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Die Graefin der Woelfe

Die Graefin der Woelfe

Titel: Die Graefin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Falk
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Resa war eine hoffnungslose Träumerin.
    »Das Kind hat schlechte Vorfahren und muss unter strengste Erziehung gestellt werden. Für die Komtess war der Tod ihrer Pflegerin ein Segen.«
    »Da stimme ich ganz mit Ihnen überein, lieber Doktor. Die Kleine hat einige gute und viele schlechte Eigenschaften. Für ein Mädchen ist sie viel zu neugierig und sie fragt zu viel. Ich werde mich um ihre Erziehung kümmern und dafür sorgen, dass sie eine fromme Bildung bekommt. Schwester Eusebia soll ab nächster Woche mit dem Katechismus-Unterricht anfangen. Später soll Elena lesen und schreiben lernen, und wenn sie sich gut anstellt, auch Latein. Sollte sie im Kloster bleiben, wird uns das von großem Nutzen sein.«
    »Hüten Sie sich davor, ihr Mathematik beizubringen. Allenfalls einfachste Rechenübungen, damit sie die Bücher führen kann, Mutter Suzanna.«
    »Ich weiß, die Mathematik und vor allem die Arithmetik sind äußerst schädlich für den Geist und die Seele einer Frau.«
    Erasmus nippte an seinem Glas, es war so wohltuend, in der Nähe dieser Frau zu sein, die ihn so wunderbar verstand wie kein anderes Wesen auf dieser Erde.
     
    *
     
    Es war wenige Tage nach Pfingsten, als der Doktor Marijke bat, das Abendbrot mit ihm gemeinsam einzunehmen. Seit den Christtagen hatten sie nicht mehr zusammen gegessen und Marijke war sich sicher, dass der Doktor ihr etwas mitteilen wollte, was ihr nicht gefallen würde. Sie aßen in Amalias Ankleidezimmer. Marijke hatte noch weniger Appetit als sonst. Sie wollte so bald wie möglich zurück zu Amalia, die mittlerweile so gut wie keine Schlafmohntropfen mehr bekam und von Phasen tiefster Niedergeschlagenheit und größter Schmerzen erschüttert wurde.
    Nachdem der Doktor den letzten Bissen vertilgt hatte, stand er auf und durchmaß wie gewöhnlich den kleinen Raum mit langen Schritten.
    »Ich habe lange nachgedacht«, hob er zu sprechen an. »Es gibt nur eine Möglichkeit, wie wir die unsterbliche Seele der Gräfin retten können und wir kennen sie beide.« Die Hände auf dem Rücken verschränkt blieb er vor ihr stehen.
    Marijkes Herz klopfte laut, sie fühlte sich schwach und elend. Nervös zupfte sie an dem Spitzentuch, das sie in der Hand hielt.
    »Es hört sich schlimmer an, als es in Wahrheit ist, wertes Fräulein von Wertheim.« Erasmus’ Stimme sollte wohl beruhigend klingen. »Vergessen Sie die barbarischen Geschichten, die Sie gehört haben, von Leichenfledderei und Grabschändung. Wir werden das Grab der Gräfin nicht schänden. Sehen Sie es eher als einen notwendigen chirurgischen Eingriff oder stellen Sie sich eine Herzbestattung vor, wie sie unsere Herrscher von alters her vornehmen.«
    »Aber die Gräfin ist auf dem Wege der Besserung. Sie haben doch selbst gesehen, Doktor, dass sie bereits wieder aufsteht.«
    »Das, liebe gnädige Frau, macht mir die meisten Sorgen.« Erasmus’ Gesicht verdüsterte sich und Marijke verkroch sich, so tief es ihr möglich war, in Amalias großem Sessel. »Sehen Sie, die unerwartete Verbesserung des Gesundheitszustands der Gräfin ist mir als Mediziner bestens bekannt. Solche Zustände sind leider nur allzu häufig ein Hinweis auf das nahe Ende. Ich fürchte, liebstes Fräulein von Wertheim, wir müssen mit dem Allerschlimmsten rechnen.«
    »Aber denken Sie nicht, dass sie wieder gesund werden wird?«
    »Das ist ganz ausgeschlossen. Sehen Sie, liebes Fräulein. Ihre Munterkeit hängt damit zusammen, dass der Mohnsaft offensichtlich seine Wirkung verloren hat. Das führt jedoch auch dazu, dass sie den schweren Schmerzen, die ihr Körper verursacht, nun schutzlos ausgeliefert ist. Wenn der Mohn nicht mehr wirkt, bin ich machtlos. Ihr Herz, ihre Sinne und ihr Lebenswille werden das nicht mehr lange durchhalten.
    Marijke zuckte zusammen. Es stimmte, was er sagte. Die Gräfin war zwar wieder ansprechbar und nahm teil an ihrem Umfeld, gleichzeitig wurde sie jedoch von schwersten Schmerzen gepeinigt und von tiefster Traurigkeit niedergeschlagen. Noch immer behielt sie kaum Nahrung bei sich. Sie war schwach und wurde trotz der regelmäßigen Bewegung immer schwächer.
    Marijke hatte längst damit begonnen, ihr zwischendurch wieder von den schmerzlindernden Tropfen zu geben, und Amalia nahm sie gierig in sich auf.
    »Sie wird also sterben?«
    »Wir alle werden sterben. Aber ja, die Gräfin wird diese Welt aller Voraussicht nach recht bald verlassen und dann ist es gut, wenn wir alles vorbereitet haben, um ihre unsterbliche Seele zu

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