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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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Beweise zu beseitigen, sagte sie, sie spüren, daß der Boden unter den Füßen heiß geworden ist, seit Leute, die angefangen haben, überall Fragen zu stellen, totgeschlagen und erschossen worden sind. Ich weiß, daß solche wirtschaftlichen Ermittlungen Zeit brauchen, aber Zeit nützt einem nichts, wenn die Verdächtigen die Beweise schon haben verschwinden lassen.
    Er verzog die Mundwinkel in einem neuen, freudlosen Lächeln.
    – Eigenartigerweise denkt mein Kontakt in Brüssel in derselben Richtung, sagte er, und an einer guten Zusammenarbeit mit den europäischen Organen ist uns natürlich sehr gelegen, nicht wahr? Sie entscheiden ganz und gar allein, wie Sie die Voruntersuchung betreiben, aber Sie haben absolut meinen Segen, wenn Sie schnell agieren wollen. Ich gebe Ihnen ein paar Telefonnummern, damit Sie Kontakt mit den Betrugsermittlern in Brüssel aufnehmen können, und ich habe dafür gesorgt, daß heute ein paar Ermittlungsbeamte von der Finanzabteilung der Polizei herbestellt worden sind.
    Auf dem Rückweg zum Annex erinnerte sich Martine, daß sie gehört hatte, daß Vandenberghe sich um eine Stelle in der Kommission beworben hatte. Das erklärte, daß ihm an guter Zusammenarbeit mit Brüssel so gelegen war. Aber wenn Vandenberghes persönliche Ambitionen diesmal von Nutzen für sie waren, wollte sie nicht klagen.Caroline Dubois, Louis Victors kraushaarige Sekretärin, zitterte vor Nervosität, weil sie an einem Sonntag in den Justizpalast bestellt worden war. Sie war einundzwanzig und wohnte noch zu Hause bei ihren Eltern. Ihr Vater, ein Obst-und Gemüsehändler aus Abbaye-Village, hatte seine Tochter nach Villette gefahren und gab ihr einen aufmunternden Klaps auf die Schulter, als sie sich mit zitternder Unterlippe auf Martines niedrigem Verhörstuhl niederließ und Martine und Julie unruhige Blicke zuwarf.
    – Es gibt überhaupt keinen Grund, sich Sorgen zu machen, sagte Martine beruhigend, ich werde nur ein paar Fragen stellen, und Mademoiselle Wastia schreibt auf, was Sie antworten. Sie werden wegen absolut nichts verdächtigt. Alles, was Sie tun müssen, ist, die Wahrheit sagen, und das wollen Sie ja, oder?
    Caroline nickte und fingerte nervös an einem Nagel, der kurz vor dem Abgehen war. Damit sie sich entspannte, begann Martine mit harmlosen Hintergrundsfragen. Sie erfuhr, daß Carolines Mutter in der Personalabteilung von Forvil arbeitete und daß Caroline zum ersten Mal einen Sommerjob im Büro des Feinwalzwerks von Forvil bekommen hatte, als sie siebzehn war. Als sie im Sommer 1992 das Gymnasium beendet hatte, hatte sie sich um einen Job bei dem, was inzwischen Berger Rebar geworden war, beworben und das Glück gehabt, für eine Chefsekretärin, die gerade ein Kind bekommen hatte, einspringen zu dürfen.
    – Ich habe mich gewundert, sagte Caroline und sah Martine unter langen, hellen Wimpern an. Adrienne, die Sekretärin, die das Kind bekommen hatte, hatte dort mehrere Jahre gearbeitet und war unheimlich tüchtig in Buchführung und all so was, ich konnte überhaupt nicht soviel wiesie. Aber ich war natürlich froh, so schwer, wie es ist, hier in Villette einen Job zu bekommen.
    – War Monsieur Victor schon damals Betriebsleiter? fragte Martine.
    Caroline schüttelte den Kopf, so daß das Kraushaar hin und her flog.
    – Nein, zuerst war es Monsieur Allard, er war Vizedivisionschef, als es noch Forvil war, aber er hat voriges Jahr aufgehört, und da kam Monsieur Victor.
    Langsam führte Martine die Fragen zu den Rechnungen von Berger Development und der kommunalen Ausbildungsgesellschaft hin. Caroline erinnerte sich sehr wohl an sie, nicht zuletzt, weil Louis Victor es sehr genau damit nahm, daß sie direkt an ihn gehen sollten und nicht an einen der anderen Chefs.
    Caroline wußte ungefähr, wie hoch die Beträge waren, um die es sich gehandelt hatte, etwa drei bis vier Millionen Ecu, glaubte sie, waren es insgesamt. 120 bis 160 Millionen belgische Francs, übersetzte Martine, wirklich kein Kleingeld.
    – Wissen Sie, Caroline, sagte sie freundlich, ich habe das Gefühl, daß Ihnen schon von Anfang an an diesen Rechnungen etwas komisch vorgekommen ist und daß Sie sich deshalb so gut an sie erinnern. Habe ich recht?
    Caroline ließ den Kopf hängen, und eine leichte Röte stieg in ihre Wangen.
    – Na ja, sagte sie, nicht direkt, aber ziemlich bald. Es war so, daß ich manchmal das Haustelefon nicht abgestellt habe, damit ich hörte, was drinnen beim Chef geredet wurde, ich war etwas

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