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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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gesehen!«

    »Wer selber Gold machen kann, der ist dieses Anblicks ebenso würdig wie ein Herzog oder ein gekröntes Haupt.Wenige verfügen bei den Metallen über Eure Macht, Heliodor.«
    Aurelia drehte sich, tat überrascht und bewunderte die Schätze mit fahrigen Gesten und staunenden Augen. »Selbst wenn ich Gold machen kann, niemals könnte ich derlei Kunstfertigkeit erschaffen.« Sie legte vor dem Tisch mit der geschnitzten Stadt aus Elfenbein und Ebenholz die Hand aufs Herz.
    »Beinschneider gibt es genug in den Städten meines Reiches.« Der Kaiser brummte verächtlich. Er zeigte auf die vielen weißen Tiere und schwarzbraunen Häuschen in der winzigen Stadt. »Ein Kalif hat sie mir gesandt, weil man an seinem Hofe von meiner Sammelleidenschaft gehört hat.« Er lachte leise. »Die Welt hält mich für geizig, weil ich nicht prunke an meinem Hof wie die Bayern, keine Gelage liebe wie die Sachsen und nicht herumhure wie die Kurfürsten in der Pfalz.Was weiß die Welt schon von ihrem Kaiser? Seht meine Schätze, Heliodor. Ist ein Kaiser etwa geizig, der sich dies leistet?«
    Aurelia schritt vom Silber- zum Goldtisch. Inständig hoffte sie, dass die Lücken, die ihr Raub hier gerissen hatte, dem Kaiser nicht auffielen. »Keinen größeren Schatz in der Welt vermag ich mir zu denken.«
    »Der Papst in Rom mag über mehr verfügen. Oder der König in Frankreich. Doch das ist mir gleich.« Der Kaiser ließ seine Hand durch den Quell von Perlen gleiten.
    Das klackende Geräusch rieselte Aurelia kalt den Rücken hinunter. Noch drei Schritt, und der Kaiser würde ihr seine goldene Jagdmeute und seine Schachfiguren zeigen wollen und – gewiss die verschwundenen Bauernfiguren bemerken. Ihre Knie wurden weich, sie rang das Zittern in ihren Händen nieder. Hätte sie doch nur in jener Nacht länger überlegt und nichts als Edelsteine mitgenommen.

    »Warum ich Euch das zeige, Heliodor … Könnt Ihr Silber von solcher Farbe schaffen?« Er zeigte auf einen besonders strahlend reinen Pokal. »Oder Gold von jenen drei?« Mit der ausgestreckten Hand zeigte er auf den Goldtisch, wo gleich vorn drei Frauenfiguren standen. »Rötlich für die junge Maid, gelb für die Mutter, weiß für die Greisin?«
    »Gelb ist jenes Metall der Großen Wandlung, wie Ihr sie erlebt habt.« Sie würde das neue Gold noch vorsichtig zu einem Barren umschmelzen, sobald sie ins Laboratorium gelangte. »Rötlich ergibt sich leicht durch etwas Kupfer.« Sie suchte nach etwas, um den Kaiser von dem Goldtisch abzulenken. »Doch für das weiße, helle bedarf es einer sehr seltenen Steinerde. Man nennt sie Rettichgrund.«
    »Ich kaufe sie Euch.«
    Sie seufzte betont auf. »Wenn es so einfach wäre. Nicht einmal die Venezianer handeln mit ihr.«
    »Warum nicht? Die handeln doch mit allem, was es unter Gottes Himmel gibt.«
    »Schon. Aber nur ein Alchemicus weiß, was mit Rettichgrund zu tun ist.« Ein Hoffnungsschimmer bemächtigte sich Aurelias. »Und nur ein Alchemicus weiß, wo Rettichgrund zu finden ist.«
    »Oh ja, die Geheimnisse von Mutter Erde sind tief.« Der Kaiser blies die schlaffen Wangen auf. »So macht mir zuerst Gold für den Krieg um Wien und vielleicht noch für jenen gegen die Ungarn. Danach füllt Ihr mir die Kammer mit meinem liebsten Gold. Hell und weiß soll es sein.«
    Wieder machte er einen Schritt weiter in der Runde und kam vorm Silbertisch zu stehen. »Weißgold, das niemals so anläuft wie mein Silber.«
    Noch einen Schritt zu den Goldfiguren, und Aurelia war verloren. Ihr Kinn begann zu zittern, sie biss heftig die Zähne zusammen, ihre Geisteskraft durfte sie nicht ausgerechnet jetzt
verlassen. Sie wandte den Kopf und tat so, als ob sie die Perlen am Füllhorn bewunderte.
    Auf einem Stirnstein in der Wand, der zwei Bögen des Gewölbes hielt, war des Kaisers Signum AEIOU eingemeißelt.
    »Ihr kennt die Bedeutung, Alchemicus«, schmunzelte der Kaiser, der ihrem Blick gefolgt war.
    Aurelia hatte die Zeichenfolge schon im Palast prangen sehen. Tief aus ihrer Seele raunten ihr mütterliche Stimmen etwas zu oder gar die der Prophetissa selbst. Ihr Geist konnte kaum begreifen, was da gemurmelt wurde, doch sie sprach es einfach aus: »Die Leute sagen, Ihr wollet Folgendes abkürzen: Austriae est imperare orbi universo . Der Wahlspruch soll ausdrücken, dass es die Bestimmung Eures Hauses Habsburg sei, die Welt zu beherrschen. Dass alles Erdreich dem Kaiser aus dem Hause Österreich untertan ist.« Dann verbeugte sie sich tief.

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