Die goldene Königin
wieder in Richtung des Gasthauses, in dem er die Nacht verbringen wollte. Morgen war ein neuer Tag, und vielleicht würde ihm der frische Wind im Morgengrauen helfen, eine Lösung zu finden.
Mit Amandines Zügel in der Hand und dem Bild von Valentine im Kopf, bog er in die StraÃe zur Kathedrale ab. Während er sich noch um Valentine sorgte, die kurz vor der Niederkunft stand und sich nur schwer bewegen konnte, wendete sich das Schicksal auf einmal zu seinen Gunsten.
Auf dem Kirchvorplatz, nicht weit von dem groÃen Portal entfernt, wartete ein Maultier. Amandine fing an zu schreien, und das Tier antwortete.
»Fougasse! Aber ja, das ist ja Fougasse!«, murmelte Nicolas ungläubig.
Er sah, dass das Maultier, das zuvor unbeweglich dagestanden hatte, die Ohren aufrichtete und auf sie zukam. Nicolas lief zu ihr. Sie lieà sich umarmen, halten und liebkosen. Dann band er sie sorgfältig an Amandine.
»Und jetzt«, sagte er und legte seine warme beruhigende Hand auf den Hals des Tiers, »gehen wir in kein Gasthaus, bevor wir Valentine nicht gefunden haben. Du wirst mich zu ihr führen. Ich weiÃ, dass du den Weg kennst.«
Das Maultier iahte erneut und setzte sich langsam in Bewegung. Sie gingen um die Kathedrale herum, passierten den Bischofssitz sowie die kleinen dicht gedrängten Häuser der Mönche und folgten den verwinkelten StraÃen und Gässchen, bis sie sich auf einmal vor einer Tür mit einem Spitzbogen wiederfanden.
»Dies ist der Ursprung von allem«, murmelte Nicolas. »Los, meine Schönen, jetzt lasst mich machen. Wartet hier auf mich, und versteckt euch, wenn die Sache schiefgeht.«
Er trat vorsichtig vor, ging um die Mauer herum durch den Spitzbogen und fand sich in einem eckigen Hof wieder, an dessen Ende sich ein langes Gebäude erstreckte.
Der Hof war groà und verlassen, nichts regte sich. Es herrschte eine vollkommene, fast anormale Stille.
Die Tür zum Haus war von innen verriegelt. Nicolas sagte sich, dass er warten und den Erstbesten niederschlagen müsse, der aus dem Haus trat, damit er seinerseits hineinkam. Das würde nicht leicht werden, zumal er nicht wusste, wie viele sich im Haus aufhielten. Während er wartete, ging er auf der rechten Seite um das Haus herum. Die linke Seite war von einem Bretterzaun versperrt, der auf die Gasse hinausging.
Als Nicolas langsam an einer Hecke entlangschlich, die um das Haus wuchs, bemerkte er auf einmal ein Loch. Er schlüpfte hindurch, fand sich vor einem weiteren Holzzaun wieder und tastete sich daran entlang. Plötzlich stieà er mit dem Fuà gegen einen E isenring, der unter Kräutern und trockenen Blättern verborgen lag. Er musste erst das Gestrüpp entfernen, um den Ring freizulegen. Als er schlieÃlich daran zog, löste sich ein kreisförmiges Stück Erde aus dem Boden. Es lieà sich kinderleicht anheben.
Mit groÃen Augen beugte sich Nicolas vor. Der Eisenring gehörte zu einer Falltür!
Er überzeugte sich, dass niemand ihm gefolgt war, und blickte sich aufmerksam um, dann lieà er sich vorsichtig in die Ãffnung gleiten. Plötzlich stürzte er in die Tiefe und konnte sich gerade noch abstützen, als er mit dem Fuà gegen eine Wurzel stieÃ. Er rutschte langsam weiter nach unten, wobei er sich an den Seiten festhielt, und landete in einer Art Erdhöhle, aus der er sich nur schwer befreien konnte.
SchlieÃlich gelangte er an eine Steintür, die man mit einer Angel drehen musste, doch er fand keine. Sein Instinkt sagte ihm jedoch, dass er dort hindurchmusste.
Plötzlich lieà ihn ein Geräusch zurückschrecken. Er drückte sich gegen die Erdwand und sah, wie sich die Tür langsam öffnete. Nicolas blieb wie versteinert stehen. Ein Mann hielt Valentine in den Armen. Der Kerkermeister! Ja, das musste ihr Entführer sein oder ein Folterknecht, der sie in einen anderen Unterschlupf bringen sollte.
Nicolasâ Blut geriet in Wallung. Er würde diesen Mann umbringen. Ja, er würde ihn erbarmungslos töten, ohne überhaupt nachzudenken. Mit gesenktem Kopf und angespannten Muskeln stürzte er sich auf ihn. Die beiden Männer fielen auf den Boden. Valentine legte schützend die Hände auf ihren Bauch und rollte zur Seite.
»Nicolas! Oh Nicolas!«, rief sie und richtete sich mühevoll auf. Als Nicolas sah, dass seine Frau sich bewegen konnte und dass der Mann sich aufrichtete, stürzte
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