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Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Torday
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Pilze und Beeren essbar sind und welche nicht. Einmal haben wir sogar Nesselsuppe gekocht, die war gar nicht schlecht.«
    Ich glaube nicht, dass die besser geschmeckt hat als mein Kohle-Tee hier, aber wenn sie es sagt.
    »Trotzdem hat Pa immer darauf bestanden, dass wir Sidney nie nach draußen ließen, damit sie nicht mit infizierten Tieren in Kontakt kam.« Sie wirft einen Blick auf die hustende Katze.
    »Aber wir konnten sie einfach nicht rund um die Uhr im Auge behalten und so hat sie sich schließlich doch angesteckt.« Polly legt ihre Hand auf Sidneys Bauch, ihr Blick geht ins Leere. »Aber ich nicht.«
    Sie muss meine Gedanken gelesen haben.
    »Nein, auch meine Eltern haben sich nicht angesteckt. Sie sind fortgegangen, kurz bevor Sidney krank wurde. Uns ist nichts mehr eingefallen, was wir aus Kräutern und Baumrinde noch machen könnten, also sind Ma und Pa letzte Woche nach Mons aufgebrochen, um vielleicht ein paar Rationen Formula zu ergattern. Sie sagten, sie würden nur einen Tag fort sein. Als du hier aufgetaucht bist, dachte ich für einen Moment, sie wären wieder da, aber dann …«
    Plötzlich wirkt sie erschöpft. Sie stützt den Kopf in die Hände, um ihn nicht auf die Tischplatte sinken zu lassen, ihre zerzausten dunklen Haare fallen ihr ins Gesicht. Mir wird jetzt erst bewusst, dass ich schon seit Stunden hier bin.
    »Ich verhungere gleich«, sagt sie und geht rüber zu einem Sack, der unter der Spüle steht. Sie greift hinein, zieht ein paar etwas staubig aussehende Kekse heraus und hält sie mir hin.
    Ich kann meine Begeisterung nicht verbergen. Sie haben tatsächlich noch richtiges Essen.
    Sie sieht meinen Gesichtsausdruck und fängt an zu lachen. »Bilde dir bloß nichts ein, das ist kein normales Essen. Das ist Sidneys Katzenfutter. Es ist alt und schmeckt ziemlich übel, aber es ist alles, was wir haben. Ich esse es, seit meine Eltern weg sind.«
    Und mit diesen Worten stopft sie sich eine Handvoll davon in den Mund.
    Allein sie essen zu sehen, lässt meinen Magen erneut knurren.
    »Auch welche?«, fragt sie mit vollem Mund.
    Egal was. Hauptsache, was zu essen.
    Es stellt sich raus, dass sie recht hat, Katzenfutter schmeckt echt übel, aber während ich daran kaue, kehren meine Lebensgeister langsam zurück. Wir waren die ganze Nacht wach und inzwischen tasten sich bereits die ersten Strahlen der Sonne durchs Fenster. Ich stehe auf und öffne die eingerosteten Fensterläden. Das Glas ist feucht vom Morgentau. Ich wische mit der Hand darüber und blicke hinaus auf den gepflasterten Hof, die weitläufigen Felder und die verwitterten Torpfeiler. Insgeheim habe ich gehofft, am Horizont die Umrisse einer hohen Gestalt, die Silhouette eines Geweihs zu entdecken oder vielleicht ein paar ferne Punkte über den Himmel tanzen zu sehen. Aber da ist nichts außer einem einsamen Wald, nichts außer stachligen Bäumen, so weit das Auge reicht.
    Ich frage mich, wo sie sind.
    »Warum hast du sie alleingelassen?«
    Ich drehe mich um. Polly reibt sich gähnend die Augen und streckt sich.
    »Ich verstehe das nicht. Wenn es stimmt, was du sagst, und es lebendige Tiere gibt und sie deine Freunde sind, warum bist du dann weggegangen? Ich würde Sidney nie im Stich lassen.«
    Ich weiß selbst nicht mehr, was mich dazu getrieben hat. Ich blicke zu Boden.
    »Glaubst du, du könntest auch Sidney retten? Ich bin sicher, das würde ihr gefallen.«
    Ich stehe einfach nur da, hauche auf die Scheibe, fahre mit dem Finger über das Glas und denke nach. Ich habe ein Versprechen gegeben. Ich blicke auf die Anzeige meiner Uhr, in der vagen Hoffnung, dort eine Antwort zu finden. Ziellos klicke ich von einem Foto zum nächsten und versuche, einen vernünftigen Plan zu fassen.
    Da beginnt die Uhr wieder zu flimmern. Genau wie damals beim Ring des Waldes.
    Die Aufnahmen, die ich von den Tieren gemacht habe, verschwimmen auf der Anzeige. Es scheint, als wolle sich ein anderes Bild den Weg an die Oberfläche bahnen – schwarz-weiße Schatten, die undeutlichen Umrisse einer Gestalt tauchen auf, mehr jedoch nicht. Ich schüttle die Uhr und halte sie dichter ans Fenster. Plötzlich wird das Bild klar und ein einzelnes Wort blitzt auf. Ein einzelnes Wort, schwarz auf weiß auf meinem Bildschirm.
    HILFE!
    Ich starre auf die Buchstaben – und dann ist das Wort genauso schnell wieder weg, wie es aufgetaucht ist. Egal welche Knöpfe ich drücke und wie oft ich die Uhr schüttle – es rührt sich nichts. Ich weiß nicht, was das zu

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