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Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Die Günstlinge der Unterwelt - 5

Titel: Die Günstlinge der Unterwelt - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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du nicht. Wenn ich gegangen bin, wirst du dich nicht mehr an meinen Besuch erinnern.«
    Seine Augen zuckten eine Weile unter seinen Lidern hin und her, bevor er sie schließlich wieder öffnete. »Danke, Schwester.«
    Warren lief draußen auf der Straße auf und ab. Ohne anzuhalten oder irgendeine Erklärung abzugeben, stürmte sie an ihm vorbei. Er mußte rennen, um sie einzuholen.
    Verna gebärdete sich wie ein drohendes Unwetter. »Ich werde sie erwürgen«, knurrte sie kaum hörbar. »Ich werde sie mit meinen eigenen Händen erwürgen. Es ist mir egal, ob der Hüter mich holt, ich werde ihr die Hände um den Hals legen.«
    »Was redet Ihr da? Was habt Ihr herausgefunden? Geht doch langsamer,
    Verna!«
    »Sprich jetzt nicht mit mir, Warren. Sag kein einziges Wort!« Sie fegte durch die Straßen, holte mit den Fäusten im Rhythmus ihrer
    zornigen Schritte aus – ein Sturm, der über das Land wütete. Das Kribbeln in ihrem Bauch drohte sich in einem Lichtblitz zu entladen. Sie sah weder Straßen noch Gebäude, noch hörte sie das Schlagen der Trommeln im Hintergrund. Sie vergaß, daß Warren hinter ihr hertrabte. Sie sah nichts weiter als ein Traumbild ihrer Rache.
    Sie war blind für ihre Umgebung, verloren in einer Welt aus Zorn. Ohne zu wissen, wie sie dorthingekommen war, fand sie sich plötzlich auf einer der abgelegenen Brücken wieder, die zur Insel Drahle führten. Auf dem Scheitelpunkt, mitten über dem Fluß, blieb sie so unvermittelt stehen, daß Warren fast mit ihr zusammenstieß.
    Sie packte den Silberbrokat an seinem Kragen. »Mach, daß du runter in den Gewölbekeller kommst und verkette diese Prophezeiung.«
    »Wovon redet Ihr?«
    Sie schüttelte ihn an seinem Gewand. »Die, in der es heißt: Wenn die Prälatin und der Prophet im heiligen Ritual dem Licht übergeben werden, werden die Flammen einen Kessel voller Arglist zum Sieden bringen und einer falschen Prälatin zum Aufstieg verhelfen, die den Tod des Palastes der Propheten herbeiführen wird. Suche die Äste. Verkette sie miteinander. Finde alles heraus, was du kannst. Hast du verstanden!«
    Warren riß sein Gewand los und zupfte es zurecht. »Was soll das alles? Was hat Euch dieser Totengräber erzählt?«
    Sie hob warnend den Zeigefinger. »Jetzt nicht, Warren.«
    »Wir sind doch Freunde, Verna. Wir sitzen in dieser Geschichte doch im selben Boot, habt Ihr das vergessen? Ich möchte wissen –«
    Ihre Stimme klang wie Donnergrollen am Horizont. »Tu, was ich dir sage. Wenn du mich jetzt, in diesem Augenblick, bedrängst, wirst du Bekanntschaft mit dem Wasser machen. Und jetzt geh und verkette diese Prophezeiung und sage mir sofort Bescheid, sobald du etwas herausgefunden hast.«
    Verna kannte sich aus mit den Prophezeiungen im Gewölbekeller. Sie wußte, daß es leicht Jahre dauern konnte, Äste miteinander zu verketten. Jahrhunderte. Aber was sollten sie sonst tun?
    Er bürstete sein Gewand ab und hatte so einen Vorwand, woanders hinzusehen. »Ganz wie Ihr wünscht, Prälatin .«
    Als er sich umdrehte und gehen wollte, bemerkte sie seine roten und aufgequollenen Augen. Am liebsten hätte sie ihn am Arm gepackt und festgehalten, doch er war bereits zu weit weg. Wie gern hätte sie ihm hinterhergerufen und ihm gesagt, daß sie nicht böse auf ihn sei, daß es nicht sein Fehler sei, daß sie die falsche Prälatin war, aber ihr versagte die Stimme.
    Sie fand den runden Felsen unter dem Ast und sprang auf die Mauer. Sie benutzte nur zwei Äste des Birnenbaums, stürzte im Gelände der Prälatin zu Boden und fing an zu rennen, gleich als sie wieder auf den Beinen war. Stöhnend vor Schmerzen schlug sie immer wieder mit der Hand gegen die Tür des Heiligtums der Prälatin, doch die weigerte sich aufzugehen. Dann fiel ihr ein, warum. Sie kramte in ihrer Tasche und fand den Ring. Als sie eingetreten war, preßte sie ihn gegen das Sonnenaufgangssymbol der Tür, um sie zu schließen, dann schleuderte sie ihn mit all ihrer Wut und Seelenqual quer durch den Raum.
    Verna riß das Reisebuch aus der Geheimtasche hinten am Gürtel und ließ es auf den dreibeinigen Schemel klatschen. Keuchend, nach Atem ringend, nestelte sie den Stift aus dem Rücken des kleinen schwarzen Buches. Sie schlug es auf, breitete es flach auf dem kleinen Tischchen aus und starrte auf die leere Seite.
    Sie versuchte, trotz ihres Zorns und ihrer Verärgerung nachzudenken. Sie mußte die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß sie sich täuschte. Nein. Sie täuschte sich nicht.

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