Die goldene Pyramide
warnend durch die Stille. Instinktiv fuhr seine Hand zum Gürtel und griff nach dem Messer. Er zog es aus der Scheide, hielt die scharfe Klinge bereit und schob sich langsam und vorsichtig immer höher. Da plötzlich schoß ein Kopf auf ihn zu, ein flacher Reptilienkopf. Aus dem weitaufgerissenen Maul tropfte ekliges Gift. Blitzschnell schlug er zu, und schon fiel die gefährliche Baumschlange leblos hinab.
Fünfzehn Meter höher zuckte er erneut zusammen, und fast hätten seine Hände den Halt verloren: Das Hartnell-Gewehr sandte von unten sein glühendes Flammenbündel hinauf. Unvorstellbare Hitze packte nach ihm. Dann auf einmal schrie etwas unheimlich auf, und ein schwerer Leib stürzte polternd von oben herunter.
Zwanzig Meter höher fühlte er, wie etwas gleich einem Netz aus Spinnweben sein Gesicht streichelte, und noch gerade rechtzeitig zuckte er zurück.
Eine Baumspinne, ein aufgeblasenes, haariges, vielbeiniges Insekt hastete durch das feste Netz heran; weit riß sie die mächtigen Kinnbacken auf, und aus roten Augen starrte sie den Eindringling an. Thorn gab Feuer aus seiner Pistole, und der tödliche Strahl traf das Tier.
Aber die Gefahr war nicht vorüber. Neue Angreifer stürzten sich auf ihn, mehrere andere Spinnen krabbelten heran. Verzweifelt drückte er den Abzug immer und immer wieder, jagte Schuß auf Schuß in die krauchenden, häßlichen Leiber hinein. Ihm blieb trotz allem nur der Rückzug. Hastig kletterte er ein Stück nach unten. Endlich erkannte er unten die winzige Gestalt Scrivners. Er schrie ihm etwas zu und winkte. Der Kamerad verstand, er nickte und hob dann den langen Lauf des Hartnell-Gewehres.
Und schon sprühten Flammen aus der Mündung und schüttelten ihre Glut auf die oberen Teile der riesigen Baumkrone. Blätter gingen in Flammen auf, und Zweige zischten und wurden unter der Gewalt der überhitzten Flüssigkeit zu unsichtbarem Dampf.
Endlich hatte Scrivner ganze Arbeit getan. Thorn kletterte weiter, und beruhigt stellte er fest, daß die drohenden Insekten vollkommen verschwunden waren. Durch verkohlte, zerfetzte Aschenreste bahnte er sich seinen Weg, und schon erblickte er vor sich den ungehinderten, gesäuberten Weg zum Gipfel.
Endlich hatte er den höchsten Äst erreicht. Er suchte sich einen festen Halt und blickte sich mit scharfen Augen um. Der Regen hatte inzwischen vollkommen aufgehört. Thorn hatte gute Sicht bis zum weiten Horizont. Ein gleichmäßiges Meer aus grünen sanften Wogen erstreckte sich um ihn herum, wie die glatte Oberfläche einer ruhigen See.
Nur eine einzige Stelle machte eine Ausnahme.
Schärfer wurde sein Blick, während er darauf starrte. Er rieb sich die Augen und schaute noch einmal hin. Ja, der Unterschied war gewiß nur gering, nur ein erbärmliches Häuflein schien sich da aus dem gleichmäßigen grünen Spiegel zu erheben. Aber unverkennbar lag dort eine kleine Anhöhe. Und sorgfältig visierte Thorn die Stelle an, richtete seinen primitiven Kompaß ein und stellte die genaue Richtung fest.
Dann nickte er und machte sich daran, den langen Abstieg zu meistern.
„Ich habe tatsächlich etwas gefunden, was wohl genau das sein könnte, wonach wir Ausschau halten“, berichtete er den aufgeregt Wartenden. „Eine geringe Erhöhung, vielleicht zehn Kilometer entfernt – sogar weniger mag es sein. Ich glaube, daß wir höchstens zwei Tage bis dahin brauchen. Du, Scrivner, und ich, wir tragen die Bahre. Pat, Sie übernehmen die Führung und gehen mit dem Hartnell-Gewehr voran. Passen Sie gut auf, achten Sie auf jede ungewöhnliche Bewegung, und berühren Sie ja nichts, was Sie nicht ganz genau kennen. Vor allem aber hüten Sie sich vor explodierenden Pilzen.“
Er schlang die Arme durch die Riemen seines Packsackes, ergriff gleichzeitig das Hartnell-Gewehr, hängte es sich ebenfalls um und warf einen bedauernden Blick auf den Raketenwerfer. Resigniert schüttelte er den Kopf.
„Das Ding müssen wir leider zurücklassen. Besonders die Munition dafür ist viel zu schwer.“
„Kann ich nicht auch etwas tragen?“ Fenshaw versuchte zu lächeln trotz all seiner Schmerzen. „Eine Pistole kann ich schließlich noch halten, und ich bin kein schlechter Schütze. Bestimmt würde ich auch im Liegen treffen.“
„Ein guter Gedanke!“ Thorn drückte ihn bereitwillig eine Überschallpistole in die Hand. „Und nun müssen Sie versuchen zu schlafen, Fenshaw. Was uns bevorsteht, wissen wir nicht. Aber eines ist doch sicher: daß wir einen
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