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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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loszuwerden. So wie er geparkt hatte, konnte er sicher sein, daß es abgeschleppt werden würde, wenn es nicht gestohlen wurde, und da war die Chance groß, daß es in Schaerbeek stehenbleiben würde, bis es zur Auktion oder zum Verschrotten käme.
    Er nahm einen tiefen Zug an der Zigarette.
    – Ziemlich kühler Bursche, im Grunde, sagte er.
    Das fand Christian auch. Als er Fabien Lenormands toten Körper gesehen hatte, die vielen tiefen Kerben in seinem Hinterkopf, hatte er jemanden vor sich gesehen, der nicht geplant hatte zu morden, sondern in blinder Panik zugeschlagen hatte, als er sich bedrängt fühlte.
    Und so war es vielleicht gewesen, aber als ihr unbekannter Mörder dann mit einem toten Körper neben sich dagesessen hatte, hatte er kalt und rational agiert. Jemand, der es gewöhnt war zu planen, dachte Christian, jemand, der es gewöhnt war, strategisch zu denken, jemand, der in einer bedrängten Lage schnelle Entscheidungen treffen und die Möglichkeiten ergreifen konnte, die sich anboten.
    Er dachte weiter an Fabien Lenormands Mörder, als er kurze Zeit später an Alain Desmets Schreibtisch im Polizeipräsidium saß. Desmets war abgerufen worden, als sie zurückkamen, Christian empfand eine gewisse Erleichterung, denn er hatte keine Lust, Zeit für einen ausgedehnten Lunch mit seinem alten Kollegen zu verschwenden, aber auch keine Ahnung, wie er drum herumkommen konnte.
    Er versuchte, sich vorzustellen, wie der Mörder gedacht hatte. Warum hatte er die Leiche in den Prahm gekippt statt in den Fluß oder Kanal? Er drehte und wendete das Problem und sah plötzlich die Lösung.
    – Wenn du den Körper ins Wasser geworfen hättest, wäreer früher oder später gefunden worden, sagte er vor sich hin, und dann hätten wir erfahren, wo der Mord stattgefunden hat. Und da bist du gewesen, jemand hat dich da gesehen, jemand weiß, daß du da warst. Aber jetzt wissen wir nicht, wo am Kanal oder Fluß du Fabien Lenormand begegnet bist.
    Ein Auto und ein Prahm, ein beweglicher Tatort und ein beweglicher Fundort – das war ein ungewöhnliches Problem. Aber es mußte sich lösen lassen, dachte Christian.
    Er rief im Justizpalast in Villette an und bat, mit Annick Dardenne verbunden zu werden. Annick, eine der vielversprechendsten jungen Ermittlungsbeamtinnen, die er in seinen Jahren bei der Polizei kennengelernt hatte, war dabei zu kontrollieren, wozu Fabien Lenormand während der Tage vor dem Mord seine EC- und Kreditkarten verwendet hatte. Sie erzählte, daß der junge Journalist am Dienstag um 16.08 Uhr an einer Tankstelle an der Chaussée de Louvain getankt hatte, so viele Liter, daß der Tank fast leer gewesen sein mußte, bevor er ihn wieder füllte.
    Christian nahm die Delhaize-Quittung heraus, auf der er das Niveau im Benzintank notiert hatte, und rechnete aus, wieviel Benzin seit dem letzten Tanken verbraucht worden war. Er kam zu dem Ergebnis, daß das Auto ungefähr zweihundert Kilometer weit gefahren sein mußte. Hundert Kilometer zum Tatort und hundert Kilometer zurück nach Brüssel?
    Er fand in Alain Desmets’ Bücherregal einen Straßenatlas und rechnete die Entfernung zu einigen der Orte aus, die die Dafne 3 auf ihrem Weg nach Villette passiert hatte. Nach Antwerpen, dem Ausgangspunkt der Prahmfahrt, waren es reichlich vierzig Kilometer, nach Hasselt reichlich achtzig und nach Genk ebenso wie nach Liège nahezu hundert.
    Hasselt, Genk und Liège, dachte Christian, drei Orte, wo die Dafne 3 beim Warten auf das Schleusen stillgelegen hatte, drei Orte, die in der richtigen Entfernung zu Brüssel lagen.
    Aber Christian glaubte am meisten an Genk. Dort hatte der Prahm zwei Stunden lang am Kai gelegen, während die Besatzung an Land gegangen war, um zu Abend zu essen. Er erinnerte sich an sein Verhör mit dem Schiffer und dessen beiden Besatzungsmitgliedern. Sie hatten gesagt, daß sie zusammen zu einer Kneipe zwei Blöcke vom Kai entfernt gegangen seien und zusammen friedlich ihr Waterzooi gegessen hätten, bis sie meinten, daß es sinnvoll sein könnte, zurück zum Prahm zu gehen. Ein Anruf im Restaurant hatte ihre Erzählung bestätigt, eine der Serviererinnen hatte sich an die drei Seeleute, die sich über die Verspätung beklagten, erinnert. Und Annicks Kontrolle des Hintergrundes der Seeleute hatte gezeigt, daß Frans van Dijk, Kees Molenaar und Johannes Peeters Männer mit einer makellosen Vergangenheit waren. Christian glaubte nicht, daß sie etwas mit dem Mord zu tun gehabt hatten.
    Jetzt war

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