Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)
als Lüttke den Namen meines Schwagers nannte, bevor wir Euch aufsuchten und baten, mit uns zum Haus des Salzhändlers zu kommen.«
»Wenn das wahr ist, mögen sie vortreten und dies vor dem hohen Gericht bezeugen.« Büttenwart massierte sich die Nasenwurzel.
Paulina und Karolina näherten sich und blieben vor dem Vogt stehen. Nachdem dieser ihnen einen Wink gegeben hatte, begannen sie abwechselnd und mit stockender Stimme ihre Geschichte zu erzählen. Wie sie auf dem Marktplatz in Polen von Klingbeil, dem Mann mit dem Feuermal auf der Stirn, angesprochen und fortgelockt wurden. Wie sie gewaltsam auf einen Karren gehievt und mithilfe eines Mannes namens Willberg verschleppt und gefesselt worden waren und von ihrer Angst, die Heimat nie wiederzusehen. Nach kurzem Zögern berichtete Karolina mit niedergeschlagenen Augen von ihrer Begegnung mit Cristin und Baldo auf dem Schiff und wie sich schließlich herausgestellt hatte, dass Klingbeil und Lüttke ein und dieselbe Person war. Und von Lynhard Bremer, dessen Name in Verbindung mit den Frauenhändlern gefallen war und der ebenfalls an diesen Geschäften beteiligt gewesen sein sollte.
Lynhard beugte sich vor. »Glaubt Ihr diesen Weibern etwa mehr als mir?«
»Schweigt!«
»Ihr werdet doch nichts auf das Geschwätz dieser dahergelaufenen …«
»Büttel, sobald diese Verhandlung beendet ist, und ganz gleich, wie sie ausgeht, verabreicht Ihr dem Angeklagten zwanzig Rutenstreiche!«, donnerte Büttenwart.
Baldo erhob sich. »Darf ich etwas sagen, Richteherr?«
Büttenwart nickte. »Tritt vor, Schimpf.«
»Cristin Bremers Bruder und ich haben in einer Kirche in Krakow ein Gespräch zwischen dem Angeklagten und einem Priester mit angehört, in dem es um eine Lieferung jüdischer Mädchen nach Lübeck ging!«
»Was sagst du da? Bist du sicher, dass es Bremer war, den du dort gesehen hast?«
»Ja, Richteherr, ganz sicher.«
»Was sagt Ihr dazu, Bremer?«
»Unsinn, ich war mein Lebtag nicht in Polen«, schnaubte Lynhard. »Der Kerl muss sich irren. Das Ganze muss eine …«
»… eine Verwechslung sein, natürlich. Ihr langweilt mich!« Büttenwart verzog das Gesicht. »Erzähl weiter. Was hast du in Krakow mit angesehen und gehört?«
»Gemeinsam mit Frau Bremers Bruder beobachtete ich ein Zusammentreffen zwischen einem Priester namens Bozyda, Hilmar Lüttke und dem Angeklagten.« Nun schilderte Baldo dem Gericht ausführlich, wie Piet und er aus Neugierde dem Salzhändler und Lynhard Bremer gefolgt waren, als die beiden Männer den Priester aufgesucht hatten, und wie Piet das Gespräch zwischen ihnen belauscht hatte.
Während Baldo davon berichtete, was ihr Bruder gesehen und gehört hatte, beobachtete Cristin ihren Schwager, dessen Gesicht aschfahl geworden war.
»Erlaubt mir, Richteherr …« Baldo griff nach seinem Beutel und nahm einen flachen Gegenstand heraus. »… Euch das hier zu zeigen.«
»Was ist das?«
»Ein Schriftstück, in dem Cristin Bremers Bruder Piet Kerklich erklärt, dass er den Angeklagten gemeinsam mit Lüttke in der Krakower Kirche gesehen und belauscht hat. Leider war es Piet unmöglich, Polen zu verlassen, doch wollte er seiner Schwester wenigstens etwas mitgeben, das ihre Aussage bekräftigt.«
»Gib her.«
Baldo trat vor den Richtertisch und legte das Pergament in Büttenwarts ausgestreckte Hand. Der hielt sich das Schriftstück dicht vor die Augen. »Es ist ja versiegelt.«
»Von Königin Jadwiga«, ließ sich Cristin vernehmen. »In ihrem Beisein hat mein Bruder Piet unterschrieben.«
Büttenwart erbrach das Siegel und faltete das kleine, mit schwarzer Tinte beschriebene Stück Tierhaut auseinander, während Baldo an seinen Platz zurückkehrte.
»Gut gemacht«, raunte Cristin ihm zu.
»Ja«, flüsterte er zurück. »Ich glaube, nun kann ihn nichts und niemand mehr retten. Der Kerker ist ihm sicher!«
»Das gebe Gott.«
»Warum zeigt Ihr uns dieses wichtige Schriftstück erst jetzt?«, unterbrach der Vogt ihre leise Unterhaltung.
»Das hatte ich vor! Als ich es Euch jedoch geben wollte, habt Ihr und der Fiskal mir befohlen zu schweigen, Richteherr!«
Ein Schmunzeln stahl sich auf Büttenwarts Gesicht, und er nickte dem Ankläger zu.
Mangel wandte sich an den Angeklagten. »Was habt Ihr dazu zu sagen? Behauptet Ihr immer noch, nicht in Krakow gewesen zu sein? Seid kein Narr, Bremer. Das Spiel ist aus!«
»Ich sage nichts mehr.«
»Dann lasse ich Euch zur Schreckung in die Fronerei bringen. Vielleicht lässt Euch ja
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