Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2
da ich erst seit wenigen Monaten auf dem Mars weilte. Die meisten meiner außerterrestrischen Ausgrabungen hatten auf der Venus stattgefunden.
Von Yoh-Vombis hatte ich schon viele erzählen hören, aber immer nur auf eine nebulöse, märchenhafte Art, und niemals aus erster Hand. Sogar Octave, der so gut wie überall gewesen war, hatte es noch nie zu Gesicht bekommen. Erbaut von einem ausgestorbenen Volk, dessen Geschichte in den späteren, dekadenten Epochen des Planeten verschüttet ging, bleibt diese Stadt ein dunkles, faszinierendes Geheimnis, dessen Lösung zuvor noch kein Mensch in Angriff genommen hat … und das, so hoffe ich fest, auf ewig von Menschen unberührt bleiben wird. Ja, ich bete darum, dass niemand jemals in unsere Fußstapfen tritt …
Ganz im Gegensatz zu dem, was auf dem Mars erzählt wurde, lagen die halb legendären Ruinen, wie wir herausfanden, nicht sehr weit entfernt von Ignarh samt seiner terrestrischen Siedlung und seinen Konsulaten. Die nackten Eingeborenen mit ihren schwammartigen Rümpfen hatten uns schaurige Schilderungen gegeben von gewaltigen Wüsten, durchtobt von endlosen Sandstürmen, die es zu durchqueren galt, wollte man nach Yoh-Vombis vorstoßen.
Trotz der von uns ausgelobten großzügigen Entlohnung war es schwierig gewesen, Führer für die Unternehmung anzuheuern. Wir hatten uns reichlich mit Proviant versehen und gegen alle Notfälle gewappnet, die im Laufe einer so langen Reise auftreten mochten. Daher waren wir ebenso überrascht wie erfreut, als wir schon sieben Stunden nach unserem Aufbruch aus Ignarh und nach einem Marsch, der uns in südwestliche Richtung durch eine gleichförmige, baumlose, orangegelbe Wüstenlandschaft führte, auf die Ruinen stießen.
Dank der geringeren Schwerkraft des Mars war die Reise weitaus weniger beschwerlich verlaufen, als jemand ohne Kenntnis der Gegebenheiten dieses Planeten voraussetzen würde. Die dünne Marsatmosphäre, die der Höhenluft des Himalaja gleicht, und die dadurch bedingte höhere Kreislaufbelastung hatten uns allerdings veranlasst, ein mäßiges Tempo einzuschlagen.
Unser Eintreffen in Yoh-Vombis erfolgte ebenso unerwartet wie eindrucksvoll. Wir erklommen den niedrigen Hang eines kilometerlangen Plateaus aus nacktem und stark verwittertem Felsgestein — und erblickten vor uns die geborstenen Mauern unseres Bestimmungsortes, dessen höchster Turm die kleine, weit entfernte Sonnenscheibe anschnitt, die in mattem Purpur durch den treibenden Dunstschleier aus feinem Sand gleißte.
Zunächst glaubten wir, die dreiseitigen Türme mit den eingebrochenen Kuppeln und die zerfallenen Monolithe gehörten irgendeiner namenlosen, aus keiner Legende bekannten Stadt an, nicht aber jener, nach der wir suchten. Alsbald jedoch überzeugte uns die Anordnung des Ruinenfeldes, das sich bogenförmig über fast die gesamte Länge des flachen Gneisplateaus erstreckte, im Verbund mit der besonderen Architektur davon, dass wir unser Ziel erreicht hatten. Keine andere frühe Marsstadt war in dieser Weise angelegt worden. Vor allem aber fungierten die fremdartigen, vielstufigen Stützpfeiler der starken Mauern, ähnlich den Treppenfluchten eines vergessenen Volkes von Riesen, kennzeichnend für jene vorzeitliche Rasse, die Erbauer von Yoh-Vombis. Und Yoh-Vombis stellte das einzige erhaltene Zeugnis dieser Bauweise dar, wenn man von einigen wenigen Trümmern in der Umgebung von Ignarh absah, die wir bereits erforscht hatten.
Ich habe die uralten, wolkenstürmenden Mauern von Machu Picchu inmitten der gottverlassenen Anden gesehen, ebenso die pyramidenförmigen Teocalli, die tief im mexikanischen Urwald verborgen liegen. Und ich sah die von Riesen errichteten, eisbedeckten Bollwerke von Uogam inmitten der eiszeitlichen Kältesteppen auf der Nachtseite der Venus. Doch diese Monumente schienen erst gestern erbaut, immerhin ein Echo oder eine Ahnung von Leben zu beherbergen, wenn man sie mit dem angsteinflößenden, erstickenden Alter verglich, welches Yoh-Vombis zu erfüllen schien; mit dem ganze Zeitenläufe überdauernden Unheil einer versteinerten Sterilität.
Das gesamte Umland lag weitab von jenen lebensspendenden Wasseradern, ohne die selbst die niederste Fauna und Flora nur selten gedeihen. Seit wir Ignarh hinter uns gelassen hatten, war uns auch kein lebendes Wesen mehr begegnet. Doch hier, an dieser Stätte ewiger Ödnis und Einsamkeit, schien Leben überhaupt niemals möglich gewesen zu sein. Die nackten, verwitterten Quader waren
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