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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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neben dem Besitz befand. Hier wohnte wahrscheinlich Küppers’ Kinderfrau. Der Hund war schwerer als erwartet. Baldo schlich weiter, und die Stimmen wurden lauter. Ein drohendes Knurren aus der Hundekehle ließ ihn ruckartig stehen bleiben, Nacken- und Rückenhaare des Tieres sträubten sich. Baldo lehnte sich an die Wand des Hauses und hielt dem Tier mit einer Hand vorsichtig das Maul zu. Er lauschte mit angehaltenem Atem. Da! Eine dunkle, eindeutig männliche Stimme, die aus einem Fenster zu ihm herüberdrang. Baldo konnte den schnellen Herzschlag des Tieres unter seiner Hand spüren.
    »Wie stellst du dir das vor? Ich kann doch nicht einfach …«, war die Stimme, die nun etwas atemlos klang, zu hören. »Außerdem bin ich Arzt und kein …«
    Jemand lachte rau. »Wir haben Vertrauen in deine Fähigkeiten, lieber Freund. Lass dir etwas einfallen.«
    »Aber …«
    »Was gibt’s da noch zu überlegen, Konrad? Unser Angebot ist überaus großzügig, meinst du nicht auch?« Die leicht lispelnde Stimme klang einschmeichelnd. Offenbar handelte es sich hier um ein Geschäftsgespräch, doch irgendetwas an der Art, wie der Lispler gesprochen hatte, machte Baldo hellhörig.
    »Ja, sicher. Meinst du, das ist so einfach? Man muss sehr vorsichtig vorgehen, damit es nicht auffliegt. Oder hast du etwa gedacht, ich setze meinen Ruf aufs Spiel? Wenn diese Sache rauskommt, landen wir alle am Galgen!«
    »Nicht so laut, Konrad!«
    Baldo versteifte sich.
    »… Bremer … jedenfalls aus dem Weg geschafft werden, ansonsten …«, raunte ein anderer Mann.
    Bremer? Baldo kaute an seinem Daumennagel, wie er es immer tat, wenn er erregt war. Bremer. Der Name kam ihm bekannt vor. Hieß nicht der Kaufmann aus der Hunnestrate so? Führte er nicht dort eine Goldspinnerei? Aus dem Weg schaffen? Er musste sich verhört haben. Nein, das konnte nicht sein! Dafür musste es eine einfache Erklärung geben. Selbst schuld, was schleiche ich auch hier herum und belausche Gespräche, die mich nichts angehen, schalt er sich, während er den Hund an sich drückte. Er verließ seinen Platz und stahl sich zurück in Richtung Sandstrate. Trotzdem, hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. Schnaufend blieb er stehen. Das Tier zitterte. In einer halben Stunde hat der arme Kerl es überstanden, beruhigte Baldo sein Gewissen. Er überquerte die Straße, um den Weg zum Burgtor einzuschlagen. Menschen gingen achtlos an ihm vorüber. Sie hatten ihr Tagewerk beendet und wollten nach Hause. Die Schatten wurden länger, er musste sich beeilen, wenn er rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit daheim sein wollte. Am liebsten hätte Baldo den Hund abgesetzt, doch vermutlich wäre der Kleine einfach stehen geblieben.
    Er passierte das Burgtor. Bald würden die Torwächter die schweren Flügel schließen, dann kam niemand mehr in die Stadt hinein oder aus ihr hinaus. Schnell lief er weiter. Da war er, der Schindacker. Ein karges Feld, auf dem sein Vater und er diejenigen begruben, die ein Stück weiter auf dem Köpfelberg ihr Leben am Galgen oder unter dem Rad ausgehaucht hatten. Der düstere Eindruck des Ortes wurde noch durch dunkle Sturmwolken verstärkt, die sich am Himmel türmten. Ein Schwarm Krähen zog kreischend seine Kreise über dem Platz und ließ sich auf einer schlanken Linde nieder. Kräftiger Wind fegte ungehindert über das Feld und machte das Gehen beschwerlich. Zu seiner Linken konnte Baldo einige frische Erdhaufen ausmachen. Er setzte den Hund ab, holte tief Luft und bückte sich nach einem dicken Ast von halber Armeslänge. Schwer war er, eine tödliche Waffe.
    »Komm, Hund. Ich verspreche dir, es wird ganz schnell gehen.« Baldos Stimme brach. Der Hovawart winselte leise, hob den Kopf, als ob er wüsste, welcher Kampf in Baldo tobte. Der fühlte plötzlich, wie eine feuchte Zunge begann, seine Hand abzulecken. Treue Augen sahen ihn an. »Verflixt!« Er ließ den Knüppel fallen. Warum sollte er den Hund erschlagen? Er wirkte gesund, nur ein wenig verängstigt. »Schon gut«, murmelte er, strich dem Tier über das zottelige Fell und wandte dem unheimlichen Ort den Rücken zu. In diesem Moment setzte heftiger Schneeregen ein und peitschte ihm ins Gesicht, als missbilligte er seine Entscheidung. Wenn Vater ihn findet, wird er ihn eigenhändig erschlagen, dachte er und biss sich so heftig auf die Unterlippe, dass sie blutete. Ob er ihn bei Hans lassen konnte? Der Regen drang durch seine Kleider, tropfte aus seinen Haaren hinab in den Nacken und ließ

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