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Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Torday
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hinkenden Reh-Weibchen. Vorsichtig sucht er sich einen Weg entlang des Ufers. Es dauert nicht lange und das Seeufer wimmelt von Rehen; eine wogende Menge aus rotbraunen pelzigen Leibern. Rote Augen sehe ich allerdings nirgendwo. Es weht kein Lüftchen und die Tiere sind ziemlich weit weg, trotzdem halte ich mir vorsichtshalber die Hand vor den Mund, falls sie ansteckend sind. Als würden sie es spüren, bleiben sie wie auf Kommando stehen und heben den Kopf. Schnell ducke ich mich wieder hinter den Felsen. Aber sie blicken nicht in meine Richtung, sondern zu den neuen Besuchern, die zwischen den Bäumen auf uns zukommen. Mein erster Gedanke ist, wegzulaufen, aber ich kann mich einfach nicht losreißen. Es ist offenbar eine Tierfamilie, sie haben schwarz-weiße Streifen auf dem Kopf und ihre hellrosa Schnauzen leuchten im hellen Licht.
    * Wiesel! *
    Der General wird allmählich ernsthaft böse. * Nein, Dachse *, sagt er streng.
    Woher soll ich das wissen, bin ich etwa ein wandelndes Lexikon? Die Dachse mischen sich unter die Rehe. Zuerst huschen einige Rehe ängstlich fort, aber die Dachse tun ihnen nichts, sie schnüffeln einfach am Ufer herum, vielleicht suchen sie nach Futter, das es hier leider nicht gibt.
    Aber es kommen nicht nur Dachse hinzu. Nach und nach bevölkert sich das Ufer mit allen möglichen Tieren. Große weiße Kaninchen hoppeln vom anderen Ende des Sees auf uns zu.
    * Hasen, falls du es nicht weißt* , bemerkt der General gereizt, ehe ich etwas sagen kann.
    Am Himmel gesellen sich weitere Vögel zu den Tauben. Ein paar ganz besonders große verdunkeln im Flug mit ihren Schwingen die Sonne; es sind wohl Königsadler – so viel weiß sogar ich. Manche Vögel veranstalten einen ziemlichen Radau, ich glaube, es sind Seemöwen. Auch einige lustig anzusehende blaue und graue Krähen sind darunter und ein paar kleine, dicke Vögel, die aussehen wie Tennisbälle. Von einem Ast herab hängt ein Tier, das eine Fledermaus sein könnte, aber sicher bin ich mir nicht.
    Auch weiter unten regt sich Leben. Schmetterlinge, Bienen und Libellen schwirren und summen über das Röhricht im Wasser. Eine Armee rötlicher Ameisen marschiert unter einem Baumstamm hervor. An dem Ort, der eben noch tot und verlassen dalag, herrscht mit einem Mal ein geschäftiges, lautstarkes Treiben wie auf dem Schulhof zur Essenszeit.
    Ein Dachs sagt zum anderen: * Das hält nie, es ist einfach unnatürlich *, und ich frage mich, was er damit meint.
    Immer mehr Tiere gesellen sich hinzu: Ziegen mit geschwungenen Hörnern, zerzauste Katzen, die viel größer sind als jedes Haustier, und wenn ich mich nicht täusche, ist da sogar eine Schlange mit Zickzackmuster, die sich zwischen lauter Beinen und Schwänzen hindurchschlängelt. Aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie leben.
    Lebendige Tiere, direkt vor meinen Augen, und kein einziges rotes Auge weit und breit.
    Ich werfe einen Blick auf meine Armbanduhr. Das Glas ist gesprungen und voller Schlamm aus dem Tunnel, aber sie funktioniert. Von meinem Felsversteck aus mache ich möglichst viele Aufnahmen von den verschiedenen Tieren. Pa wird mir das niemals glauben. Ich höre erst auf, mit meiner Uhr die Tiere ins Visier zu nehmen und zu knipsen, als ich bemerke, dass sich die Tauben um mich scharen und missbilligend gurren.
    * Raus mit der Sprache* , sage ich zu ihnen. * Was ist das für ein Ort?*
    * Es ist die letzte Zuflucht, die man uns noch gelassen hat* , sagt eine betagte Stimme.
    Das ist nicht die Stimme der Tauben oder des Generals. Sie klingt eher wie die Stimme meines Großvaters.
    * Seit wir diesen Ort entdeckt haben, ist kein menschliches Wesen je hierhergekommen. Du bist der Erste .*
    Ich drehe mich um und erblicke ein Tier, das größer als alle anderen ist.
    * Unser Hirsch* , raunt der General.
    Ein Hirsch. Ich habe schon oft davon gehört, aber einen leibhaftig vor sich zu sehen – riesig, dunkelbraun, doppelt so groß wie jedes andere Tier, mit einem Geweih, das geschwungen und spitz ist und sich in alle Richtungen erstreckt –, das übertrifft wirklich alles. Er kommt ein paar Schritte auf mich zu. Die anderen Tiere treten respektvoll zurück und machen ihm Platz wie einem König.
    Er beugt den Kopf. Erschrocken weiche ich bis an den Felsen zurück und versuche, weder zu atmen noch ihn zu berühren. Er spießt mich nicht auf, sondern beschnüffelt mich. Er schnüffelt an meinen Haaren, an meinem Gesicht, an meinen Händen, er beschnüffelt mich von Kopf bis Fuß, saugt

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