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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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das Erkennungszeichen war; dazu drei Bataillone Schweizer von je sechshundert Mann auserlesener Kerntruppen, unerschütterlich wie die Felsen ihrer heimatlichen Berge.
    Noch mehr als alle diese Wächter des Thrones war ein Schreiben Lafayettes geeignet, die Zuversicht der Royalisten zu erhöhen. In diesem Schreiben kam folgende Stelle vor:
    »Bleiben Sie beharrlich, Sire; auf die Ihnen von der Nationalversammlung erteilte Machtvollkommenheit gestützt, werden Sie alle guten Franzosen um Ihren Thron geschart finden.«
    Um zehn Uhr morgens waren die Minister bei Ludwig XVI. Es war der 16. Juni. – Der König empfing sie in seinem Zimmer. Duranton führte das Wort. Im Namen aller überreichte er ehrerbietigst die Entlassung seiner Kollegen und die seinige.
    »Wohlan«, antwortete der König mit finsterer Miene, »da Ihr Entschluß feststeht, so nehme ich Ihre Entlassung an. Ich werde die geeigneten Vorkehrungen treffen.«
    »Sire,« sagte Dumouriez, »ich verlasse diese entsetzliche Stadt mit Freuden; nur eins tut mir weh: Eure Majestät in Gefahr zu wissen.«
    »Ja,« erwiderte der König mit scheinbarer Gleichgültigkeit, »ich kenne die Gefahr.«
    »Sire,« setzte Dumouriez hinzu, »ich bin nicht mehr Minister und stehe Eurer Majestät nicht mehr nahe. Ich bitte Sie daher aus reiner Ergebenheit und Vaterlandsliebe, aus Zuneigung für Ihre erhabene Person, für die Königin und Ihre Kinder, ich beschwöre Sie bei allem, was dem Menschen teuer und heilig ist: beharren Sie nicht bei Ihrem Veto! Diese Hartnäckigkeit wird Eure Majestät ins Verderben stürzen!«
    »Reden Sie nicht mehr davon«, sagte der König; »mein Entschluß steht fest.«
    »Sire, dasselbe sagten Sie mir in diesem Zimmer, in Gegenwart der Königin, als mir Eure Majestät versprachen, die Dekrete zu bestätigen.«
    »Ich hatte unrecht, Ihnen dieses Versprechen zu geben und bereue es.«
    »Sire, es ist das letztemal, daß ich die Ehre habe, Eure Majestät zu sehen. Verzeihen Sie daher meine Offenheit; ich bin dreiundfünfzig Jahre alt und habe Erfahrung. Man treibt Mißbrauch mit Ihrem Gewissen, man treibt Sie zum Bürgerkrieg ... Sie sind machtlos, Sie werden unterliegen ... und die Geschichte wird Sie beklagen, aber Ihnen auch den Vorwurf machen, daß Sie Frankreich ins Unglück gestürzt haben.«
    »Mir, glauben Sie, werde man das Unglück Frankreichs vorwerfen?« fragte Ludwig XVI.
    »Ja. Sire.«
    »Gott ist mein Zeuge, daß ich nur das Glück Frankreichs will.«
    »Ich zweifle nicht daran, Sire; aber Eure Majestät sind Gott nicht nur von der Reinheit, sondern auch von der vernünftigen Ausführung Ihrer Absichten Rechenschaft schuldig. Sie glauben die Religion zu retten, und geben ihr den Todesstoß; die Priester werden als Opfer einer unseligen Verblendung fallen. Ihre zertrümmerte Krone wird in Ihr Blut, in das Blut der Königin, vielleicht Ihrer Kinder fallen ...Oh, mein König! mein König! ...«
    Dumouriez schien zu tief ergriffen, um länger reden zu können – er drückte seine Lippen auf die Hand, die ihm Ludwig XVI. leichte.
    Der König erwiderte mit vollkommener Heiterkeit und mit einer Würde, deren man ihn nicht fähig geglaubt hätte:
    »Sie haben recht, Herr General; ich bin auf den Tod gefaßt und verzeihe im voraus meinen Mördern ... Sie haben mir treu gedient, ich achte Sie und danke Ihnen für Ihre warme Teilnahme ... Leben Sie wohl.«
    Nach diesen Worten konnte Dumouriez nicht länger bleiben; er entfernte sich.
    Das Königtum hatte seine letzte Stütze von sich gestoßen, der König seine Maske abgeworfen ... er stand nun mit entblößtem Antlitz vor dem Volke.
     

41. Kapitel
     
    Santerre war den ganzen Tag durch die Straßen der Vorstadt Saint-Antoine geritten. Neben ihm ritt, wie ein Adjutant neben seinem General, Billot.
    Viel Volk war auf der Straße.
    »Haltet euch bereit, Freunde, und seid wachsam«, sagte Santerre; »die Verräter führen etwas gegen die Nation im Schilde ... aber wir sind da!«
    »Wo sind die Verräter? Führen Sie uns gegen sie!« schrien die Vorstädter.
    »Wartet nur,« sagte Santerre, »bis der Augenblick gekommen ist.«
    »Wann wird er kommen?«
    »Seid nur ruhig, Freunde; ihr werdet es schon erfahren.«
    Der Begleiter Santerres bückte sich auf den Hals seines Pferdes und sagte leise zu einigen Männern, die er an gewissen Zeichen erkannte:
    »Am 20. Juni ... am 20. Juni!«
    Die Männer merkten sich das Datum und gingen fort. Zehn, zwanzig, dreißig Schritte von da bildeten sich Gruppen

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