei mit anderen Leuten über Land gezogen, aber sie seien ohne mich weitergereist. Der Schankwirt gab mir meine Mahlzeiten und ein Lager neben der Küche.
    Die einzigen anderen Menschen auf der Welt, die mir gleich waren, die Zwillinge, waren in jenem Sommer fünf Jahre alt, und ich war zwanzig. Sie waren die meistdiskutierten Kinder auf der Welt, aber ich hatte nie von ihnen oder den Weissagungen des Manu gehört. Die Leute in der Schenke redeten wahrscheinlich über sie, aber nie soviel, daß ich mir einen Vers darauf hätte machen können. Bis zu jenem Tag.«
     
    *
     
    Nachdem sie sich von ihrer Angst erholt hatte, war Norni Katakans Armee gefolgt, entschlossen, die Zwillinge im Falle einer Niederlage des Königs zu retten. Wie sie das bewerkstelligen und was sie bei einem Gelingen mit ihnen anfangen sollte, wußte sie nicht. Wie sich herausstellte, wurde Katakans Armee geschlagen, und der tapfere Reformer endete als General der königlichen Streitmacht. Norni verbrachte die nächsten Jahre unter den einfachen Leuten ihres Glaubens an der Küste. Natürlich suchte sie Königin Saegeas’ Vater auf, den Schiffbauer Llahwen, weil sie von ihm erfahren wollte, wie es kam, daß es Menschen wie sie gab. Llahwen, vierzigjährig und einsam, konnte ihren Wissensdurst nicht befriedigen, fand aber Gefallen an ihr und nahm sie bei sich auf. So kam es, daß sie dabei war, als der schlaue Gibelnusnu Llahwens »vergiftete« Enkelin zu ihm brachte. Sie war es gewesen, die den Schiffbauer gedrängt hatte, das Land auf der Suche nach neuen Ufern zu verlassen, denn solange sie nicht seßhaft wurden, konnte niemandem auffallen, daß seine »jüngere Tochter« weit langsamer heranwuchs als andere Kinder. Zehn Jahre lang reisten sie zusammen und lernten alle Teile des Kontinents kennen, aber nirgends blieben sie länger als ein Jahr. In dieser Zeit erzählte das Zwillingsmädchen Norni alles über ihr bisheriges Leben im Palast.
    Eines Tages, kurz nachdem sie auf der Suche nach einem sicheren neuen Hafen ausgelaufen waren, erhob sich ein schrecklicher Sturm. Die Brecher überfluteten das Schiff und schlugen alles kurz und klein, bis das Schiff manövrierunfähig trieb. Llahwen und seine Enkelin wurden über Bord gespült. Bald darauf hatten die Wellen das Wrack ganz zerschlagen, und Norni wurde in die hochgehende See geschleudert. Wie durch ein Wunder fand sie ein treibendes Wrackteil, an das sie sich klammern konnte. In den nächsten beiden Tagen war sie immer wieder nahe daran, vor Erschöpfung den Halt zu verlieren und zu versinken, aber es schien, daß der Seegott selbst ihr jedesmal neue Kräfte verlieh, und schließlich wurde sie an die Küste getrieben. Vielleicht, so dachte sie, hatten die alten Leute recht gehabt, und Nodiesop hatte ihr wirklich eine besondere Aufgabe zugedacht. Noch durchnäßt und salzüberkrustet, allein an der menschenleeren Küste, gelobte sie, ihn niemals zu verraten und ihr Leben jeglicher Arbeit zu widmen, die er ihr zugedacht haben mochte.
    Zehn Jahre lang wanderte sie durch das Land, lebte unter den barbarischen Stämmen des Nordens und unter Küstenbewohnern, verdiente sich ihren Unterhalt als Tänzerin, Geschichtenerzählerin und Wahrsagerin, verbrachte Wochen allein in der Wildnis oder an verlassenen Küstenstreifen, bereitete sich auf ihre Mission vor, suchte nach einem Zeichen für die Aufgabe, die der Gott ihr gestellt hatte. Von seefahrenden Händlern erfuhr sie, was in der Hauptstadt geschah und welch zunehmender Beliebtheit sich die neue Religion erfreute, die Königin Saegeas eingeführt hatte.

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