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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Selbstzweifeln zu martern, und nun mach ein anderes Gesicht. Nur ein Narr könnte glauben, du bist eine Hexe.« Piet kicherte hinter vorgehaltener Hand.
    In diesem Moment war er wieder der Gaukler, ein in bunte Kleider gehüllter Spaßmacher, der mit einem Lächeln die Herzen der Menschen im Sturm eroberte und sie mit seinen Possen zum Lachen brachte.
    Voller Zuneigung sah sie zu ihm auf. Ihr kam es wie eine Ewigkeit vor, seit sie ihn in Lübeck auf dem Marktplatz das erste Mal gesehen hatte.
    Piet, Baldo und Cristin saßen nahe des Kamins in ihrer Kammer an einem kleinen Tisch, auf dem Becher mit gutem Burgunderwein standen, die Königin Jadwiga ihnen durch Ewa hatte schicken lassen. Cristin nippte daran und leckte sich über die Lippen. Dieser Tropfen war so ganz anders als die Würz- oder Honigweine, die sie von früher kannte. Sie musterte die beiden Männer, die ihre langen Beine ausgestreckt hatten, es ihr gleich taten und das edle Getränk genossen.
    »Morgen breche ich zu einer Belustigung in Krakow auf, die über mehrere Tage stattfinden soll«, verkündete Piet und zwinkerte. »Das gibt mir die Gelegenheit, mich umzuhören, ob noch weitere Mädchen vermisst werden. Als Narr ist es einfach, mit anderen ins Gespräch zu kommen.«
    »Das glaube ich dir gern«, erwiderte Baldo. »Besonders mit den jungen Weibern, nicht wahr?« Er rollte mit den Augen. »Sie folgen dir ja wie Schatten.«zu
    »Nur kein Neid, mein Freund«, erwiderte Piet trocken.
    »Gut, Piet«, antwortete Cristin, ohne auf die Frotzeleien der Männer einzugehen. Ihr war nicht nach Späßen zumute. »Solange es noch nicht zu kalt ist, wäre es schön, wenn du dich auf Märkten oder Festen erkundigen könntest.« Sie seufzte. »Wenn wir nur wüssten, wo wir suchen sollen oder wenigstens die Sprache beherrschen würden.« Grübelnd zog sie die Stirn in Falten.
    »Ich werde tun, was ich kann«, versprach ihr Bruder. »Ein paar Freunde könnte ich schon gebrauchen …«
    »Sei nur vorsichtig«, unterbrach ihn Baldo scharf. »Wir dürfen nicht auffallen, hörst du?« Er nickte Cristin zu. »Ich mische mich unters Volk und werde überall dort sein, wo die Bauern sich aufhalten. Unter den einfachen Leuten werden wir am ehesten etwas in Erfahrung bringen, was meinst du?«zu
    »Das mag sein, Baldo. Ich werde über Ewa versuchen, etwas herauszubekommen, vielleicht kann sie mich anderen Bediensteten vorstellen. Außerdem plaudern Spinnerinnen und Weber gern während der Arbeit.«
    Auch wenn das Gespräch alsbald wieder fröhlich dahinzuplätschern schien, bei Cristin wollte keine gute Laune aufkommen.
     
    Obwohl Jadwigas Zustand sich rasch besserte und ihre Beschwerden nach einigen Tagen gänzlich verschwunden waren, machte Cristin sich Gedanken, was die Ursache für die immer wieder auftretende Krankheit der Königin sein könnte. Jadwiga hatte von Seelenqualen gesprochen, aber sie darauf anzusprechen, stand ihr nicht zu. Gewiss gab es andere Möglichkeiten, Näheres über Jadwigas Gemütszustand herauszufinden. Als Ewa verlauten ließ, der Wunsch der Königin nach Leibesfrucht sei wieder nicht erfüllt worden, geriet Cristin ins Grübeln. Jadwiga und ihr Mann waren schon seit vielen Jahren verheiratet und immer noch kinderlos.
    Sie vermochte sich lebhaft vorzustellen, wie schmerzlich das für die Königin sein musste, bestand ihre Hauptaufgabe doch darin, für Nachkommen zu sorgen, die später einmal den Thron besteigen sollten. Jagiello, der 1384 nicht nur um ihre Hand angehalten, sondern sich somit auch um die polnische Krone beworben hatte, war seiner Gemahlin rechtlich ebenbürtig. Cristin hatte gehört, dass es bei Königen durchaus üblich war, sich unter den Hofdamen eine oder mehrere Mätressen zu halten, und sie hatte keinen Grund, daran zu zweifeln, dass auch Jagiello so verfuhr und längst etliche königliche Bastarde in die Welt gesetzt hatte. Aber das war nicht dasselbe. Ein Kind für Jadwiga musste her. Auch Lukas und sie hatten lange auf den ersehnten Nachwuchs gewartet, bis Elisabeth auf die Welt gekommen war. Auf den Schultern dieser Königin lastete jedoch die Verantwortung für ein ganzes Volk. Vielleicht sollte ich ihr Tränke bereiten, die ihre Fruchtbarkeit steigern, dachte Cristin. Piet hatte ihr erzählt, ihre Mutter habe damals einigen jungen Frauen helfen können. Nein, solange Jadwiga sie nicht darum bat, wäre das ein ungehöriges Eingreifen in das Privatleben des Königspaares.
    Jagiello war nach Aussagen einiger Bediensteter

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