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Die goldene Meile

Die goldene Meile

Titel: Die goldene Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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schöner Frauen aus, die beobachteten, wie er mit den großen, selbstbewussten Schritten eines neuen Bobby Fischer auf den Roulettetisch zuging.
     
    Es regnete noch immer. Schenja verbrachte den halben Tag am Fenster des Kasinos, bevor er Maja am Straßenrand vor dem Leningrader Bahnhof stehen sah. Ihre launische Erscheinung erweckte den Eindruck, als wüsste sie nicht, wo sie war, oder als wäre es ihr gleichgültig. Sie schob die Kapuze ihrer Jacke zurück und hob das Gesicht zum Himmel. Ihre nackte Kopfhaut schimmerte bläulich.
    Sie war nicht sein Problem. Es ärgerte ihn nur, dass er ihr vertraut und ihr das »Peter der Große« gezeigt hatte. Dass er gegen seine eigene Regel verstoßen hatte, das Kasino bei Tag nicht zu betreten oder zu verlassen, nachts kein Licht zu machen und vor allem niemanden mit hineinzunehmen. Das Kasino war sein Reich, solange er dort allein war.
    Die Miliz stellte inzwischen keine Posten mehr vor das Gebäude. Ab und zu kam ein Streifenwagen vorbei, und die Polizisten rüttelten an dem Vorhängeschloss an der Eingangstür, aber um den Hof kümmerten sie sich niemals. Schenja erklärte es sich damit, dass sie die Kombination für das Zahlenschloss nicht kannten. Offenbar hatte das Kasino dieses Schloss in aller Eile installieren lassen, und der arme Jakow hatte solche Angst, die Kombination zu vergessen, dass er sie sich in die Handfläche geschrieben hatte. Aus irgendeinem Grund war der Fingerabdruck-Scanner nicht eingeschaltet, aber das Zahlenschloss allein genügte, um zu verhindern, dass alles, was nicht niet- und nagelfest war, mitten in der Nacht verschwand. Einstweilen sorgte das Ventilationssystem dafür, dass die Luft frisch blieb. Der Champagner stand kalt, und die Eismaschine war randvoll, sodass die Eigentümer hineinspazieren und ihr Kasino innerhalb einer Stunde wieder in Betrieb nehmen konnten.
    Für Schenja war das Kasino ein Themenpark. Tagsüber legte er sich auf den Teppich und betrachtete die funkelnden Kronleuchter und die Wandgemälde, Jungfrauen, die sich auf einen Besuch Peters vorbereiteten, der das Recht des Monarchen in Anspruch nahm, die Schönheiten seines Reiches zu verkosten, von den glutäugigen tscherkessischen Exotinnen bis zu den drallen, blauäugigen Mädchen der Ukraine. Der Maler hatte sie alle im Zustand gespannter Erwartung eingefangen.
    Nachts war der Teppich weicher als manches Bett, das er gehabt hatte. Die Spielautomaten waren Musketiere in Kaftanen mit ermunternden Tonbandstimmen: »Noch eins für den Zaren!« Schenja hob das Tuch vom Roulettetisch und sah, dass alles an seinem Platz war: blauer Filz, Plaques, Jetons und Rateau.
    Er drehte die Scheibe und warf die silberne Kugel in den verschwommenen Kreis der roten und schwarzen Zahlen. Mit gleichmäßigem Geräusch rollte die Kugel unter dem Rand herum, bis sie an Schwung verlor und klappernd über die erhabenen Rhomben sprang. Planlos hüpfte sie von einem Zahlenfach zum andern und landete schließlich auf der Zero, der Zahl des Hauses.
    Er nahm die Kugel heraus und warf sie quer durch den Spielsaal. Fegte einen Stapel bonbonfarbener 50.000-Dollar-Plaques auf den Boden. Trat gegen einen Kasten, dass ein Regen von Pokerchips durch die Luft flog wie buntes Konfetti bei einer Jubelfeier.
     

ACHT
    Als Arkadi zum Jaroslawler Bahnhof zurückfuhr, rechnete er damit, dass der Bauwagen beleuchtet wie ein Zirkuszelt sein würde. Stattdessen griffen seine Scheinwerfer ins Dunkle und fanden nur Viktor mit einer blutigen Nase.
    »Der Bauwagen ist weg.« Viktor drückte sich ein Taschentuch unter die Nase. »Oberst Rudd und seine Leute. Sie haben den Wagen auf einen Sattelschlepper gezogen. Rudd sagt, das Ding sei ein öffentliches Ärgernis.«
    »Wusste Rudd, dass er einen Tatort abschleppt?«
    »Der Oberst sagt, es gebe kein Verbrechen. Du sollst dir den Daumen in den Arsch stecken, denn er führe Vera als Überdosis. Seine Statistik gefällt ihm so, wie sie ist. Wie sieht meine Nase aus?«
    »Ist schon dabei, zu verkrusten. Was ist passiert?«
    »Gab ein bisschen Schubsen und Stoßen.«
    »Der Oberst kann nicht das gesamte Beweismaterial verschwinden lassen. Willi hat Clonidin in ihrem Magen und eine tödliche Dosis Äther in ihrer Lunge gefunden. Was ist?«
    »Ich sehe hier kein großes offizielles Aufgebot. Ich sehe nur dich und mich, mutterseelenallein.«
    »Aber es ist ein eindeutiger Mordfall, Viktor.«
    »Warum sind wir dann allein?«
    »Das ist ein Vorteil.«
    »Ein Vorteil? Ist dir klar,

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