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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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gepolsterten Lehnstuhl gegenüber der polnischen Herrscherin Platz.
    »Ich hoffe, ihr bleibt noch recht lange in Krakow.«
    Cristin dachte an den Grund ihrer weiten Reise. »Wie lange wir bleiben, kann ich noch nicht sagen. Aber wenn Ihr es wünscht, Majestät, nehmen wir Eure Einladung gern an.«
    Jadwiga wiegte nachdenklich den Kopf. »Das freut mich. Allerdings weichst du mir aus, Agnes. Wirst du meine Heilerin sein, solange ihr euch bei Hofe aufhaltet?«
    Cristin spielte mit dem fein gewebten Leinen des Gewandes, das ihr kostbarer erschien, als alles, was sie zuvor getragen hatte. »Das wird leider nicht gehen, Hoheit.« Ihre Wangen glühten. »Ich habe mir geschworen, nicht mehr …« Sie stockte und schalt sich in Gedanken für ihre Worte. Wie konnte sie es wagen, sich dem Wunsch der Königin zu widersetzen? »Bitte verzeiht. Ihr seid so gut zu uns, aber …«
    »Was, Agnes?«
    »Ich bin keine Heilerin, Majestät, und ich möchte auch keine sein.«
    Ein Blick aus Augen von der Farbe dunklen Bernsteins ließ sie verstummen. »Du bist keine Heilerin? Was bist du dann?«
    »Nur eine einfache Frau auf Reisen.«
    Die Regentin lachte hell auf. »Ach ja? Das mögen dir andere glauben, mich dagegen kannst du nicht an der Nase herumführen.«
    Cristin fuhr hoch. »Majestät, bitte. Ihr dürft nicht denken, dass ich …«
    Jadwiga setzte sich auf und griff nach ihrer Hand. »Was ich denke, tut nichts zur Sache, Agnes mit dem guten Herzen. Aber was ich mit eigenen Augen sehen kann, ist eine Frau, die weit mehr ist als eine einfache Reisende. Du bist fähig, anderen Menschen etwas sehr Wertvolles zu geben, nämlich Hoffnung und Linderung ihrer Gebrechen. Sag mir, warum weist du diese Gabe von dir?«
    »Weil sie eine Last ist, die ich nicht tragen möchte, Hoheit. Weil sie ihren eigenen Regeln folgt und nicht meinen Wünschen«, brach es aus Cristin heraus. Sie erhob sich, trat an eines der hohen Fenster und blickte hinaus, ohne jedoch etwas von der Schönheit der malerisch zu den Füßen des Schlosses gelegenen Stadt wahrzunehmen. Aufgewühlt bis ins Innerste, kämpfte sie gegen die aufsteigenden Tränen an. »Und weil diese Gabe, wie Ihr sie nennt, des Teufels ist und ihretwegen in meinem Land Menschen geächtet und sogar umgebracht werden!«
    »Des Teufels?« Das Lachen der Königin klang bitter. »Ja, Agnes, so wird gesprochen, und das nicht nur in deinem Land. Trotzdem frage ich mich: Wie kann dies ein Werk des Leibhaftigen sein, wenn nur Gutes daraus entsteht?«
    Cristin drehte sich verblüfft um.
    Jadwigas Stimme klang sanft. »Wie ich sehe, kannst auch du mir diese Frage nicht beantworten. Heißt es in der Heiligen Schrift nicht, dass des Menschen Gesundheit von Gott kommt? Hat nicht auch unser Herr viele Menschen geheilt, als er auf Erden wandelte? Und wurden nicht sogar jene wieder gesund, die Schweißtücher des heiligen Paulus auf ihren kranken Leib legten? Sag mir, Agnes, bist du eine Christin?«
    Sie nickte.
    »Dann denke nie wieder, dass es der Teufel ist, der durch dich wirkt! Gebrauche die Gabe, die dir geschenkt wurde.«
    Mit angehaltenem Atem lauschte Cristin den Worten der polnischen Königin und schüttelte dann den Kopf. »Ich kann nicht. Bitte! Schon einmal habe ich versagt.« Sie presste die Lippen aufeinander, damit ihr nicht mehr entschlüpfte, als klug wäre.
    Mit einer Hand bedeutete Jadwiga ihr, sich an ihr Bett zu setzen. »Ich werde nicht in dich dringen. Du wirst Gründe haben, wenn du nicht darüber reden möchtest. Aber sei dir meiner ewigen Dankbarkeit gewiss, solltest du deine Meinung jemals ändern.« Zu ihrer Überraschung drückte die Königin einen zarten Kuss auf ihre Hand. »Ich weiß, was Herzeleid bedeutet, Agnes. Auch ich kenne Seelenqualen, die einen des Nachts nicht schlafen lassen.«
    »Ihr?« Aufmerksam betrachtete Cristin das kluge, fein geschnittene Gesicht, über das nun Schatten huschten, die von tiefem Leid und ungestillten Sehnsüchten kündeten. Welche Kümmernisse mochten die Königin belasten, eine Frau, die in Reichtum herangewachsen war, mehrere Sprachen beherrschte und alles bekommen konnte, was sie begehrte?
    Jadwiga seufzte und strich über Cristins Finger. »Ich bin eine Frau wie du«, sagte sie, als hätte sie Cristins Gedanken erraten. »Auch wenn mein Leben in anderen Bahnen verlaufen sein mag als deines.« Die beiden Frauen schwiegen, doch die Stille wirkte nicht bedrückend. »Nichts von dem, was wir uns erzählt haben, wird diese Wände verlassen, das

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