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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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Gewerkschaftszeitungen und selbstverständlich die Lokalzeitungen. Aber wenn ihr den Artikel suchen wollt, habeich die Zeitungen der vorigen Woche in einem Stapel am Kücheneingang. Leider kann ich mittlerweile nicht mehr soviel lesen, aber ich fände es ärgerlich, das Abonnement zu kündigen.
    Sophie nahm einen Schluck Kaffee und machte eine Grimasse. Thomas hatte schon festgestellt, daß er so stark war, daß er beinah untrinkbar war. Sophie hatte ihn gemacht, und sie mußte bei der Dosierung einen Fehler gemacht haben. Glücklicherweise trank Greta Tee.
    – Ich glaube, mit deiner Kaffeemaschine stimmt was nicht, Großmutter, sagte Sophie, da müssen wir etwas tun. Aha, alte Zeitungen, danke, ich verzichte gern darauf, in denen zu wühlen. Aber für Thomas ist es genau das richtige, mit so was beschäftigst du dich doch tagelang, wenn du forschst?
    Sie lächelte ihm spöttisch zu.
    – Und was willst du machen? fragte Thomas.
    – Ich wollte wieder nach Hammarås fahren, sagte Sophie, ich habe einen so netten Reporter von der Hammarås Tidning kennengelernt, als ich in den Korridoren im Rathaus herumirrte und Daniel suchte. Er war ganz außer sich, als er mich erkannte, und ich habe versprochen, ihm ein Interview zu geben. Habt ihr gesehen, daß diese Woche meine und Eskils Filme im Fernsehen gezeigt werden? Heute abend gibt es »Fräulein Julie«.
    Eskil Lind hatte Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre drei Filme mit seiner jungen Frau gedreht – »Blanche von Namur«, »Fräulein Julie« und »Karin Månsdotter«. Nach der Scheidung von Sophie und einem unglückseligen Streit mit dem Finanzamt war er nach Hollywood gegangen und hatte zwei Filme gemacht, die seine Bewunderer am liebsten mit Stillschweigen übergingen.Thomas hatte einen von ihnen gesehen, »Southern Trees«, der von den Rassengegensätzen im Süden handelte, und ihn für einen der unterhaltendsten Filme gehalten, die er je gesehen hatte. Aber auch er hatte Eskil Lind nie gemocht.
    – Apropos alte Erinnerungen, ich mußte gestern an Istvan denken, sagte Sophie. Was ist aus ihm geworden, Großmutter, weißt du das?
    Greta Lidelius nahm einen Schluck von ihrem Tee, senkte die Augenlider und lehnte den Kopf im Sessel zurück. Als sie wieder aufsah, war etwas in ihren braunen Augen, das Thomas nur als ausweichend beschreiben konnte.
    – Ach ja, sagte sie, Istvan, das war der nette, junge Grubenarbeiter. Ein so intelligenter Junge, und Französisch sprach er wie ein Eingeborener. Ich habe ihm zusätzliche Arbeit in der Kirche besorgt, und der Kirchendiener war sehr zufrieden mit ihm. Ich glaube, er ist Anfang der sechziger Jahre aus Hanaberget weggezogen, aber ich weiß überhaupt nicht, wohin er gegangen ist. Wie war das übrigens, hat nicht Birgitta Matsson hier gestern wieder hereingeguckt?
    Das war ein sehr durchsichtiger Wechsel des Themas, und Thomas fragte sich einen flüchtigen Augenblick, was an dem unbekannten Istvan so heikel war, daß die Bischöfin nicht über ihn sprechen wollte. Aber sie unter Druck zu setzen war ja undenkbar, und er erzählte statt dessen, daß Birgitta Matsson nach »dem anderen Bild, das in der Bibliothek hing«, gefragt hatte.
    Sonderbarerweise bekam Greta Lidelius erneut denselben ausweichenden Blick.
    – Aber welches Bild kann Birgitta denn gemeint haben, sagte sie, hat sie das nicht erwähnt? Es gab ein kleines Bildmit Landschaftsmotiv, das ich in Paris gemalt habe, aber das habe ich Stina geschenkt, es hat ihr so gut gefallen. Nein, liebe Kinder, jetzt ist Oma Lidelius wieder müde, ich glaube, ich muß mich hinlegen und mich etwas ausruhen.
    Sophie lieh sich den Mietwagen, um nach Hammarås zu fahren, und Thomas ließ sich wieder mit seiner Korrektur am Küchentisch nieder, nachdem er neuen und trinkbareren Kaffee gemacht hatte. Mit der Kaffeemaschine war alles in Ordnung.
    Aber trotz des frischen Kaffees wurde er schnell müde vom Korrekturlesen. Merkwürdig, wie anstrengend das sein konnte! Seine Blicke wurden wie magisch zur Tür zum Küchenflur gezogen, und schließlich konnte er nicht mehr widerstehen. Er ging in den Flur, holte den Zeitungsstapel, der dort lag, und legte ihn auf den Küchentisch, nachdem er die Korrektur an eine sichere Stelle gebracht hatte.
    Er begann mit der Reichszeitung. Es war ganz einfach etwas wahrscheinlicher, daß ein französischer Journalist in Villette ein solches Exemplar in die Hand bekommen hatte, als daß eine Nummer der Hammarås Tidning den Weg hinunter

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