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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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Mord, Raub, Korruption, Kunstdiebstähle … Ich dachte, wir könnten direkt zum Stellplatz in Schaerbeek fahren und dein Auto ansehen, dann sparen wir Zeit.
    Fabien Lenormands Auto hatte falsch geparkt am Boulevard de l’Impératrice gestanden, in der Nähe des Gare Centrale, Brüssels wichtigstem Bahnhof. Ein eifriger Polizist hatte es am Mittwoch vormittag gegen elf bemerkt und rasch entschieden, daß es abgeschleppt werden mußte. Eine Stunde später stand es hinter dem Drahtzaun am Quai de la Voirie in Schaerbeek.
    Der Verantwortliche für den Stellplatz blätterte in seinen ölbefleckten Papieren und schickte Christian und seine Gesellschaft zu einer Reihe Autos am hinteren Ende des Geländes.
    – Es soll die Nummer drei von links in der vorletzten Reihe sein, sagte er gleichgültig.
    Und da stand er dann auch, ein ramponierter und verbeulter grüner Renault mit etlichen Jahren auf dem Buckel.
    Christian beugte sich vor, um ins Auto zu sehen.
    – Seht mal, der Zündschlüssel steckt, sagte er überrascht.
    Er fand ein Päckchen Papiertaschentücher in der Tasche und nahm eines heraus, um die Türklinke zu schützen, als er sie vorsichtig hinunterdrückte.
    Das Auto war unverschlossen.
    – Entgegenkommender Bursche, der diese Karre dagelassen hat, sagte Desmets, es ist ein Wunder, daß die nicht gestohlen wurde, bevor wir sie auflesen konnten. Aber die ist wohl so hinüber, daß nicht mal die Fixer am Gare Centrale interessiert waren.
    Christian sah in das Auto. Alice Verhoeven hatte gesagt, daß es Blutspuren an der Stelle geben würde, wo Fabien Lenormand seinem Schicksal begegnet war, und das Auto konnte sehr wohl der Tatort sein, dachte Christian.
    Es gab Flecken auf der Gummimatte am Fahrersitz, klebrig und dunkel, in der Größe von Ein-Franc-Münzen.
    – Was meinst du? fragte Christian und trat zur Seite. Alain Desmets guckte ins Auto.
    – Kann Blut sein, sagte er, kann aber auch was anderes sein.
    – Wir müssen die Karre nach Villette schleppen und von unseren Kriminaltechnikern untersuchen lassen, sagte Christian, aber zuerst …
    Mit dem Papiertaschentuch als Schutz drehte er vorsichtig den Zündschlüssel um. Das Armaturenbrett leuchtete auf. Er fand in der Innentasche einen funktionierenden Kugelschreiber und notierte den Kilometerstand des Autos und das Niveau im Benzintank auf dem einzigen Stück Papier, das er fand, eine Quittung von dem Delhaize-Laden, wo er und Claudine meistens einkauften.
    Es war rasch erledigt, mit dem einzigen Telefon des schmuddeligen Büros in Villette anzurufen und die Abholung des Autos zu organisieren. Der Verantwortliche versprach mit einem Gähnen, dafür zu sorgen, daß alles klappte.
    – Wie, meinst du, ist das Auto in Schaerbeek gelandet?fragte Christian Alain Desmets, als sie auf dem Rückweg zur Rue Marché au Charbon im Auto saßen. Es war kein Mangel an Begabung, der Desmets’ Karriere gebremst hatte, sondern Mangel an Energie und Ausdauer.
    – Ihr habt den Jungen in einem Prahm in Villette gefunden, sagte Desmets, aber die Blutspur im Auto deutet darauf hin, daß er darin ermordet worden sein kann, und in diesem Fall hat kaum der Ermordete selbst die Karre am Gare Centrale stehenlassen. Wie hieß er übrigens?
    – Er hieß Lenormand, sagte Christian, nein, du hast recht. Und wenn er im Auto ermordet wurde, befand es sich aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwo anders als in Brüssel, als es passierte. Was darauf hindeutet, daß es der Mörder war, der am Gare Centrale falsch geparkt hat.
    – Aber warum hat er das Auto unverschlossen mit dem Zündschlüssel im Schloß stehenlassen? fragte Desmets und zündete sich eine Zigarette an. Wenn er euch Sand in die Augen streuen wollte, damit ihr glaubt, Lenormand habe irgendwo den Zug genommen, wäre es besser gewesen, die Tür abzuschließen und den Schlüssel wegzuwerfen.
    Nein, Alain Desmets war nicht dumm, dachte Christian, das war eine sehr berechtigte Frage. Was hatte der unbekannte Mörder gedacht, als er das Auto an den Bahnhof stellte, so verlockend offen für jeden beliebigen, der zufällig vorbeikam?
    Er wußte die Antwort in dem Moment, als er die Frage stellte.
    – Er hoffte, daß es gestohlen würde, sagte er langsam, er wollte, daß es verschwindet und so weit wie möglich von ihm und Lenormand wegkommt. Hätte er etwas mehr Glück gehabt, hätten wir es nie gefunden.
    Desmets nickte eifrig, so daß Asche von seiner Zigarette herumwirbelte.
    – Und er hatte zwei Chancen, die Karre

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