Die Goldhaendlerin
Worten, dass Ruben ben Makkabi von nun an die Zügel in die Hand zu nehmen gedachte, und verzog das Gesicht. Seine Befreiung von Lea hatte er sich anders vorgestellt, aber er tröstete sich damit, dass er von nun an offiziell das Haupt der Familie war und seine Schwester ihm in Zukunft gehorchen musste.
Siebter Teil
Heimkehr
1.
Als Lea Hartenburg verlassen hatte, war es Spätsommer gewesen und die Landschaft hatte von der langen Hitze staubig gewirkt, bei ihrer Rückkehr aber prangten Wald und Flur in den frischen Farben des Frühlings. Diese Jahreszeit hatte Lea immer besonders geliebt und war dann gerne auf Reisen gegangen. Diesmal aber schenkte sie weder dem zarten Grün des Weinlaubs noch den mit weißen Blüten überzuckerten Apfelbäumen einen Blick, und sie hatte auch kein Ohr für den Gesang der Vögel in den Zweigen. Je näher sie der Heimat und damit der Trennung von Orlando kam, umso tiefer kroch sie in sich hinein, bis sie sich wünschte, sie wäre tot. Dabei hätte sie glücklich sein müssen, dass ihr Spanienabenteuer ohne größere Probleme zu Ende gegangen war.
Auf dem Ritt nach Santa Pola hatte sie sich immer wieder zu der Idee beglückwünscht, um die Begleitung ihrer vier burgundischen Freunde gebeten zu haben, denn sie waren einige Male Reitern begegnet, die so aussahen, als hielten sie die Reisegruppe unter Beobachtung, und kleinere Trupps von Bewaffneten hatten ebenfalls ein verdächtiges Interesse an ihnen gezeigt. Eingedenk des Streichs, den sie Alvaro de Arandela gespielt hatte, hatte sie ihren Begleitern gleich zu Beginn der Reise vorgeschlagen, nur von den eigenen Vorräten zu leben und den mitgeführten Wein mit Wasser aus Quellen zu verdünnen, um nicht hereingelegt zu werden.
Van Grovius hatte de Poleur, de la Massoulet, van Haalen und von Kandern nur mitgeteilt, Königin Isabella selbst habe den Wunsch geäußert, dass sie Léon de Saint Jacques begleiten und unterwegs beschützen sollten, und so erfuhren die vier erst während des Ritts, um was es ging. Lea hatte sich nicht lange mit Erklärungen aufgehalten, sondern ihren Freunden nur gesagt, sie müssten einen Mann abholen und beschützen, der sich den Herzog von Montoya zum Feind gemacht hatte. Da die vier Burgunder sich nur allzu gut an die Gefangenschaft im Kloster San Isidro bei Sanlúcar erinnerten, fragten sie nicht weiter, sondern setzten kampflustige Mienen auf und hielten die Hände in der Nähe ihrer Schwertgriffe.
Jetzt, nachdem alles vorbei war, vermochte Lea nicht zu sagen, ob ihre Vorsicht oder die Bereitschaft ihrer Freunde, sie zu verteidigen, sie heil in der Festung von Santa Pola hatte ankommen lassen. Damals war sie innerlich auf alles vorbereitet gewesen, aber es war glatter gegangen, als sie es sich hatte vorstellen können. Don Julio Vasquez de Frugell, der Kommandant der Festung von Santa Pola, hatte dem Befehl der Königin widerspruchslos gehorcht und ihr Orlando ohne Zögern übergeben, obwohl Alvaro de Arandela, der kurz vor ihnen dort eingetroffen sein musste, scharf protestiert und ihm Vorhaltungen gemacht hatte. Zu seinem Pech hatte Montoyas Wachhund den burgundischen Edelmann de Saint Jacques nicht mit der Weinhändlerin von Bereja in Verbindung gebracht, daher hatte ihm das einzig handfeste Argument gefehlt, welches ihm beim Kommandanten der Festung hätte Gehör verschaffen können.
Bei der Erinnerung an Arandelas zornrotes Gesicht musste Lea viele Wochen später noch lächeln. Der Mann hatte sich ihr und dem freigelassenen Orlando mit blanker Klinge in den Weg gestellt, war aber angesichts der drohend erhobenen Schwerter der jungen Burgunder zurückgewichen und hatte sich mit hilflos obszönen Gesten und Beschimpfungen begnügt. Wäre es den Flüchen nach gegangen, die er der Gruppe nachgebrüllt hatte, hätte sich die Hölle zu ihren Füßen auftun und Satans Dämonen sie bei lebendigem Leib zerreißen müssen.
An jenem Tag war Lea so glücklich gewesen wie noch nie in ihrem Leben, und sie hatte keinen weiteren Gedanken an Montoyas Kreaturen und die Gefahren verschwendet, die von ihnen ausgingen, sondern nur Augen für Orlando gehabt. Er war zwar stark abgemagert gewesen und hatte sich vor Schwäche kaum auf seinen Füßen halten können, war aber sonst unverletzt geblieben. Lea erinnerte sich selbst nach all den Wochen der Reise noch gut an den Augenblick, in dem er von zwei Wächtern in das Arbeitszimmer des Festungskommandanten geschoben wurde, und sie wusste, sie würde dieses Bild bis
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