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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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Niedergehen löste sich sein Griff. Ich hörte, wie er mit einem einzigartig schweren Schlag zu Boden fiel – mit einem Schlag, der nach etwas Härterem, Massiverem und Trägerem als dem Leib eines Menschen klang.
    Mit geschlossenen Augen blieb ich stehen und wartete, doch vom alten Mann war kein Geräusch, keine Bewegung wahrzunehmen. Ich beugte mich zu Boden und wagte einen Blick aus halb geschlossenen Augen. Er lag zu meinen Füßen neben der Figur, über die er gestolpert war. Ich benötigte nur einen Blick, um in all seinen Gliedern und Zügen die gleiche Starre und das gleiche Grauen zu erkennen, die auch den anderen Statuen zueigen waren.
    Genau wie sie war er auf der Stelle zu einem Abbild aus dunklem Stein geworden. Im Sturz hatte er unmittelbar das Antlitz der Medusa erblickt, wie auch seine Opfer es erblickt hatten. Und jetzt würde er für immer bei ihnen bleiben.
    Ohne meinen Augen einen Fokus zu bieten, entkam ich irgendwie diesem Gemach. Ich fand aus dem schrecklichen Gebäude hinaus, strebte danach, es auf dem Weg durch halb verlassene und geheimnisvolle Alleen, die nicht in das London meiner Zeit gehörten, aus Sichtfeld und Gedächtnis zu verbannen.
    Die Grabeskälte eines uralten Todeshauches lastete auf mir, sie hing im Gespinst des zeitlosen Dämmerlichts in jenen unnennbaren Straßen und um ihre namenlosen Häuser, und sie folgte mir auf meinem Lauf. Doch schließlich erreichte ich – durch welches Wunder weiß ich nicht – eine vertraute Straße, auf der sich Menschen in der laternenhellen Abenddämmerung drängten und nichts Unheilvolleres die Luft kühlte als ein sich herabsenkender Nebel.

Die Epiphanie des Todes
    H. P. Lovecraft gewidmet
    Es fällt mir besonders schwer, die genaue Natur jener Empfindung in Worte zu fassen, welche Tomeron immerwährend in mir hervorgerufen hat. Allerdings bin ich mir gewiss, dass dieses Gefühl nie, zu keiner Zeit, jenes enthielt, was gemeinhin Freundschaft geheißen wird. Es war eine Zusammensetzung aus ungewöhnlichen ästhetischen und intellektuellen Elementen – in meinen Gedanken irgendwie eng verbunden mit derselben Faszination, welche mich von Kindesbeinen an stets zu allen Dingen hingezogen hatte, die fern sind in Raum und in Zeit oder welche die unlösbare Dämmrigkeit des Alters an sich haben.
    Irgendwie schien mir Tomeron nie der Gegenwärtigkeit anzugehören, doch hätte man sich leicht vorstellen können, wie er in einem vergangenen Zeitalter lebte. Ihn umgab so überhaupt nichts von jenen Zügen unserer eigenen Zeit, und er ging sogar so weit, dass er mit seinem Anzug eine Annäherung an jene vor mehreren Jahrhunderten getragenen Gewänder bewirkte. Sein Antlitz war äußerst bleich und leichenähnlich und er schritt stets weit nach vorn gebeugt vom Grübeln über alten Folianten und nicht minder alten Karten. Immerfort bewegte er sich mit dem langsamen, nachdenklichen Gang eines Menschen, welcher unter fernen Erinnerungen und Träumereien lebt. Er sprach oft von Leuten und Ereignissen und Ideen, die schon längst vergessen waren. Zum größten Teil war er eindeutig unaufmerksam allen Dingen der Gegenwart gegenüber, und ich spürte, dass für ihn die titanische Stadt Ptolemides, in welcher wir beide lebten, mit all ihrem vielfachen Lärm und Tumult kaum mehr war als ein Labyrinth aus bemalten Dämpfen.
    Eine ebensolche Unbestimmtheit fand sich in der Haltung anderer Tomeron gegenüber. Obschon er immerfort, ohne infrage gestellt zu werden, als Repräsentant einer edlen und ansonsten ausgestorbenen Familie akzeptiert worden war, von welcher abzustammen er behauptete, schien doch nichts bekannt über seine tatsächliche Geburt und seine Ahnen. Mit zwei Dienern, beide taubstumm und sehr alt und gleichermaßen gewandet in die Bekleidung eines früheren Zeitalters, lebte er im nahezu verfallenen Herrenhaus seiner Vorfahren, wo, wie man munkelte, seit vielen Generationen niemand aus seiner Familie mehr gelebt hatte. Dort ging er den okkulten und dunklen Studien nach, welche seinem Verstand so angemessen waren, und dort pflegte ich ihn in gewissen Abständen zu besuchen.
    An das genaue Datum sowie die Umstände des Auftakts meiner Bekanntschaft mit Tomeron vermag ich mich nicht mehr zu erinnern. Wenngleich ich einer robusten Ahnenlinie entstamme, welche wohlbekannt ist für ihre geistige Gesundheit, sind meine Fähigkeiten doch elendig erschüttert worden durch den Schrecken jenes Geschehens, mit welchem diese Bekanntschaft endete. Mein

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