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Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Große Wildnis: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Torday
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rechne halb damit, dass sie wegläuft, aber stattdessen schürzt Polly nachdenklich die Lippen und schüttelt den Kopf.
    Sie verstaut die Buchstabenplättchen wieder im Beutel, zieht die Kordel zu, klappt das Spielbrett zusammen und packt beides ordentlich in die Schachtel. Dann legt sie das Gewehr vorsichtig auf den Boden, schnappt sich ein Vergrößerungsglas vom Tisch und nimmt mich genau unter die Lupe. Sie blickt in meine Augen, befühlt meine Stirn und mein Handgelenk.
    »Und du hast die Tiere am Rand des Tals zurückgelassen? Und bist allein hierhergekommen?«
    Ja, aber wer weiß, wo sie inzwischen hingegangen sind.
    Polly scheint dieser Gedanke jedoch seltsamerweise zufriedenzustellen.
    Sie mustert mich erneut, dann kramt sie in ihrer Tasche, zieht eine Pinzette hervor, beugt sich zu mir und zupft damit ein Dreckklümpchen von meinem Ärmel. Sie hält es ins Licht und betrachtet es unter dem Vergrößerungsglas. Sie nickt nachdenklich wie als Antwort auf eine stumme Frage, sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und sagt: »Du hast das Virus nicht.«
    Sie nimmt das Gewehr und stupst mich in den Magen. »Und ich werde es dir auch beweisen.«

Kapitel 18
    Die Küche der Sturmhöhe ist größer als jede andere, die ich kenne. Größer und unordentlicher. Durch die Schlitze der Jalousien fällt Licht auf das Spülbecken und die Pfannen, Tassen und Teller, die im Abwaschwasser schwimmen. Verschiedene Löffel und Schöpfkellen reihen sich an einer tief hängenden Holzleiste, die mit Seilen an der Decke befestigt ist, ebenso Büschel mit getrockneten Blättern und dunklen Zweigen. An den Wänden sind schiefe Regale, in denen sich unterschiedliche Gefäße mit pudrigen Substanzen und Samen sowie Glasflaschen mit Resten öliger Flüssigkeiten befinden.
    »Setz dich.« Polly deutet mit dem Gewehr auf einen Stuhl und stellt gleichzeitig das Buchstabenspiel auf den Tisch. Kaum habe ich mich auf den Stuhl sinken lassen, kriecht der General auch schon über mein Bein nach unten.
    * Achtung! *, ruft er im Kommandoton. * Als Erstes werde ich auf Erkundungstour gehen, um feindliche Armeen auszuspähen .*
    * Du meinst wohl feindliche Armeen, die man essen kann *, murmle ich.
    * Misch dich nicht in militärische Angelegenheiten ein *, erwidert er barsch und steuert zielstrebig auf den am Boden verstreut liegenden Abfall zu.
    Unbeeindruckt von dem Insekt lehnt Polly das Gewehr an die Wand und zieht unter einem wackligen Stapel von Zeitungen ein Notizbuch hervor, woraufhin der Papierstoß einstürzt und Sidney schleunigst das Weite sucht.
    Das Buch ist alt und hat einen zerschlissenen schwarzen Ledereinband. Als sie die Seiten durchblättert, blicke ich neugierig über ihre Schulter. Es enthält zahllose Zeichnungen und Diagramme von Pflanzen, Blüten und Blättern. Dazu Baumskizzen, detailgenau wiedergegeben, vom Wurzelgeflecht bis zur borkigen Rinde. Aber auch Beeren, Nüsse und Kräuter sind abgebildet. Es sind viel mehr Pflanzen, als ich jemals gesehen habe, jede nur denkbare Art ist aufgelistet und aus den verschiedensten Blickwinkeln gezeichnet, auch im Querschnitt, und sorgfältig mit Notizen versehen.
    Polly stößt auf die gesuchte Seite und fängt an zu lesen. Als sie merkt, dass ich sie beobachte, dreht sie sich weg. Sie stapft zum Spülbecken, füllt Wasser in einen alten Kessel und stellt ihn auf den Ofen in der Ecke. Dann steigt sie auf einen Stuhl und zupft Zweige aus den Büscheln. Sie prüft jeden einzelnen und schnuppert daran, ehe sie mit einer Handvoll sorgsam ausgesuchter Kräuter wieder heruntersteigt.
    Die zerreibt sie in einer Steinschale, fügt eine Prise Puder aus einem der Gefäße hinzu, gefolgt von einem Spritzer einer zähen grünen Flüssigkeit aus den Flaschen. Sie nimmt einen Holzlöffel und vermengt die verschiedenen Zutaten, bis eine Duftwolke aufsteigt, die so widerlich bitter riecht, dass sich mir der Magen umdreht. Als der Kessel auf dem Herd schrill pfeift, fischt sie eine Tasse aus dem Abwasch, spült sie aus, füllt die zerstoßene Masse hinein und übergießt sie mit kochendem Wasser. Dann stellt sie die Tasse vor mich hin.
    Ein Blick auf das dampfende Gebräu genügt und ich fange an zu würgen. Ich schiebe die Tasse weg.
    Polly schüttelt den Kopf.
    »Kopfschmerzen?«, fragt sie. Ich nicke. »Bauchkrämpfe?« Ich nicke wieder. »Übelkeit und Schwindelgefühl?« Bei dieser Frage schließe ich die Augen, um das Karussell in meinem Kopf anzuhalten.
    Triumphierend hält sie die

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