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Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Gruben von Villette: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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gekreideten Linien des Platzes unter einem Matsch von über Jahre heruntergefallenen und vermoderten Blättern begraben.
    – Du wolltest von einem Mord erzählen, sagte Tore Myråsen, aber das kannst du dir vielleicht bis zum Kaffee aufheben, damit Ellen es auch hören kann, sie mag Mordgeschichten.
    – Dann kann ich dich statt dessen etwas anderes fragen, sagte Thomas, der immer noch neugierig auf den jungen Grubenarbeiter war, der Greta und Sophie bezirzt hatte. Erinnerst du dich an einen jungen Mann, der Istvan Juhász hieß? Er ist auch auf diesem Bild, das in der Zeitung war.
    Tore Myråsen lachte auf, ein kurzes, heiseres Lachen.
    – Istvan, sagte er, ja, den Typen vergißt man nicht so schnell! Wann war das, daß er hier abgehauen ist, war das 1960 oder vielleicht 1961? Lange her ist es jedenfalls. Aber Istvan Juhász vergißt man nicht.
    – Erzähl, sagte Thomas ermunternd.
    – Tja, sagte Tore Myråsen, er kam 1956 hierher, es gab viele, die aus Ungarn geflohen waren, und eine ziemlich große Gruppe ungarischer Flüchtlinge kam hierher, um inder Grube zu arbeiten. Istvan hatte Erfahrung mit Grubenjobs, behauptete er, aber er war zu jung, um einzufahren, und die Frauenzimmer schlugen sich fast darum, ihm zu helfen. Es war wohl deine Großmutter, die den Sieg davontrug, wenn ich mich recht erinnere, sie organisierte einen Job für ihn in Granåker. Aber im Jahr darauf hatte er das Alter erreicht, und da fing er in der Grube an. Er war ein tüchtiger Arbeiter, das muß ich sagen, und eine Weile dachte ich, er würde auch ein guter Gewerkschaftsmann werden. Ich versuchte, ihn auf ein paar Kurse zu schicken, und dachte, daß er Arbeitsschutzobmann werden könnte, denn er war ein furchtloser Bursche, der nie zögerte zu protestieren, wenn er fand, daß etwas falsch war.
    – Aber daraus wurde nichts, sagte Thomas.
    – Daraus wurde nichts, sagte Tore Myråsen, er war zu rastlos dafür, hatte eine Menge Ideen und Ambitionen, die nicht darauf hinausliefen, als Grubenarbeiter in Hanaberget zu enden. Er belegte einen Hermodskurs, erinnere ich mich, in Betriebswirtschaft war es wohl, und machte eine Art Fünfundzwanzig-Öre-Examen. Danach fing er an, Leuten bei ihren Steuererklärungen zu helfen, damit hat er ein hübsches Sümmchen verdient. Er war Mitglied der Theatergruppe, die wir damals hier hatten, und spielte Jean, als sie im Folkets Hus »Fräulein Julie« inszenierten. Er hatte ja einen leichten Akzent, wenn er Schwedisch sprach, aber wie er die Rolle spielte, paßte es gut. Er war auch Mitglied im Folkets-Hus-Verein, und da wurde er Kassenwart, weil er Betriebswirtschaft studiert hatte und etwas vom Umgang mit Geld zu verstehen schien. Und zum Ersten Mai, ich glaube, es war 1961, ich erinnere mich jedenfalls, daß es ein langes Wochenende war und die Walpurgisnacht auf einen Sonntag fiel, schlug Istvan vor, wir sollten nach der Demonstrationin Hammarås im Folkets Hus eine Art Familienfest organisieren. Fischteich und Ballons für die Kinder, ein Troubadour, der Dan Andersson zur Laute trillerte, am Nachmittag für die Damen und am Abend Tanz mit einem guten Orchester. Ja, das klang ja prima, und Gewinn würden wir machen, nach seiner Rechnung, und er war bereit, alles zu organisieren.
    Sie gingen am Grubenbüro vorbei, einem langen, zweistöckigen Gebäude aus roten Ziegeln mit Reihen leerer Fenster, und blieben vor dem Fördergerüst stehen. Es lag erst Wochen zurück, daß der Betrieb aufgehört hatte, aber der Verfall hatte schon begonnen, wirkte ebenso handgreiflich wie bei einem toten Körper.
    – Ich gehe jeden Tag hier herauf, sagte Tore Myråsen, mal sehen, ob ich oder das Fördergerüst zuerst zusammenbrechen. Ja, die Sache mit Istvan, du ahnst wohl schon, wie die endete. Er kassierte ja Geld von uns ein, um Ballons zu kaufen und Limo und so weiter und um das Orchester und den Troubadour zu buchen, ziemlich viel Geld, aber das sollten wir ja samt Überschuß zurückbekommen. Aber als der Erste Mai anbrach, war Istvan weg und das Geld mit ihm. Er ließ sich hier in der Gegend nie mehr blicken.
    Der alte Gewerkschaftsvorsitzende schüttelte den Kopf.
    – Trotzdem glaube ich einfach nicht, daß er von Anfang an vorhatte, uns das Geld abzuluchsen. Wir haben später entdeckt, daß er sich Geld aus der Kasse geliehen hatte, für eine Spekulation, die völlig in die Hose ging, ich habe vergessen, was es war, und da hat er sich entschlossen abzuhauen. Ich habe mich oft gefragt, was aus ihm geworden

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