Die goldene Pyramide
schaffen! Noch eine Nacht in dieser verdammten Hölle möchte ich nicht durchmachen.“ Er senkte den Blick und schaute das Mädchen an. Dann legte er ihr den Arm um die Schulter. „Es tut mir herzlich leid, Pat. Aber ich habe Ihnen ja gleich gesagt, es sei kaum damit zu rechnen, daß er lebend durchkäme.“
„Ja, ich weiß“, gab sie gefaßt zur Antwort. „Aber daß er hier sterben mußte, so weit von allem, was er liebte, woran er hing, allein und verlassen, keine Gesellschaft als nur diese Käfer, die …“ Plötzlich verlor sie alle mühsam gerettete Selbstbeherr schung, und ihr Körper bebte haltlos in kläglichem Schluchzen.
Aber sie faßte sich wieder, richtete sich auf und wischte sich mit einem Taschentuch die Augen. „Der Schmerz kann warten, und ich bin nun wirklich lange genug im Weltall unterwegs, um zu wissen, daß wir alle dem Tod ins Auge sehen.“ Sie blickte den hochgewachsenen Mann fest an. „Sind Sie ganz sicher, daß wir uns auf dem rechten Kurs befinden? Wäre es nicht gut, wenn einer von uns auf einen Baum kletterte und sich davon überzeugte, daß wir uns nicht verirrt haben?“
„Nein, ich halte es nicht für nötig. Wir marschieren in der bisherigen Richtung weiter.“
Einmal legten sie eine kurze Pause ein, um etwas zu essen, und ein andermal tranken sie aus den breiten Blättern, die sie als Becher benutzten, aufgefangenes Regenwasser. Immer wei ter marschierten sie, und als die schimmernde Scheibe der Son ne den höchsten Stand überschritten hatte, runzelte Pat die Stirn und blickte sich um.
„Bilde ich mir das nur ein, oder kommen wir jetzt wirklich leichter voran?“
„Es freut mich, daß Sie das auch bemerkt haben.“ Thorn machte eine Pause und blickte sich ebenfalls um. „Schon seit einiger Zeit habe ich den gleichen Eindruck. Das hemmende Unterholz ist nahezu völlig verschwunden, man sieht keine Parasitenpilze mehr und keine fleischfressenden Ranken, und seit ein paar Kilometern haben wir nicht mehr in Lebensgefahr geschwebt.“
Scrivner fluchte und ließ sich auf den weichen, dunklen Lehmboden fallen.
„Ich bin total fertig!“ stöhnte er. „Laß uns doch hier lagern und ein bißchen ausruhen!“
„Nein.“
„Warum denn bloß nicht, Thorn? Verdammt noch mal, Mensch, das haben wir nun bestimmt verdient. Ich sage dir doch, daß ich total fertig bin.“
„Auf gar keinen Fall dürfen wir jetzt Rast machen. Die Anhöhe mag nur noch einen Kilometer von unserem Standort entfernt sein. Also marschieren wir weiter: Lagern können wir, sobald wir am Ziel sind.“
„Dann wollen wir doch wenigstens ein bißchen hier verschnaufen. Wozu soll es denn gut sein, daß wir uns die Seele aus dem Leib rennen, bloß um ein paar Minuten eher da zu sein?“
Thorn öffnete schon den Mund, um Einspruch zu erheben; aber da erkannte er dunkle Ringe unter den Augen des Mädchens, und ihm fiel auf, wie verhärmt und erschöpft Pats Gesicht aussah. So besann er sich eines besseren, nickte und ließ sich neben dem Kameraden ebenfalls zu Boden fallen.
„Also sagen wir: fünfzehn Minuten Pause“, rief er. „Aber keine Minute länger. Und während der Rast überprüfen wir unsere Waffen.“
Sorgfältig untersuchten sie die Gewehre, entluden die Magazine und luden sie von neuem, prüften den Bestand an Munition und teilten die restlichen Ladungen. Pat seufzte auf.
„Wie friedlich scheint hier doch alles zu sein“, murmelte sie. „Niemand würde ahnen, daß eine solche Schönheit so drohende Gefahren bergen könnte.“
Thorn war fertig mit dem Waffenappell. Er ließ sich auf den Boden sinken und starrte nachdenklich in die grüne Dämmerung zwischen den großen Baumkronen. Stille sank über sie, hüllte sie ganz ein, und plötzlich merkte er, daß er um ein Haar eingeschlafen wäre. Hastig fuhr er auf, setzte sich hin und rieb sich die Augen.
„Es wird höchste Zeit, daß wir weiterkommen!“ Er streckte dem Mädchen die Hand hin, um ihr aufzuhelfen. Da sah er, daß Pat fest eingeschlafen war.
Scrivner spuckte aus und wischte sich mit dem Handrücken über den Bart.
„Na, Thorn, hast du einen Entschluß gefaßt?“
„Was für einen Entschluß meinst du denn?“
„Wegen der Beute, meine ich natürlich.“ Der kleine Bursche blickte verkniffen zu dem Mädchen hinüber. „Willst du sie beteiligen, oder hast du der Kleinen da einen passenden Unfall zugedacht?“
„So wie ihrem Vater?“ Eiskalt starrte Thorn seinen Kamera den an. „Wenn dem Mädchen etwas zustößt,
Weitere Kostenlose Bücher