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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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»Kapitän, bitte …«
    Krämer versetzte ihm die nächste Ohrfeige, packte den Mann an den Haaren und zerrte ihn zum Bug des Schiffes. »Wird’s bald, Willberg?«
    »Ich … ich sag … sag ja schon alles.« Cristin beobachtete, wie der Kapitän den Kerl in den Schwitzkasten nahm. »Ich … ich wusste, dass wir wie geplant die Insel Uznjom bei Nacht passieren würden. Zwei weitere Kerle sollten sich im Schutz der Dunkelheit in einem Boot nähern und die Fracht an Land bringen, zu einer Herberge in Neukrug, von wo aus sie von denen auf dem Landweg weitertransportiert werden sollten. Mehr weiß ich nicht, ich schwöre!«
    Krämer hielt Willberg weiterhin fest umklammert. »Nun, der Plan scheint nicht aufzugehen, nicht wahr?«, erwiderte der Kapitän und blickte sich um. Sein Blick traf Cristin. »Bremer – Ihr sagtet, das sei auch Euer Name.«
    Sie nickte, noch immer erschüttert. Krämer brauchte nicht zu wissen, dass sie Lynhard kannte. »Ja. Der Name ist weit verbreitet in unserer Gegend.« Sie konnte ihren eigenen rasenden Puls an den Schläfen fühlen und hoffte, ihm war das Zittern ihrer Stimme entgangen.
    »Nun gut.« Der Kapitän musterte seine Mannschaft, die mit hinter den Rücken verschränkten Armen auf seinen Befehl wartete. »Preen, Broders und Stük – greift euch den Kerl und lasst ihn die Knute spüren!«
    Die Angesprochenen lösten sich aus der Schar der Umstehenden und packten den Verräter, um ihm blitzschnell die Jacke und das Hemd herunterzureißen. Zwei der Piraten drückten den sich heftig wehrenden Kerl gegen die Reling und hielten ihn fest, der andere flüsterte einem weiteren Mann aus der Mannschaft etwas ins Ohr. Dieser lief los und kam wenig später zurück, wobei er etwas in die Höhe hielt. Cristins Augen weiteten sich. Es war eine neunschwänzige Katze, die der Mann durch die Luft sausen ließ. Schon klatschten die Riemen aus geflochtenem Tau mit einem schrecklichen Geräusch auf Willbergs Haut. Er schrie auf, als erste Striemen sich auf seinem Rücken zeigten. Zwei weitere, noch kräftigere Schläge, und seine Haut platzte auf. Als dem Mann das Blut in schmalen Rinnsalen über den Rücken lief, wandte Cristin sich ab.
    Dem Anblick des blutenden Mannes konnte sie sich entziehen, seinen gellenden Schmerzensschreien und den Rufen der Männer, die den Mann mit der Knute anfeuerten, jedoch nicht.
    »Ihr müsst Euch das nicht ansehen, Frau Bremer.« Von Krämer fasste nach ihrem Arm. »Steigt mit den anderen Frauen wieder hinunter in den Laderaum.«
    Cristin sah zu den beiden hinüber. Zusammen mit Kapitän Gottfried und den anderen Gefangenen beobachteten die jungen Frauen aufmerksam, was mit dem Mann geschah, der sie gegen ihren Willen auf das Schiff verschleppt hatte. Die Mädchen wirkten nicht besonders helle, aber sie waren hübsch und jung – genau die Art von Mädchen, die sich leicht durch Geschenke und schmeichelnde Worte beeindrucken ließen. Cristin hoffte, dass die beiden ihre Sprache verstanden, damit sie mehr über das erfahren konnte, was ihnen widerfahren war.
    »Was geschieht nun mit ihnen?«
    »Was glaubt Ihr?« Die Lippen des Kapitäns verzogen sich zu einem Lächeln. »Natürlich werde ich sie morgen freilassen, Euch alle.«
    »Ihr lasst uns tatsächlich frei?«
    Von Krämer lächelte. »Überrascht Euch das? Glaubt Ihr, ich hätte die gute Erziehung vergessen, die mir auf dem Rittergut meines Vaters zuteilwurde?«
    Die Schmerzensschreie des Ausgepeitschten waren verstummt. Cristin und die beiden Frauen hatten sich in eine Ecke des Laderaums zwischen ein paar Tuchballen zurückgezogen. Glücklicherweise waren sie der deutschen Sprache mächtig, und so erfuhr Cristin, dass die Frauen Freundinnen waren, Paulina und Karolina hießen und aus dem Norden Polens stammten. Auf einem Marktplatz, auf dem die beiden Bauerntöchter Pastinaken und anderes Gemüse feilboten, hatte ein älterer, hinkender Mann sie gebeten, die großen Körbe mit den von ihm erworbenen Waren zu seinem Wagen zu bringen. Es solle ihr Schaden nicht sein, hatte der Mann ihnen in polnischer Sprache versichert. In Erwartung eines Trinkgelds gingen die beiden Frauen auf das Angebot ein und trugen die Körbe zu einem Planwagen, der in einer Gasse wartete. Ein zweiter, freundlich winkender Mann saß auf dem Kutschbock und sprang herunter, als sie an den Wagen traten und die Körbe abstellten. In diesem Moment geschah es.
    »Wir wurden gepackt von hinten«, berichtete die blonde Paulina stockend, noch immer

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