Die grosse Fahrt der Sable Keech
Vulkanausfluss überwucherte. Die Birnstockbäume dort waren kleiner als üblich, und ihre Stamme erinnerten an das offene Gitterwerk von Mangroven. Weiter im Inland wuchsen Yanhölzer und zwischen ihnen verstreut Bäume, die Kiefern ähnelten. Auf dem Strand, der aus Obsidiansplittern zu bestehen schien, schnüffelten ein paar kleine, gürteltierähnliche Heirodonten herum. Erlin wandte sich schließlich wieder den Wellhornschnecken zu.
Die Hammerschnecken hatte ihre Beute fast erreicht und hockten jetzt auf der Felskante unter ihnen. Der Angriff erfolgte schnell. Alle drei Schnecken sprangen hoch, stürzten sich auf den Rand des Froschschneckenhaufens und streckten dabei die Saugröhren aus. Sofort spritzten die Froschschnecken mit Hilfe ihrer einzelnen Füße hoch in die Luft und platschten ringsherum ins Meer. Alle außer dreien. Die Hammerschnecken flossen förmlich über ihre Opfer hinweg, streckten die Hammerfüße mit den Knochenspitzen aus und machten sich wie ein Team von Grobschmieden ans Werk. Sie verstreuten ringsherum Schalensplitter wie zerbrochenes Geschirr und hatten bald das begehrte Fleisch freigelegt. Dann entwischte ihnen jedoch eine der entschalten Froschschnecken und hüpfte am Kap entlang, ein Klümpchen rosa Fleisch, geformt wie eine umgestülpte Karotte mit zwei Augenstielen am oberen Ende und einem Fuß wie ein vorspringender Träger am unteren. Keuch schwang sich in die Luft und war mit ein paar Flügelschlägen über dem Ausreißer. Die nackte Schnecke entdeckte das Segel und wollte ins Meer springen, aber Keuch schnappte sie mitten im Sprung und mampfte sie schnell herunter. Das war vielleicht gnädig, da die Schnecke ohne ihr Haus nicht überlebt hätte und ihr Sterben im Meer langsamer verlaufen wäre. Erlin wandte sich wieder den Hammerschnecken zu. Zwei zankten sich jetzt um eine einzelne Froschschnecke, während die dritte ihren eigenen Fang in Sicherheit zerrte. Die beiden Streithähne zerrissen ihr Opfer, und jeder schien dann mit der eigenen Beute zufrieden.
»Es geschieht ständig, überall …«, sagte Zephir und starrte mit einem Ausdruck auf die Schnecken, den Erlin eigenartig intensiv fand.
»Was denn?«, fragte sie.
»Sie sind nicht lebendig«, sagte Zephir und wandte sich ihr zu.
»Natürlich sind sie das.« Erlin zuckte die Achseln. »Naja, in einigen Fällen jetzt nicht mehr.«
»Tot?«, fragte Zephir mit einem bleiernen und unheimlichen Unterton.
»Naja, so läuft es eben.«
»Zeit weiterzufliegen«, sagte Zephir.
Erlin machte sich gar nicht erst die Mühe, einen Einwand zu erheben. Sie stand auf und wandte Schnauf den Rücken zu, da er sie jetzt seit einiger Zeit trug; dann war es jedoch Zephir, der den Griff ihres Tragegeschirrs packte und sie in die Luft hob. Vielleicht war Schnauf ihr Geplapper inzwischen leid. Während sie über die Insel getragen wurde, starrte Erlin fasziniert in die Kaldera. Diese barg einen dampfenden See, an dessen Rand sich eine Herde nur undeutlich erkennbarer Tiere bewegte. Anschließend erblickte Erlin im Meer auf der anderen Seite der Insel riesige Wasserpflanzen, die sehr an Seerosen erinnerten. Große blassblaue Blüten trieben an der Oberfläche.
»Sieh nur, Blumen«, sagte Erlin und mampfte dabei weiter von dem Steak, das sie behalten hatte. Als sie endlich damit fertig war, leckte sie sich die Finger ab und sah, dass sie weitgehend die gleiche Blautönung zeigten wie die Blüten auf dem Meer – was ihr bestätigte, dass Zephir sie jetzt trug, weil er es vielleicht als Einziger noch ungefährdet tun konnte.
»Seerosen«, sagte Zephir. »Natürlich.«
Die Riesenschnecke richtete eines ihrer tellergroßen Augen scharf auf den Keramokarbidhaken, der sich in die Spitze ihres Tentakels gegraben hatte. Das Ding war tatsächlich in ihr Fleisch eingedrungen; schon lange hatte ihr nichts mehr eine solche Verletzung zugefügt. Das machte sie nur noch wütender, denn dieser Haken und die zehn Meter lange Leine, an der er hing, stammten sicherlich von dem Schiff über ihr. Sie hatte gesehen, wie Turbul dort hinaufgezerrt wurden, und in der ganzen Aufregung nach einem davon geschnappt. Großer Fehler! Jetzt erinnerte sie sich an andere Verletzungen, die sie erlitten hatte: Erinnerungen, die in den neuerdings funktionierenden Gehirnlappen neu geweckt wurden.
Die Brut, zu der sie und ihre Geschwister gehörten, war groß gewesen, im Laufe der Jahre jedoch reduziert worden. Anfänglich verkörperten nahezu alle anderen Meeresbewohner
Weitere Kostenlose Bücher